06.02.2023 Gespräch mit "Deadlines"-Star

Sarah Bauerett: "Wir dürfen sehr viel improvisieren"

Von Sarah Hegemann
Lena (Sarah Bauerett) und Marek (Markus Winter) wollen an ihrer Beziehung arbeiten.
Lena (Sarah Bauerett) und Marek (Markus Winter) wollen an ihrer Beziehung arbeiten. Fotoquelle: ZDF & Rebecca Meining

Sarah Bauerett spielt in der zweiten Staffel der ZDFneo-Serie "Deadlines" wieder Lena, eine von vier Freundinnen, die mit großen und kleinen Deadlines im Leben beschäftigt sind. Die umtriebige Schauspielerin ist aber im Februar auch in gleich zwei Kinofilmen zu sehen, die sogar am selben Tag starten.

Haben Sie sich gefreut, dass "Deadlines" eine zweite Staffel bekommt?

Sarah Bauerett: Die Frage kann ich ganz klar mit Ja beantworten. Nach der ersten Staffel haben wir alle gehofft, dass wir weitermachen dürfen. Gerade auch deshalb, weil die Arbeit am Set von "Deadlines" einfach anders ist und unglaublich viel Spaß macht.

Inwiefern anders?

Sarah Bauerett: Ich versuche es mal etwas abzukürzen: Wir dürfen sehr viel improvisieren. Die Autoren haben extra ein sehr langes Casting für die vier Protagonistinnen veranstaltet, und es gibt einen totalen Flow zwischen uns. Wir dürfen die Szenen runterspielen, wie wir wollen, und haben viel freie Hand. So entstehen spannende Situationen, aus denen Neues entspringt. Dass Autoren das zulassen, ist wirklich ganz, ganz toll, ich verneige mich vor ihnen.

Gibt es denn auch Momente, wo dann "Cut" gerufen wird, weil etwas so nicht in der Serie sein soll?

Alles, was wir spielen, wird zunächst einmal ernst genommen. Eine Grundvoraussetzung, die aber auch gegeben ist, ist unser Respekt vor den Charakteren. Wir sind ihnen verpflichtet, gerade auch weil wir mit unseren vier starken Frauenrollen eine Botschaft haben. Wenn wir also etwas spielen, das nicht ganz zur aktuellen Szene passt, besprechen wir das intensiv. Und vielleicht können wir das Thema, das einmal auf dem Tisch ist, in einer späteren Szene besser unterbringen. Auf jeden Fall geht durch Improvisation immer eine Tür auf.

Ist diese Art des Spielens manchmal auch anstrengend?

Das kann auch mal anstrengend werden, aber ich persönlich mag es, wenn man mal ohne Marker auf dem Boden spielen darf. Spielt man zum Beispiel etwas Historisches, ist es durchaus sinnvoll, einem festen Script zu folgen und genau zu wissen, was man wann sagen soll. Wie im Ballett hat alles so eine feste Choreografie. Beim Theater gibt es beispielsweise Autoren wir Heiner Müller: Du bist am allerbesten, wenn du alles so sagst und spielst, wie er es geschrieben hat.

Dauern die Dreharbeiten durch das Improvisations-Konzept länger?

Wir haben für die Dreharbeiten feste Zeiten und Pläne, die wir hoffentlich einhalten. Wenn man aber merkt, man ist gerade an etwas dran, dann sollte man sich dafür auch die Zeit nehmen. An anderer Stelle wird dafür etwas eingespart. Zum Glück muss ich nicht die Uhr im Blick haben beim Spielen – das macht jemand anderes für uns.

Ohne zu viel vorwegzunehmen: Wie geht es in der zweiten Staffel mit Ihrer Figur Lena weiter?

Lena steht gleich vor zwei großen Herausforderungen, die sie in ein neues Leben katapultieren. Wir sehen sie von einer Seite, die wir bislang nicht von ihr kannten. Es passiert einfach etwas, das ihr Leben von jetzt auf gleich verändert. Dadurch entdeckt Lena aber auch eine Kraft, von der sie nicht wusste, dass sie sie besitzt. Kurz zusammengefasst: Lena wacht auf und die Katastrophe steht vor der Tür und zieht mehrere Rattenschwänze nach sich. Als ich das Drehbuch für die zweite Staffel gelesen habe, musste ich noch einmal zurückblättern. Ich dachte nur: Was? Das haben die Autoren jetzt nicht im Ernst da reingeschrieben!

Inwiefern passt der Name "Deadlines" zur zweiten Staffel?

Es geht um die großen und kleinen Deadlines im Leben. Wir stehen oft vor Entscheidungen, die wir treffen müssen. Deadlines, die man sich selbst setzt. Aber auch Dinge, die passieren, auf die wir reagieren müssen. Diese großen und kleinen Deadlines beschäftigen die vier Frauen aktiv und passiv.

Lassen Sie sich privat von Deadlines stressen?

