13.12.2016 Gesellschaft

Zwischen Realismus und Utopie

Von Florian Blaschke
Fordert mehr Mut zum "Wir": Arzt und prisma-Kolumnist Dietrich Grönemeyer.
Fordert mehr Mut zum "Wir": Arzt und prisma-Kolumnist Dietrich Grönemeyer. Fotoquelle: Claudio Di Lucia

In seinem neuen Buch "Wir – Vom Mut zum Miteinander" fordert Dietrich Grönemeyer mehr Zusammenhalt.

Es ist ein Satz, den wir vielleicht schon zu oft gehört haben, um seine wahre Bedeutung noch wahrnehmen zu können: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich" heißt es in Artikel 3 unseres Grundgesetzes. Und in der Bibel: "Vor Gott sind alle Menschen gleich." Doch wie ist das vor uns Menschen? Sind auch vor und für uns alle Menschen gleich?

Für Dietrich Grönemeyer, Mediziner und prisma-Kolumnist, gibt es an dieser Gleichheit offenbar noch viel zu tun, so prominent setzt er das Motto "Wir Menschen sind alle gleich im Wert. Von Geburt an" als Überschrift über eines der ersten Kapitel seines neuen Buches "Wir – Vom Mut zum Miteinander". Als "Manifest" bezeichnet es der Untertitel – und das ist es auch, eine Art Grundsatzprogramm der Menschlichkeit. Und das muss die Sache mit der Gleichheit auch 2016 noch klar- und voranstellen.

Was auf den knapp 70 Seiten folgt, ist der Versuch, dem Heute eine Art Überbau zu geben, der es uns allen erleichtern soll, dieses "Wir" auch wirklich leben zu können. Angefangen bei fast schon banalen, allgemeingültigen Beobachtungen zu gesellschaftlichen Entwicklungen und Trends, widmet sich Grönemeyer aber auch den philosophischen und religiösen Fragen, den technologischen Möglichkeiten in Forschung und Medizin oder der für viele diffuser werdenden Medienwelt. Und: Grönemeyer bezieht klar Stellung, so wie man es von ihm kennt.

"Der Glaube, dass der Mensch nach maschinellen Gesichtspunkten organisiert, gewartet und repariert werden kann, ist allemal trügerisch und ein Grund dafür, dass wir in der Medizin weltweit immer mehr in ein technologisches und medikamentenbezogenes Denken und Handeln hineingezogen werden", heißt es da. Doch Grönemeyer ist Realist genug, um hinzuzufügen: "Natürlich müssen wir alle technologischen und medikamentösen Möglichkeiten der Behandlung ausschöpfen", ebenso müsse man sich jedoch "der Einsicht beugen, dass auch die Krankheiten Teil des geschenkten Lebens sein können".

Zwischen diesen Polen pendelt dieses Buch: dem Realismus und einer schonungslosen Utopie des "Wir". Und auch, wenn am Ende die ganz konkreten und vor allem neuen Handlungsaufforderungen und Ideen fehlen, so ist dieses kleine Büchlein ein lesenswerter Beitrag zu einer Gesellschaft im Umbruch – gerade zu Weihnachten.

Das könnte Sie auch interessieren