07.11.2023 Darstellerin im Gespräch

Luise Bähr: "Teilweise kennen wir Schauspieler unsere Figuren besser als Autoren"

Von Marcus Italiani
Luise Bähr spielt die Hauptrolle in der ZDF-Serie.
Luise Bähr spielt die Hauptrolle in der ZDF-Serie. Fotoquelle: ZDF/ Barbara Bauriedl

Luise Bähr verkörpert in der ZDF-Serie "Die Bergretter" die Protagonistin Katharina. Wir haben mit der Darstellerin über ihre Rolle und die Dreharbeiten gesprochen.

Frau Bähr, „Die Bergretter“ läuft beim ZDF unter dem Label „Action“, während Wikipedia sie als Familienserie führt.

Wir sind in erster Linie eine Actionserie, und da gibt es in Deutschland nicht viel Vergleichbares. Aber natürlich spielen auch Gefühle und Drama eine große Rolle. Es ist für jeden etwas dabei, weshalb wir auch Zuschauer in allen Altersklassen haben. Manchmal bekomme ich Hinweise von Ärzten, die mir medizinische Tipps geben. Da merkt man, dass auch viele Leute vom Fach zu unseren Zuschauern gehören. Auch Heidi Klum und Tom Kaulitz sind riesige Fans. Wer hätte das gedacht!

Und Heidi Klum spielt in einer Folge der neuen Staffel sogar mit.

Ja, und ich muss sagen, dass sie eine ganz tolle, starke und professionelle Powerfrau ist, die sich direkt ins Team integriert hat, ohne eine Extrabehandlung zu fordern. Es war mir eine Riesen-Freude mit Ihr.

Der Erfolg der Serie ist wahrscheinlich auch auf eine Mischung aus Action und Drama zurückzuführen. Die Actionszenen sehen nicht so plump aus wie in vielen anderen deutschen Formaten.

Das liegt natürlich an unserem fantastischen Team, der unglaublichen Kulisse und den echten Bergrettern, die uns unterstützen.

Wir Schauspieler sind mittlerweile auch fast alle Action-Experten und dürfen die meisten Stunts selber machen. Bei uns kann keiner mitmachen, der sich nicht am Berg bewegen kann. Höhenangst ist bei uns definitiv fehl am Platz. Und natürlich setzen wir uns auch ausgiebig mit dem Drama-Anteil auseinander. Denn ohne mitreißende Emotionen, lässt einen auch die größte Action kalt. Und es stimmt: Wir erleben tatsächlich echte Abenteuer bei der Arbeit. Das macht auch glaube ich den Reiz für uns aus.

Können Sie nach beinahe zehn Jahren in der Serie überhaupt noch zwischen Luise Bähr und Katharina Strasser unterscheiden?

Unbedingt. Als Schauspielerin sollte man das ja nie mischen – auch wenn wir einiges gemeinsam haben: Wir sind zwei Frauen, mit denen man Pferde stehlen kann. Aber natürlich sind zehn Jahre eine lange Zeit. Ich bin jetzt genauso lange wie Sebastian Ströbel dabei. Die Berge sind sozusagen unsere zweite Heimat geworden.

Welche Chancen nimmt man wahr, wenn man so viel Zeit hat, um eine Figur zu entwickeln?

Es ist ein großes Geschenk, wenn man die Möglichkeit hat, einen Charakter nicht nur während eines Ausschnitts zu begleiten, sondern die Rolle wirklich weiterzuentwickeln. Katharina wird ja älter, wie ich auch. Sie durchlebt immer wieder Schicksalsschläge und Veränderungen – der Charakter ist noch lange nicht auserzählt, es gibt immer noch Raum für Entwicklungen, und das ist schön.

Gab es Momente, in denen Sie gesagt haben: „Nein, das passt nicht“, obwohl es im Drehbuch steht?

Wir haben immer einen kleinen Freifahrtschein. Manchmal muss man Dinge, die in den Büchern stehen, anpassen, weil die Umgebung die geplante Umsetzung nicht hergibt. Aber wir haben ein sehr gutes Vertrauensverhältnis, das solche Dinge nie problematisch macht. Mittlerweile kennen wir auch die Figuren so gut, dass wir einfach ein Gespür dafür haben, was geht und was nicht. Teilweise kennen wir Schauspieler unsere Figuren besser als Autoren, die vielleicht neu hinzukommen und geben gerne Tipps.

Haben Sie keine Angst, auf eine Rolle festgelegt zu sein?

Nein, ich habe mein Leben lang durchgearbeitet und das auch immer mit Überzeugung, ohne mich darum zu kümmern, was andere darüber denken. Wenn man sich als Schauspielerin bereits bewiesen hat, dann befürchtet man auch nicht, auf etwas festgelegt zu werden. Und manchmal sind Schubladen ja auch gar nicht schlecht, weil sie ausdrücken, dass man für etwas steht.

Im Gegensatz zu vielen anderen Figuren handelt Katharina Strasser oft über intensive Mimik und wohlüberlegtes Schweigen. Sind Sie privat auch so?

Ich bin definitiv ein guter Zuhörer und auch ein empathischer Mensch, der dem anderen den Raum gibt, den er oder sie braucht.

Die neue Staffel beginnt direkt mit einem Gewissenskonflikt: das eigene Leben zu retten oder nicht. Wird es darüber Diskussionen geben?

Ich glaube, dass sich jeder, der das sieht, am Ende fragt: Wie hätte ich gehandelt. Es geht schließlich um Leben und Tod – und letztlich auch um Schuld. Das Gute daran ist, dass unsere Serie sich eine solche Fallhöhe am Start der Staffel zutraut.

Welche neuen Ansätze bietet die neue Staffel noch?

Wir haben wieder jede Menge Gastrollen, die für viel Aufregung sorgen werden. Zudem gibt es immer wieder Neues – auch für mich. So musste ich beispielsweise erst die Suchmaschine anschmeißen, um herauszufinden, was ein Bambi Bucket ist. Das ist ein Korb, mit dem man Wasser aufnehmen kann, um vom Helikopter aus Brände zu löschen. In einer Folge wird es auf jeden Fall sehr heiß (lacht).

Mit der Polizistin Alexandra Winkler kommt eine neue Figur ins Spiel, die sich mit Markus Kofler (Sebastian Ströbel) verdächtig gut zu verstehen scheint. Das wird wahrscheinlich für Spannungen sorgen?

Es muss ja Zunder geben. Markus und Katharina sind eigentlich ein absolutes Traumpaar, das weiß auch jeder. Und trotzdem muss man ja immer wieder neuen Herausforderungen entgegenblicken.

Was war innerhalb der vergangenen zehn Jahre das Irrwitzigste, das die Rolle von ihnen abverlangt hat?

Bei uns ist wirklich jeder Drehtag eine Herausforderung, weil wir tatsächlich oft im Hochgebirge unterwegs sind. Besonders die Kälte ist oftmals problematisch. Wir drehen ja bei jeder Witterung. Teilweise bei -20 Grad. Das Irrwitzigste sind aber die Momente die man geschenkt bekommt, wenn man zum Beispiel morgens früh auf dem Berg ist und unglaubliche Naturschauspiele erleben darf. Privat war ich kürzlich mit dem Extrembergsteiger Robert Jasper unterwegs, das war ebenfalls irre.

Würden Sie auch mit Extremkletterer Alex Honnold auf Klettertour gehen?

Sofort, aber für ein Free Solo müsste ich mich noch ein bisschen besser vorbereiten (lacht).

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