prisma 05/2016

Vierdimensional

Von Detlef Hartlap

Wenn die Finger Ihres Kindes vor dem Essen bei Tisch noch flink über die Tasten des Handys gleiten und eine Message absondern; wenn die Kollegen im Meeting den fernen Sphären eines Phones größere Aufmerksamkeit schenken als der Agenda, dann zeigt das ... was?
Es zeigt, dass der Mensch in der 4. Dimension angekommen ist. Glückwunsch! Er ist hier und gleichzeitig da, allgegenwärtig. Petitessen wie Raumkrümmung, Ort oder Zeit schränken ihn nicht länger ein.
Die Technik macht es möglich, dass wir daheim in Naumburg am Herd stehen, mit der Cousine in New York skypen und auf dem Tablet ein Couscous-Rezept aus dem Maghreb studieren. Oh, segensreiche Vielfalt der Digitalität!
Wir nehmen in Kauf, ja finden es normal, wenn wir, mitten in einem Gespräch unter Freunden, vom Vibrieren des Handys abberufen werden. Körperlich sind wir noch hier, geistig schon dort. Aber natürlich gut, dass man erreichbar war ...
 
Unter der Fülle der Kontaktmöglichkeiten gehen Hingabe und Konzentration für das Einzelne (vielleicht Einmalige) verloren. Das Hier und Jetzt wird zu vielerlei Gegenwart punktiert. Der Mensch mag vierdimensional geworden sein, wahre Achtsamkeit ist unteilbar.

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