prisma 42/2015

Unermüdlich

Von Detlef Hartlap

Die Welt bis in den hintersten Winkel im Blick zu haben, das war einmal ein Traum für die Aufmerksamen, die Neugierigen und Nachrichten-Junkies.

Inzwischen ist das möglich geworden, alles ist ständig und überall verfügbar. Was nachlässt, ist die Aufmerksamkeit. Das Interesse ermüdet schnell.

Eine weltweite Untersuchung von Sendungen und Artikeln zu Katastrophen ergab: Das Erdbeben von Nepal (April) war nach
nur sieben Tagen abgehakt; die Verwüstung der Inseln von Vanuatu (März) verschwand nach vier Tagen aus den Schlagzeilen. Die mannigfaltigen Info-Gerätschaften dienen eher der Flucht als dem Dabeisein.

Gut zu beobachten ist solcher Weltüberdruss bei Krisenherden wie Griechenland ("Nicht die schon wieder!"), Ukraine (unübersichtlich, lästig) oder der Krim (verdrängt, vergessen). Die Probleme bleiben, die Aufmerksamkeit zieht weiter.

Auch die Flüchtlinge bleiben, und diesmal gibt es kein Entrinnen aus der Teilnahme. Auch deshalb nicht, weil die Bedenkenträger ("Überforderung") längst ihr graues Haupt erhoben haben. Die Flüchtlinge bedürfen der unermüdlichen und
noch verstärkten Aufmerksamkeit, wenn aus der Einwanderung ein deutsches Märchen werden soll.

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