Ab Donnerstag, 21. August, in der ARD Mediathek sowie am Samstag, 23. August, um 20.15 Uhr in der ARD ist die neueste Folge aus der Reihe „Die Diplomatin“ zu sehen. Natalia Wörner ist als deutsche Botschafterin Karla Lorenz in Rom und klärt dort die Umstände um den „Tod einer Nonne“ auf. prisma hat mit ihr über den Film und mehr gesprochen.
prisma: Sie verkörpern „Die Diplomatin“ schon seit einigen Jahren. Was sind die Stärken – und vielleicht auch Schwächen – Ihrer Figur Karla Lorenz?
Natalia Wörner: Karla Lorenz‘ Stärke ist auch ihre Schwäche – sie ist unbeugsam und klar, das heißt sie geht ihre eigenen Wege und scheut nicht, damit derart anzuecken, dass es sie – wie in dieser Folge – fast ihren Job kostet. Das ist einerseits mutig und kompromisslos, andererseits könnte man ihr auch vorwerfen, dass es nicht sehr teamorientiert ist. Sie ist eine klassische Einzelkämpferin und die sind eben manchmal edgy – ich mag das sehr. Auf alle Fälle braucht die Welt Frauen in Führungspositionen, die sich nicht scheuen in Konflikte zu gehen oder unangenehme Themen auszusprechen.
Welche Vorteile und Nachteile bringt es mit sich, wenn die Protagonistin eines Kriminalfalles nicht bei der Polizei arbeitet? Welche Kniffe wenden Sie an, um die „Ermittlungen“ möglichst glaubwürdig zu gestalten?
Die Aufgabenstellung in dieser Reihe ist ja, in einem politischen Umfeld einen spannenden Fall zu erzählen, der emotional ist und unerwartete Wendungen nimmt, und gleichzeitig in ihrem beruflichen Kontext glaubwürdig ist. Karla ist deutsche Botschafterin in Rom und vertritt die Rechte deutscher Staatsbürger, die in dieser Geschichte massiv verletzt werden. Die befreundete Kommissarin Motte kooperiert mit ihr, was die polizeiliche Arbeit betrifft, und nur so wird ein Schuh draus. Die beiden Frauen ergänzen sich hervorragend und sind über die Jahre ein gutes Team geworden. Um beiden Welten gerecht zu werden sind wir immer bemüht, jedem Film einen emotional spannenden Rahmen und auch mal Inhalte zu haben die nicht ganz so leichtfüßig sind.
Die aktuelle Folge „Tod einer Nonne“ spielt wie die vorherige in Rom. Wie waren die Dreharbeiten in der „Ewigen Stadt“? Was ist anders als bei einem Dreh in Deutschland?
Rom ist einfach eine der schönsten Städte Europas, alles in dieser Stadt atmet Geschichte ein und aus und ich bin dort immer etwas dauerverzaubert. Gleichzeitig ist es eine junge und lebendige Stadt und wenn ich morgens ganz früh durch die noch halbwegs leere Stadt zum Drehort gefahren werde, sitze ich oft im Wagen und komme aus dem Staunen nicht raus. Das sind dann ganz stille und dankbare Augenblicke, die mein Beruf mir schenkt. Der Drehablauf ist im Wesentlichen nicht anders als bei uns, abgesehen davon sind die italienischen Kollegen von einer Herzlichkeit durchdrungen die schon sehr besonders ist und ihre Gastfreundlichkeit ist legendär – trotz Sprachbarrieren.
Wie der Titel schon verrät, dreht sich die Folge darum, die Hintergründe um den Tod einer Nonne im Kloster aufzuklären. Was macht das Thema so aktuell und wichtig?
Ohne zu viel verraten zu wollen geht es in diesem Film um sexuellen Missbrauch von Nonnen in der katholischen Kirche. Der Film basiert auf einer wahren Geschichte und wenn man sich mit dem Thema tiefer auseinandersetzt, kommt man nicht umhin auch hier der katholischen Kirche ein strukturelles Problem attestieren zu müssen. Ich würde mir wünschen, dass die Kirche sich bemüht, dokumentierte Fälle von Missbrauch aufzuklären.
In vielen Szenen sind starke Frauen zu sehen, gerade Karla Lorenz geht einem Streit nicht aus dem Weg. Welche Botschaft möchten Sie den Zuschauern damit vermitteln?
