prisma 38/2015

Zukunftsgedenken

Von Detlef Hartlap

Früher (und das ist wie gestern) galt das Fernsehen oft als zu brutal für die friedliche Welt da draußen. Politiker mahnten, Medienpädagogen warnten.

Heute ist es grad umgekehrt. Das Fernsehen bleibt, selbst in härteren Kriminalfilmen, eine Oase der Harmlosigkeit inmitten einer apokalyptischen Welt der Gewaltexzesse und Verwüstungen.

Auch wer nicht unmittelbar von Folter, Mord, Unterdrückung und den Zynismen der Potentaten betroffen ist, empfindet den Unfrieden, der in unser Leben gedrungen ist. Ein Unfrieden, der die Gegenwart im Schwitzkasten hält und Fernsehbilder belanglos macht. Man weiß oder spürt: Da draußen ist alles viel schlimmer. Ein Unfrieden, der Politiker wie Handlanger vor sich hertreibt.

Richten wir einen Gedenktag für die Zukunft ein! Wir können Berechnungen anstellen, aber nicht mehr planen. Marodierende Banden berauschen sich an ihrer Propaganda der Zerstörung. Demonstranten verhalten sich atavistisch wie Steinzeitler, die ihr Revier verteidigen.

Deutschland hilft, nimmt auf, lindert den Schmerz. Deutschland kann improvisieren. Das ist großartig und auch überraschend. Doch wo läge ein Ziel? Es existiert keins. Wir sind Geiseln einer rasenden Gegenwart.

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