Dadurch, dass ich diesen Beruf ausübe, habe ich gelernt, die Dinge auf mich zukommen zu lassen. Ich muss mir selbst Deadlines setzen. Natürlich spielt es auch eine Rolle, wie man sozialisiert ist und was man suggeriert bekommt – gerade als Frau. Heiraten, Kinder kriegen, Haus bauen: Das sind alles Deadlines, die mich nicht stressen, da ich mich davon freigemacht habe und meinem eigenen Plan folge. Zum Glück sieht meine Familie das genauso und hat mich immer schon unterstützt. Mich stressen eher so kleine Deadlines, zum Beispiel meine ausgeliehenen Bücher rechtzeitig in die Bibliothek zurückzubringen (lacht).

Zum Thema starke Frauen: Sie haben für den Kinofilm "Tár" mit Cate Blanchett vor der Kamera gestanden. Wie war die Zusammenarbeit mit ihr?

Der Drehtag hat schon sehr ungewöhnlich angefangen, da wir erst einmal drei Stunden durch die Stadt gefahren sind, bis wir am eigentlichen Drehort angekommen sind. So ist das, wenn man mit einem Hollywood-Star dreht und Menschenansammlungen vermeiden möchte. Das hat meine Aufregung natürlich nochmal gesteigert, aber am Set war eigentlich alles ganz normal. Die Stimmung war großartig und lustig. Cate hat mich begrüßt und war sehr unaufgeregt, aber total präsent. Wir haben unsere Szene gespielt, und ich habe ausgeblendet, dass ich gerade mit Cate Blanchett aus Hollywood spiele. Es war großartig. Sie hat mich ins offene Messer laufen lassen und ich sie – im positiven Sinne. Wir haben uns beide gegenseitig überrascht und gefordert.

"Tár" ist mehr als zweieinhalb Stunden lang – wieso lohnt es sich, ihn anzuschauen?

Ich muss dazu sagen, dass ich den fertigen Film auch noch nicht gesehen habe. Aber es lohnt sich allein schon deshalb, weil es unfassbar Spaß macht, Cate Blanchett beim Zaubern zuzuschauen. Zweieinhalb Stunden sind dafür eigentlich viel zu wenig! Sie spielt die erste Chefdirigentin in einer männerdominierten Szene und hat doch mit denselben Problemen zu kämpfen, wie Männer in einer vergleichbaren Position. Das ist extrem spannend. Als ich das Drehbuch gelesen habe, dachte ich mir bei manchen Szenen: Wahnsinn, dass man so was mal spielen darf!

Am 23.2. kommt ein weiterer Film mit Ihnen ins Kino – "Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war". Was macht diese Buchverfilmung aus?

Ich finde die Romane von Joachim Meyerhoff und seine Erzählweise toll, weil er aus großen und kleinen Situationen so viel Komik und zugleich Tragik herausholt. Der Film bietet sehr viele Spiegel, in denen die Zuschauerinnen und Zuschauer sich wiedererkennen können. Ich muss auch ein bisschen Werbung für die Regisseurin Sonja Heiss machen, denn sie versteht es, diese Situationen, die wir vielleicht aus unserem Alltag kennen, zu erzählen. Und zwar so, dass es menschelt.

Sind noch mehr Kinofilme für 2023 geplant?

Tatsächlich kommt dieses Jahr noch ein weiterer Film mit mir in die Kinos – "Das Lehrerzimmer" von İlker Çatak. Das Ensemble in diesem Film ist wirklich großartig. Ich freue mich, einige von ihnen im Rahmen der Weltpremiere auf der bevorstehenden Berlinale wieder zu sehen – in die Kinos kommt der Film dann erst Anfang Mai.

Was macht Ihnen mehr Spaß: Rollen in abgeschlossenen Filmen oder in wiederkehrende Formaten?

Das ist eine gute Frage. "Deadlines" war meine erste Serie und das erste Mal, dass ich eine Geschichte in einem Bogen erzählen konnte. Das Wiederkehrende hat definitiv seinen Reiz. Man kann seine Rolle weiterentwickeln, mit Reflexionen, und mit jemandem altern. Das Altern mitzuspielen, finde ich total spannend. Aber Filme sind natürlich auch toll.

Sie haben früher auch viel Theater gespielt…

Ich habe mein festes Engagement am Staatstheater Oldenburg gekündigt, weil ich mir selbst diese Deadline gesetzt hatte. Ich hatte Angst, festzusitzen in diesem kleinen Kosmos, der immer von Premiere zu Premiere reicht. Denn Film hatte ich nicht so auf dem Schirm. Das war nur etwas, das ich gemacht habe, während ich auf neue Theaterrollen gewartet habe. Doch diese kamen nicht, stattdessen immer mehr Filmangebote. Ich würde sagen, das Theater ist meine erste große Liebe und der Film eine Affäre, mittlerweile führen wir eine gute, offene Beziehung und es läuft prächtig.

 

"Deadlines" Staffel 2

  • ab Dienstag, 14. Februar, 21.45 Uhr bei ZDFneo
  • ab Freitag 10. Februar, in der ZDF-Mediathek

"Tár"

  • Kinostart 23. Februar

"Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war"

  • Kinostart 23. Februar

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