Die eindeutige Botschaft von Karla Lorenz ist: Sei klar, sei laut, sei hörbar – zeige Dich in Deinem Schmerz und bleibe nicht allein mit Deinem Unglück. In dem konkreten Fall im Film, in dem die jungen Nonnen zum Teil Missbrauchsopfer sind, ist das Problem: Sie haben niemanden im Umfeld, dem sie sich anvertrauen können. Diese jungen Frauen sind ja nicht nur Opfer, sie verlieren ja auch noch zusätzlich ihre religiöse und spirituelle Heimat. Sie haben aus tiefer Überzeugung ein Gelübde abgelegt und sind mit Jesus vermählt – gleichzeitig werden sie von dessen Stellvertreter auf Erden missbraucht. Das Loch, in das diese Frauen fallen, ist existentiell, es ist fast nicht vorstellbar.
Ihr Filmpartner Jan Horava, gespielt von Alexander Beyer, sitzt im Rollstuhl und muss seine Rolle im Leben erst wieder neu finden. Was macht diese Situation mit den beiden Protagonisten?
Es war uns wirklich wichtig, die Figur von Jan weiterzuerzählen und diesen beiden Menschen in ihrer erwachsenen Liebesgeschichte zu zuschauen. Was passiert, wenn jemand krank wird oder einen Unfall hat. Wenn einer auf einmal bedürftig wird und das Leben sich neu sortiert. Wir alle kennen diese Situationen, in denen Menschen wahre Größe zeigen können.
Muss man alle Filme der Reihe gesehen haben, um der Rahmenhandlung folgen zu können?
Nein – jeder Film steht für sich und hat eine abgeschlossene Handlung. Manche Figuren werden über mehrere Filme erzählt da sie im privaten und beruflichen Umfeld von Karla Lorenz etabliert sind. Ich spiele Karla Lorenz seit über zehn Jahren und natürlich hat auch sie sich persönlich entwickelt und verändert .
Karla Lorenz setzt in einigen Situationen darauf, ihren Gesprächspartnern ins Gewissen zu reden und ihnen Denkanstöße zu geben. Ist das ihrer diplomatischen Ader geschuldet oder hängt es damit zusammen, dass sie nicht wie eine Kommissarin agieren kann?
Das ist der Charakter der Figur. Karla kann nicht anders – sie muss aus tiefster Überzeugung Flagge zeigen und übernimmt die volle Verantwortung für ihr Handeln, auch wenn sie über das Ziel hinausschießt und wie in diesem Fall fast ihren Job verliert. Deshalb liebe ich die Figur so sehr: Sie ist streitbar, scheut sich nicht, den Finger in die Wunde zu legen, hat aber in der Regel auch eine Lösung oder zumindest eine Idee.
Ist die nächste Folge „Die Diplomatin“ bereits in Planung? Und, falls ja, wo wird sie spielen?
Ja – wir werden im September wieder in Rom drehen und darauf freue ich mich schon sehr!
In welcher Stadt würden Sie gerne einmal drehen, wenn Sie frei wählen könnten und warum dort?
Ich fände ja England sehr spannend. Ich bin eine zutiefst überzeugte Europäerin und ich bin sehr gespannt, wo wir uns als Europa in den kommenden fünf Jahren hinbewegen und welche Rolle England hier einnehmen wird.
Haben Sie ein Mitspracherecht bei der Weiterentwicklung der Reihe „Die Diplomatin“ und Ihrer Figur?
Wir sind ein tolles Team und immer bemüht, Geschichten zu finden, die noch nicht erzählt sind und die Figur mit neuen Aufgabenstellungen zu konfrontieren, zu beschenken, wir bleiben dynamisch und wollen uns nicht ausruhen auf dem, was wir bisher geerntet haben. Ich bekomme schon gespiegelt, dass Karla Lorenz eine Art Rolemodel auf ihrem Feld geworden ist. Es gibt bisher keine vergleichbare Figur in unserer Fernsehlandschaft die sich in diesem Status in einem politischen Feld bewegt.
Haben Sie in der Vergangenheit Einblicke in die Welt der „echten“ Diplomatie gewinnen können?
Als ich 2014 mit der Diplomatin begann, war Frank-Walter Steinmeier eine große Hilfe, sowohl inhaltlich als auch praktischer Natur. Wir haben uns mit dem AA hingesetzt und eine Art Bibel für die Rolle und die Reihe verfasst. Ich konnte damals so meine Recherche vertiefen.
Sie haben schon in zahlreichen Krimis mitgespielt – sind Sie auch privat Krimi-Fan? Welche Art Krimi gefällt Ihnen am besten?
Ich mochte sehr gerne Mare of Easttown mit Kate Winslet, ihre lässige und vollkommen uneitle Darstellung fand ich super. Außerdem ist das Ganze ja als Familiendrama aufgezogen und das sind oft die besten Geschichten.
"Die Diplomatin. Tod einer Nonne“ läuft am Samstag, 23. August, um 20.15 Uhr in der ARD und ist bereits ab Donnerstag, 21. August, in der ARD Mediathek abrufbar.