prisma: Sie haben sich als Achtjähriger das Schachspielen selbst beigebracht. War das Pokern aber Ihre wirkliche Leidenschaft?
Fedor Holz: Beides war für mich zu seiner Zeit eine große Leidenschaft. Schach in meiner Kindheit, Poker später als junger Erwachsener. Schach hat mir früh gezeigt, wie spannend es ist, komplexe Situationen zu analysieren und strategisch vorauszudenken. Poker hat diesen Reiz noch verstärkt, weil zusätzlich das psychologische Element, das Spielen mit Wahrscheinlichkeiten und das Risiko dazugekommen sind. Am Ende hat Poker mich länger und intensiver fasziniert und ist zu meinem Lebensmittelpunkt geworden.
Wann war der Punkt, an dem Sie wussten, dass Sie professionell pokern wollen?
2012 war ein entscheidender Moment für mich: Ich habe damals mein erstes großes Online-Turnier mit sehr vielen Teilnehmern gewonnen. Dieser Sieg hat mir nicht nur gezeigt, dass ich konkurrenzfähig bin, sondern mir auch das Vertrauen gegeben, dass es möglich ist, davon zu leben. Von da an war mir klar, dass ich Poker professionell verfolgen möchte.
Wie wird man zu einem der besten Pokerspieler der Welt?
Es ist ein langer, intensiver Prozess. Man muss strategisch unglaublich viel lernen, aber mindestens genauso wichtig ist die mentale Komponente: Disziplin, Resilienz und die Fähigkeit, mit Rückschlägen umzugehen. Ich habe sehr viel Zeit in die Analyse gesteckt, in die Auseinandersetzung mit meinen eigenen Mustern und in den bewussten Umgang mit Stresssituationen. Es ist letztlich eine Mischung aus harter Arbeit, Neugier und kontinuierlicher Weiterentwicklung.
Würden Sie sagen, dass der Erfolg Sie einsam gemacht hat? Oder hatten Sie genug Zeit für Freunde und andere Hobbies?
Erfolg bringt immer auch Aufmerksamkeit und Erwartungen mit sich – das war für mich phasenweise herausfordernd. Aber ich habe früh gemerkt, wie wichtig es ist, einen stabilen Freundeskreis und Ausgleich im Leben zu haben. Freundschaften, Reisen und persönliche Erlebnisse außerhalb des Pokers waren mir immer sehr wichtig.
Wie funktioniert man in extremen Drucksituationen?
Das Wichtigste passiert im Vorfeld. Drucksituationen sind im Grunde eine Prüfung dessen, was man sich vorher erarbeitet hat. Wenn man sich konsequent vorbereitet und sich immer wieder bewusst in schwierige Lagen bringt, lernt man, in diesen Momenten ruhig und klar zu bleiben. Erfahrung und Training sind die besten Grundlagen, um im entscheidenden Augenblick die richtigen Entscheidungen zu treffen.
In „All In“ geben Sie viele ehrliche Einblicke. Was ist mit das Wichtigste, das Sie durch die Erfolge beim Pokern gelernt haben?
Für mich sind drei Dinge zentral: Mentale Stärke – also mit Druck, Rückschlägen und Erfolgen gleichermaßen umgehen zu können. Der bewusste Umgang mit Risiko – Chancen zu erkennen, aber auch Grenzen zu akzeptieren. Und die Erkenntnis, dass konsequente Arbeit über einen langen Zeitraum hinweg fast immer belohnt wird. Diese Lektionen lassen sich weit über den Pokertisch hinaus anwenden.
Sie sind mittlerweile als Unternehmer erfolgreich und haben jetzt Ihr eigenes Buch veröffentlicht. Welchen Stellenwert hat Poker noch für Sie?
Poker hat mir unglaublich viel gegeben – nicht nur finanziell, sondern vor allem menschlich und in meiner Entwicklung. Heute spiele ich nur noch sehr ausgewählte Turniere auf höchstem Niveau, wenn die Konkurrenz groß ist und mich die Herausforderung reizt. Es ist nicht mehr mein Lebensmittelpunkt, aber es bleibt ein wichtiger Teil von mir.
Können Sie sich vorstellen, dass Sie selbst eines Tages ein Kind haben, das Ihnen nacheifert? Wären Sie eher dafür oder dagegen?
Ich würde mein Kind in allem unterstützen, was es mit Leidenschaft ausprobieren möchte – ob das Poker ist oder etwas ganz anderes. Mir ist wichtig, dass es frei entscheiden kann, seinen eigenen Weg zu gehen. Meine Aufgabe sehe ich darin, zu begleiten und zu ermutigen, nicht darin, in eine bestimmte Richtung zu lenken.
„All In“ von Fedor Holz, Mosaik Verlag, 192 Seiten, 22 Euro; ISBN: 978-3-442-39451-7
auch als Hörbuch-Download erhältlich: „All In“ von Fedor Holz, gelesen von Oliver Brod, der Hörverlag, Laufzeit: 5 Stunden und 10 Minuten, 17,95 Euro; ISBN: 978-3-8445-5466-3