prisma 30/2015

Langeweile

Von Detlef Hartlap

Ferien. Was für eine Gelegenheit, das Mobiliar im Oberstübchen zu entstauben. Aber nicht aktiv und nach Plan. Sondern die Gedanken mählich fließen lassen, den Kopf frei bekommen von Pflichten, Zielen, betriebsbedingter Unabdingbarkeit ...

Unruhe wurde zum Prinzip erhoben

Meine Lieblingsverse von Ezra Pound, einem umstrittenen, aber genialen Dichter klingen so: Bewege dich nicht, lass den Wind sprechen, das ist das Paradies.

Manche Leute schaffen das, den Wind sprechen zu lassen, viele wollen es gar nicht. Sie packen auch im Urlaub immer noch eins drauf, noch ein Städtchen mit seinen Boutiquen, noch ein Museum, noch eine Kirche, abends High Life am Pool. Nur keine Langeweile.

Wie kommt es bloß, dass die Ruhe als Trägheit in Verruf geriet und die permanente Unruhe zum Prinzip erhoben wurde? Tempo, Tempo. Wer nichts unternimmt an seinem Domizil, muss ein Langweiler sein, dem Nichts verfallen, wohingegen der beschleunigte Mensch alles und noch mehr in sich aufsaugt.

Fragt sich, wer am Ende das Oberstübchen entstaubt und wer ein Hamsterrad gegen ein anderes getauscht hat. Tatsache ist, dass wir den Mut zur Langeweile verloren haben und vielleicht auch die Befähigung, nichts als dem Wind in den Bäumen zu lauschen.

Das könnte Sie auch interessieren