prisma: Candice, „Sea Glass“ ist dein erstes Soloalbum seit zehn Jahren. Natürlich bist Du auch mit Blackmore‘s Night sehr beschäftigt, aber das ist schon eine ungewöhnlich lange Zeit, oder?
Candice Night: Was soll ich sagen? Bevor mich ein Journalist darauf aufmerksam gemacht hat, war ich mir dieser Zeitspanne gar nicht bewusst. Doch dann habe ich gesehen, dass auf dem Cover meines letzten Albums meine beiden Kids abgebildet waren, wie sie einer Gutenacht-Geschichte lauschten. Mittlerweile bin ich die kleinste Person im Haus. Und dann war da ja auch noch diese Pandemie.
Du beschreibst „Sea Glass“ als Möglichkeit, mit dem Stillstand während der Covid-Zeit umzugehen.
Mir ist aufgefallen, dass es viele Menschen aufgrund der Beschränkungen während der Pandemie wieder in die Natur zog. Um frische Luft zu atmen, die Sonne auf der Haut zu spüren und ein wenig in sich hineinzuhören. Ich lebe in Long Island, also bin ich jeden Tag mit den Kindern zum Strand. Und plötzlich nahmen wir die Menge an funkelndem Seeglas wahr, das dort zu finden war, und haben es gesammelt. Mir fiel auf, dass wir Menschen ganz ähnlich sind. Im Laufe unseres Lebens werden wir oft herumgeschubst und geschliffen. Aber dennoch wird etwas Wunderbares aus uns, das sich im Kern nicht verändert. Das war die Grundidee zum neuen Album.
Also ein meditatives Werk?
Vielleicht, ja. Das Meerglas hat auf jeden Fall auch eine beruhigende Wirkung auf den Betrachter. Die Kinder haben sich immer darauf gefreut, wenn wir wieder losgezogen sind, um noch mehr davon zu finden. Es ist gar nicht so einfach, wie man zu Beginn denken würde.
Doch es geht nicht nur darum, in sich selbst hineinzuschauen, sondern auch um den Blick auf „unbesungene Heldinnen“.
„Unsung Hero“ ist von meiner Mutter inspiriert, die unglaublich viel Power hat und neben allem, was sie zu tun hat, auch noch in Business-Angelegenheiten für Ritchie und mich da war, als in einigen Fällen juristische Fragen aufkamen. Ich hatte immer schon das Gefühl, dass sie eine Heldin ist. Und von dieser Sorte gibt es natürlich etliche, zum Beispiel Rettungshelfer, Polizistinnen oder ganz allgemein starke Frauen.
Du warst in den vergangenen Jahren auch ansonsten nicht ganz untätig. Neben Veröffentlichungen mit Blackmore’s Night fallen vor allem die Kooperationen mit Avantasia und dArtagnan auf, das ein Sideprojekt von Feuerschwanz-Sänger Ben Metzner ist.
Haha, ja – ich war auch erst überrascht, als ich den Namen seiner Hauptband hörte. Aber dArtagnan hat mich schon deshalb mitgenommen, weil mein Sohn mit Zweitnamen Dartanyan heißt. Und die Jungs waren auch unglaublich nett und lustig. Das hat großen Spaß gemacht. Und das kann man glaube ich auch im Musikvideo zu „We’re Gonna Be Drinking“ sehen.
Lustig unterwegs ist auch Tobias Sammet von Avantasia, oder?
Auf jeden Fall. Tobi ist aber auch einer der nettesten Menschen, die ich im Musikgeschäft jemals getroffen habe. Er hat für alles Verständnis, und es ist so angenehm, mit ihm zu arbeiten. Ich habe auf dem Album „Moonglow“ mitgewirkt, was dann zu einem Mega-Erfolg geworden ist. Das war eine tolle Erfahrung, die ich gerne wiederholen würde. Tobi, wenn du das hier liest: Ich wäre bereit für die nächste Runde (lacht).