10.03.2024 Neue Sendung bei ZDFneo

Neue Serie „Push“ über Hebammen: Jeden Tag am Puls des Lebens

Von Danina Esau
ZDFneo zeigt „Push“ ab 10. März um 20.15 Uhr.
ZDFneo zeigt „Push“ ab 10. März um 20.15 Uhr. Fotoquelle: ZDF / Richard Kranzin

In der neuen ZDFneo-Serie „Push“ spielt Anna Schudt eine Hebamme. Christiane Hammerl war als Set-Hebamme bei den Dreharbeiten dabei. Gemeinsam sprechen sie über falsch dargestellte TV-Geburten und einen Berufstausch.

Prisma: Frau Schudt, die Serie „Push“ spricht offen übers Kinderkriegen. Ist das Thema Geburt in Film und Fernsehen immer noch tabu?

Anna Schudt: Eine Geburt ist nicht schön, also im Sinne von schön anzusehen. Eine gebärende Frau befindet sich im Ausnahmezustand, für Außenstehende kann das extrem unkontrolliert und brutal aussehen. „Push“ zeigt all diese Facetten einer Geburt und ist dabei sehr mutig, wie ich finde.

Frau Hammerl, Sie waren Set-Hebamme und haben versucht, Irrtümer bei der Darstellung von Geburten zu vermeiden. Wird das Kinderkriegen im Fernsehen immer noch falsch dargestellt?

Christiane Hammerl: Heutzutage wird viel besser recherchiert, aber ein paar Irrtümer gibt noch. Zum Beispiel läuft beim Blasensprung immer viel zu viel Wasser, in der Realität sind es manchmal sogar nur ein paar Tröpfchen. Das hat aber nicht ausschließlich mit Unwissen zu tun, eine Geburt muss in Film und Fernsehen etwas drastischer dargestellt werden, damit der Laie erkennen kann, dass etwas passiert. Die Länge der Geburt wird im Gegensatz dazu meist untertrieben, nach ein paar Mal Pressen ist das Kind da. So einfach ist das nicht, tendenziell dauert eine Geburt viele Stunden, was für viele Frauen sehr frustrierend sein kann. Das kann eine Serie natürlich nicht komplett abbilden, aber etwas länger dürfen TV-Geburten schon sein. Bei „Push“ zeigen wir verschiedene Ausschnitte einer Geburt, das ist schon etwas realistischer.

Es ist ein schmaler Grat, eine Geburt im Fernsehen nicht zu harmlos, aber auch nicht zu brutal aussehen zu lassen. Wie haben Sie das gelöst?

Anna Schudt: Gar nicht. Wir haben versucht, verschiedene Formen der Geburt darzustellen. Es gibt endlos viele Varianten, denn jede Frau gebärt anders. Uns war es wichtig, nicht zu werten. Jede Frau muss selbstbestimmt entscheiden können, wie sie ihr Kind bekommt, denn nur sie weiß, was das Beste für sie ist. Ob im Krankenhaus oder zu Hause, mit Betäubung oder ohne – alles hat seine Berechtigung. Diese Botschaft möchten wir vermitteln.

Sie haben selbst drei Kinder. Hat die persönliche Erfahrung bei Ihrer Rolle als Hebamme geholfen oder konnte Ihnen Frau Hammerl noch was beibringen?

Anna Schudt: Eigene Erfahrung ist natürlich gut. Das hat mir sehr geholfen, vor allem, weil ich eine großartige Hebamme hatte, mit der ich zwei meiner Kinder zu Hause entbinden konnte und vorher viel mit ihr gesprochen habe. Nichtsdestotrotz kenne ich nur meine eigenen Geburten und nur einen Bruchteil der Hebammerei. Christiane hingegen hat an die Tausend Geburten hinter sich und einen massiven Schatz an Wissen, den sie uns weitergeben konnte. Vor allem an die Kollegen, die keine Kinder haben.

Frau Hammerl, wie hat so ein Tag als Set-Hebamme ausgesehen?

Christiane Hammerl: Ich war nicht nur da, um meinen Input zum Gebären an sich zu geben, sondern auch zu Themen, die damit zu tun haben: Wochenbett, Stillen, Trauma. Ich habe versucht, so anschaulich wie möglich zu arbeiten. Ich habe Anna zum Beispiel ein Video einer Beckenendlagen-Geburt gezeigt, anschließend haben wir mit einer Puppe geübt. Kolleginnen, die noch nie gestillt haben, konnte ich bestimmte Handgriffe zeigen, die viele Mütter automatisch übernehmen. Oder ihnen vormachen, wie es sich anhört, wenn Frauen Wehen veratmen. Viele Details, die Zuschauern auf den ersten Blick vielleicht nicht auffallen würden, die aber wichtig sind.

Könnten Sie beide sich vorstellen, den Job der anderen zu machen?

Anna Schudt: Wenn ich nicht schon den besten Beruf hätte, könnte ich mir definitiv vorstellen, Hebamme zu werden. Für mich hat dieser Beruf etwas wahnsinnig Archaisches. Natürlich gehören auch Angst, Leid und Schmerz dazu. Aber dieser Moment, in dem ein Kind geboren wird, ist heilig, das fühlt sich an wie zehnmal Weihnachten zusammen. Man ist jeden Tag am Puls des Lebens, am Herz der Entstehung, und das macht was mit dem Menschen. Ich finde, dass Hebammen eine ganz besondere Energie ausstrahlen, eine Zeitlosigkeit, die unvergleichbar ist.

Christiane Hammerl: Ich könnte mir auf jeden Fall vorstellen, nochmal als Set-Hebamme zu arbeiten. Es war mein erstes Mal und ich fand es toll zu sehen, wo man mit diesem Beruf landen kann. Ich bleibe aber lieber hinter der Kamera. Schauspieler haben meinen größten Respekt – ich dachte immer, alles wird chronologisch gedreht, aber das ist nicht so. Für mich war das total abstrakt, erst eine Geburt zu drehen und danach die Ankunft im Krankenhaus. Das würde mir total schwerfallen. Als Zuschauer kann man auch gar nicht einschätzen, wie lange es dauert, bis eine Szene im Kasten ist. Das sind sehr lange und intensive Tage.

Warum ist es wichtig, dass sich auch Männer „Push“ anschauen?

Anna Schudt: Ich finde es schade, dass uns nicht schon in der Schule beigebracht wird, wie das mit dem Kinderkriegen und Kinderhaben funktioniert. Was es gesellschaftlich bedeutet, wenn Kinder gut zur Welt kommen dürfen und in einem Umfeld von Privatheit und Vertrauen aufwachsen. Wie das wiederum das spätere Leben und die Liebesfähigkeit beeinflusst, die im weiteren Sinne die Gesellschaft formt. Das Thema Geburt ist hochpolitisch und betrifft uns als ganze Gesellschaft.

ZDFneo zeigt „Push“ ab 10. März um 20.15 Uhr.

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