prisma: Michael, wer ist der „God Of Angels Trust”?
Michael Poulsen: Wenn man sich das Cover unseres neuen Albums ansieht, das in einem Kinderzimmer angesiedelt ist, und dann auch die ersten Buchstaben des Titels dazunimmt, die das Wort GOAT, also Ziege, das Teufelssymbol, ergeben, die Ziege ist auch Teil des Cover-Bildes – dann bekommt man schon einen ganz guten Eindruck davon, dass es hier auch zwischen den Zeilen eine Bedeutung gibt. Was wir damit sagen wollen: Wir bringen unsere Kinder ins Bett und hegen die große Hoffnung, dass es ihnen gut geht, dass sie sicher und behütet sind. Aber als Erwachsene wissen wir, dass die Welt draußen nicht nur Popcorn und Einhörner ist – es ist eine gefährliche Welt da draußen. Wir legen jede Menge Vertrauen in die Welt, sehen aber ständig, dass dieses Vertrauen von den Menschen da draußen gebrochen wird. Die Ziege ist diese erschreckende Welt, die von draußen in das heimelige Kinderzimmer eindringt. Manche Texte sind wie kleine Horrorfilme, andere sind ernsthafter. Wir sind aber keine politische Band.
Erzähl mal vom neuen Album, wo gehört es in der Diskographie von Volbeat hin?
Oh, ich glaube, wir sind, zumindest was die Musik angeht, gerade dabei, dass wir den Kreis vollenden, den wir von vielen Jahren mit unserem ersten Album begonnen haben. Wir jagen sozusagen wie ein Hund seinem eigenen Schwanz nach und sind dabei, ihn zu erreichen. Es gibt diesmal keine Gäste oder Cover-Songs, das Songwriting ging schnell, das fühlte sich an wie in den Anfangstagen. Das war ein sehr interessantes Gefühl, denn heute bin ich im Songwriting natürlich viel weiter als früher, ich weiß, wo der Chorus hingehört, wo die Bridge – und das auch mal wegzulassen, das ist eine schöne Form von Freiheit. Ich habe diesmal das Regelbuch weggeworfen und einfach drauflos geschrieben.
War das auch der Grund, einen Song mit dem Titel “In the Barn of the Goat Giving Birth to Satan’s Spawn in a Dying World of Doom“ aufzunehmen?
Ja, exakt. Das war der erste Song, den ich auf dem Weg zum Proberaum geschrieben habe. Als ich Kaspar und Jon von ihm erzählt habe, haben sie natürlich zuerst über den Titel gelacht. Ich habe ihnen dann gesagt: alles wird Sinn ergeben, wenn ich ihn euch erst einmal vorspiele. Danach fragten sie: Schön und gut, aber wo ist der Chorus? Das ist genau das, wovon ich vorhin gesprochen habe – das ist die Essenz des Songs, alle warten auf den Refrain, aber er kommt nicht. Wir hatten eine Menge Spaß mit diesen Dingen während der Sessions.
Was war anders beim Songwriting und den Aufnahmen?
Es fühlte sich alles sehr frisch und lebendig an. Einfach mal alles, was wir bisher auf den vorherigen acht Alben als richtig und wichtig erachtet haben mit einem großen Hammer kaputtzuhauen. Ich habe mich an so vielen Details festgebissen, habe so viel Zeit darauf verwendet, den perfekten Song zu schrieben. Diesmal wollte ich nicht so viel nachdenken – und wir hatten unglaublich viel Spaß bei den Aufnahmen. Es ist das Brechen mit den traditionellen Regeln, die es diesmal so besonders und anders haben sein lassen.
Du hast davon gesprochen, das Regelbuch wegzuwerfen – hast Du Dich früher als Gefangener der Regeln gefühlt?
Ich weiß nicht recht, denn ich bin unglaublich stolz auf alle Volbeat-Alben. Wir haben immer Wege gefunden, etwas zu machen, das wir vorher so nie gemacht haben – ohne dabei aber unsere Erkennungsmerkmale zu verlieren. Das typische Volbeat-Ding war immer da. Aber wir sind irgendwie auf ganz natürliche Art an einem Punkt angelangt, an dem wir wussten, dass wir nicht Part II von irgendetwas machen wollten, das es schon von uns gab. Wir fühlten uns so, als würden wir das erste Volbeat-Album überhaupt machen, wären wieder 17 Jahre alt und es war großartig.
„God Of Angels Trust“ klingt aber immer noch zu 100 Prozent nach Volbeat.
Ja, klar. Es gibt gewisse musikalische Dinge, die einfach absolut in unserer DNA sind. Wenn wir schon von jemandem inspiriert werden sollen – dann doch von uns selbst! Wir wissen halt schon, wie es geht. Statt 35 Songs zu schreiben und dann die fürs Album auswählen zu müssen, haben wir halt lieber zehn Stück geschrieben und waren dann fertig.
Ihr seid jetzt als Trio unterwegs – ändert das was für Dich?
Nein, eigentlich nicht. Ich meine, ich habe immer schon alles an Material geschrieben. Die anderen Jungs kamen dann eben zu den Proben und Aufnahmen dazu. Live werden wir auch von Flemming C. Lund als zweiter Gitarrist dabei sein – insofern, nein, die Trio-Besetzung ist fein, aber keine Besonderheit.
Fast 25 Jahre Volbeat – was macht das mit Dir?
Ich bin dankbar und stolz, denn wir haben mit unserer Musik so viel mehr erreicht, als ich mir je hätte erträumen lassen. Wir lieben, was wir machen, und sind immer noch inspiriert.