03.06.2025 Im Interview

"Ich möchte nicht künstlich wirken": Melissa Etheridge im Hallo-Interview

Melissa Etheridge spricht über die Brände in L.A., ihre anstehende Deutschland-Tour und die Herausforderungen ihrer Karriere. Nach der Pandemie ist sie wieder live zu sehen und bringt eine neue Setlist mit Überraschungen auf die Bühne. Auch ihr Super-Fan Tim Dunker wird dabei sein.
Melissa Etheridge.
Melissa Etheridge. Fotoquelle: Gettyimages

prisma: Melissa, Du hattest kürzlich eine ziemlich harte Zeit. Während der Brände in L-A. hat es auch um ein Haar dein Domizil erwischt.

Melissa Etheridge: Ja, Gottlob haben die vielen Männer und Frauen der Feuerwehr einen großartigen Job gemacht. Ich wohne etwas höher, aber das Feuer war schon sehr nah. Das war nicht so schön.

Du bist seit 2022, dem Ende der Pandemie, erstmals wieder live in Deutschland zu sehen. Diese Auftritte werden sich deutlich von den letzten unterscheiden, oder?

Oh ja. Es ist so wundervoll, dass man sich wieder sicher in einer Menge bewegen kann. Die Leute können herumspringen, singen, schreien. Man weiß das umso mehr zu schätzen, wenn man diese Zeit mit den vielen Beschränkungen hinter sich gebracht hat.

Wird sich die Setlist stark von der vorangegangenen unterschieden?

Definitiv. Ich schaue mir immer die Setlist an, die ich zuletzt performt habe und verändere sie. Es gibt natürlich Standards wie „Bring Me Some Water“ oder „Like The Way I Do“, fünf bis sieben Songs, die ich immer bringen muss. Und ich bin dankbar für diese Lieder, die mir zum Erfolg verholfen haben. Aber es gibt eben auch diese „Special Songs“, die ich aus meinem Repertoire auswähle, weil ich sie gerne mal wieder spielen möchte.

Dein deutscher Super-Fan Tim Dunker wird bestimmt ebenfalls dabei sein. Wie habt Ihr Euch eigentlich kennengelernt?

Haha, das ist schon so lange her. Es war Anfang 1988, und ich war zum ersten Mal in Europa auf Tour im Vorprogramm einer Band namens Martin Stephenson And The Dainties. Mein Album war noch nicht erschienen, ich spielte solo und traf ein paar DJs. Niemand wusste, wer ich war, das war verrückt. Als ich im Herbst zurückkehrte, um für Huey Lewis & The News zu eröffnen, stand da dieser große Kerl im Publikum. Er war eigentlich gekommen, um Huey Lewis zu sehen, aber er war total fokussiert. Ein paar Shows später war er wieder da – natürlich in der ersten Reihe. Er war in meinem Alter und tauchte überall auf. Irgendwann lernten wir uns kennen. Er hat mittlerweile bestimmt schon 500 Konzerte von mir gesehen und muss mittlerweile auch keine Tickets mehr kaufen. Ich sehe ihn öfter als einige Mitglieder meiner eigenen Familie (lacht).

Wie sieht es mit einem neuen Album aus?

Oh, das ist schon fertig. Es wird schwierig, davon schon jetzt etwas zu spielen, aber ich freue mich schon darauf, wenn es erscheint. Es werden einige überraschende Tunes darauf sein.

Als Songwriterin berühren schon sehr früh viele deiner Songs große Themen, ohne aber allzu zweideutig zu sein. Ist Verständlichkeit ein Teil deines Erfolgsgeheimnisses?

Da ist wahrscheinlich tatsächlich etwas dran. So ist das auch mit der Musik, die ich selbst liebe. Wenn Peter Gabriel „In My Eyes“ singt, dann möchte ich mit meinem Auto einfach rechts ranfahren und lauthals mitsingen. Denn ich weiß, worum es geht, und das macht etwas mit mir. Ich wollte immer schon, dass die Leute sich mit meinen Liedern verbinden und wissen, wovon die Rede ist. Ich möchte die Leute berühren, ohne irgendwie künstlich zu wirken.

Nach Deinem Coming-out im Jahr 1993 wollten viele Medien mit Dir in erster Linie über Themen reden, die mit Musik weniger zu tun hatten. Wie waren Deine Erfahrungen? Gab es auch Menschen, die Deine Musik fortan abgelehnt haben?

Schwierige Frage. Ich habe mich ja spontan geoutet. Und ich war schon immer so gestrickt, dass ich gerne über Dinge Auskunft gebe, mit denen ich mich auskenne. Das hilft ja auch dabei, dass diese Themen in der Öffentlichkeit besser verstanden werden. Wenn jetzt jemand sagt, er mag meine Musik nicht mehr, weil ich lesbisch bin, dann hat er die Musik wahrscheinlich noch nie wirklich gemocht.

Glaubst Du, dass Dein Kampf für die Rechte von Minderheiten durch die politischen Entwicklungen in den USA und Europa gefährdet ist?

Nein. Stimmungen verlaufen immer wellenförmig. Das zeigt die Geschichte. Und viele der Ideen, die uns aktuell wieder solche Angst machen, sind sehr alt und werden mit den Leuten, die sie vertreten, vergehen. Das hässliche Gesicht, das wir aktuell sehen, wird in einigen Jahren nur noch eine Erinnerung sein. Daran glaube ich.