prisma 37/2015

Unter Lawinen

Von Detlef Hartlap

Natürlich sieht, um es mit Stanisław Jerzy Lec zu sagen, "kein Lawinenstein seine Verantwortung ein". Keine Hardcore-Feministin würde zugeben, dass ihr Krieg gegen unliebsame Worte mit den Ausfällen eines Donald Trump zu tun hat.

Ein britischer Professor und Nobelpreisträger, Tim Hunt, musste seinen Lehrstuhl räumen, weil er was gesagt hat? Hunt
hatte in guter rhetorischer Tradition eine Ansprache mit einem launigen, sanft provokanten Scherz eröffnet. Den Puristinnen der Frauenöffentlichkeit war das zu viel.

Wo sind wir? In einer Diktatur der Femen? Im Radio berichtete ein Essener Generalvikar, wie er in einer öffentlichen Diskussion
verhöhnt wurde. Warum? Er vertrat seine Überzeugung.

Was liegt da vor: die Diktatur der vorgefassten und durch kein Argument zu erschütternden Meinung?

Intoleranz gebiert Intoleranz. Die Neigung, unliebsame Ansichten als "unkorrekt" zu skandalisieren und "auszumerzen" (ein belastetes Wort), zieht sich durchs Internet, nicht nur unter Femen.

Als Reaktion darauf wird neuerdings wieder gepöbelt, was der tollwütige Freigeist hergibt. Donald Trump u. v. a. machen
es vor. Lawinen, einmal losgetreten, sind unberechenbar.

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