prisma: „Dass es uns überhaupt gegeben hat“ ist Ihr erstes eigenes Buch. Wie kam es dazu?
Marco Wanda: Eine Reihe an persönlichen Schicksalsschlägen haben mich dazu gebracht, das Konzept meines Selbst und meines Lebens vollkommen zu überdenken. Das Buch ist in einer Zeit entstanden, in der ich aufgehört habe, Alkohol und Drogen zu konsumieren. In dieser plötzlichen Verurteilung zur ewigen Klarheit habe ich das Buch innerhalb weniger Wochen geschrieben und mich so dem wohl aufregendsten und gleichzeitig unerträglichsten Teil meines Lebens gestellt. Das Buch hat mich gerettet.
Ihr Buch beginnt in Berlin, aber da wollten Sie nie wirklich sein. Was macht Wien besser? Wieso inspiriert Sie diese Stadt mehr?
Ich habe weite Strecken meiner Kindheit und Jugend im Waldviertel in Niederösterreich verbracht, bin also nie ein ganzer Stadtmensch gewesen, und als dieses halbe Wesen fühle ich mich eigentlich in keiner der beiden Städte wirklich erfüllt. Das Konzept einer Stadt wird mir immer fremder, es erscheint mir, über den bloßen Zweck gesellschaftlich aufzusteigen, wenig Lebensqualität zu bieten. Ich brauche Wald, Feld, Himmel.
In dem Buch werden auch schwierige Themen behandelt. War es einfach, das alles zu Papier zu bringen?
Ich habe beim Schreiben dieses Buchs gelacht und geweint, mich gewundert, mich geärgert, war wütend, entsetzt, amüsiert, ernüchtert, geheilt.
Ist das Buch primär für Wanda-Fans gedacht?
Nein. Nichts, was ich tue, ist für Wanda-Fans gedacht, ich weiß nicht was Wanda-Fans sein sollen, ich kommuniziere mit dem Unterbewusstsein meiner ZuhörerInnen und LeserInnen und kategorisiere Menschen in keiner Weise.
Sind Sie manchmal erstaunt über Ihren Erfolg mit Wanda?
Ja und nein. Ja, weil es ein Chancenspiel ist, überhaupt von der Musik leben zu können, geschweige denn in einer der wenigen österreichischen Bands zu spielen, die Musikgeschichte schreiben. Und nein, weil Wanda einfach eine großartige Band ist, egal ob ich dabei war oder nicht.
Gab es einen Plan B?
Ich wäre unglücklich gestorben ohne diese Band und den Lebensweg, den sie mir ermöglicht hat. Ich kann nur tun, was ich aufrichtig liebe, bin aus allen Jobs immer nur rausgeflogen, oft in der ersten Woche. Mensch, gut, dass alles so gelaufen ist ...
Sie haben das Hörbuch zu „Dass es uns überhaupt gegeben hat“ selbst eingesprochen. Wie haben Sie die Arbeit im Tonstudio erlebt?
Fast wie das Schreiben, alles nochmal, all die Emotionen nochmal, es hat schon gereicht, es zu erleben, darüber zu schreiben und es dann noch einzusprechen, ging an die Schmerzgrenze ... aber es war auch schön, nochmal mit mir in Berührung zu kommen auf diese Weise ... naja.
War es eine Herausforderung oder eher Routine, weil Sie Berufsmusiker sind?
Eher eine Herausforderung, aber eigentlich weder noch. Vieles macht man einfach, man macht, man denkt nicht nach. Das ist oft gut so.
Und wann geht es wieder mit Wanda ins Studio für neue Musik?
Solange sich das, was ich zu sagen habe, relevant anfühlt, werde ich Alben für Wanda schreiben. Sollte ich einen Punkt erreichen, an dem es sich bedeutungslos anfühlt, verschwinde ich für alle Zeit aus diesem Höllengebilde namens „Öffentlichkeit“.
„Dass es uns überhaupt gegeben hat“ von Marco Wanda, Autorenlesung, Random House Audio, Spieldauer: neun Stunden, 25 Euro