prisma 29/2018

Offene Kritik

Von Florian Blaschke

"Schlaf gilt nicht als sexy", sagte der Schlafmediziner Ingo Fietze kürzlich dem Interviewmagazin "Galore". 10.000 Schritte am Tag zu machen, die eigene Leistung zu messen und Obst und Vitamine zu sich zu nehmen – das sei aktuell sexy.

Schlafen aber sei nicht positiv besetzt. Eine so wahre wie traurige Feststellung, ist der Schlaf für uns doch das, was das Aufziehen für die Uhr ist, wie Schopenhauer schrieb. Doch während in Japan oder Spanien auch der Mittagsschlaf Usus ist, ackern wir durch, zählen unsere Schritte, essen Obst – und sind müde.

Wie wichtig der Schlaf ist, hat das Berliner Staatsballett schon 2013 begriffen, als es seinem Ensemble einen Ruheraum spendierte. Und das Publikum? Das ging leer aus und darf nach wie vor mit offenem Mund (und damit nun wirklich nicht sexy) vor sich hindösen, wenn es langweilig wird. Frei nach George Bernhard Shaw: "Auch Schlafen ist eine Form der Kritik. Vor allem im Theater."

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