03.11.2025 Im Interview

Francis Tobolsky: "Wir sind nicht so leicht unterzukriegen"

Wucan aus Dresden gehören zu den deutschen Bands der Stunde. Stilistisch kaum einzuordnen, färbt die Wucht und Faszination ihres emotionalen Vortrags auf viele Musikliebhaber ab. Mit Sängerin Francis Tobolsky sprach prisma über das neue Album „Axioms“.
Francis Tobolsky.
Francis Tobolsky, Sängerin von "Wucan" spricht im Interview über das neue Album "Axioms". Fotoquelle: Joe Dilworth

prisma: Francis, mit eurem neuen Album „Axioms“ seid Ihr so erfolgreich wie nie. Laut Labelinfo ist die Platte „konzeptionell ausdefinierter“ als zuvor. Was war der Plan dahinter?

Francis Tobolsky: Also, das überrascht mich jetzt. So etwas steht da? Na gut. Wir haben ja eigentlich überhaupt keinen Plan, wie wir an ein neues Album herangehen, sondern sind ziemlich langsame Songschreiber. Okay, es gibt Dinge, die sich wiederholen. Zum Beispiel haben wir auf jeder Platte einen deutschen Song und eine etwas längere Nummer. Aber konzeptionell ausdefiniert? Ich denke nicht. Unser Konzept war, die 39 Minuten, die im Vertrag stehen, voll zu machen (lacht).

 Der deutsche Song nennt sich „Holz auf Holz“ und ist sehr wütend.

Man merkt ja schon seit Jahren, dass rechte Rhetorik auf dem Vormarsch ist. Vor allem seit der Pandemie hat sich das noch einmal verstärkt. Der Song richtet sich an die Empathie der Menschen. Ich arbeite hier in Dresden mit Geflüchteten aus der Ukraine und habe es dort in erster Linie mit kleinen Kindern zu tun. Wenn ich dann diesen populistischen Unsinn der Marke „die Ukrainer kommen hierher, um sich die Zähne machen zu lassen“ höre, dann ist doch klar, dass das nicht von Menschen kommt, die sich damit auseinandersetzen. Gleiches gilt für die vermehrt aufgetretenen Attacken gegen die Queer-Community.

 Es gab zudem einen Bandstreit, der euch gebremst hat.

Das stimmt. Die ersten Proben danach waren sehr merkwürdig. Dennoch war das eine wichtige Erfahrung. Auf der einen Seite hat uns das gezeigt, wie fragil unser Verhältnis ist, wenn irgendwer von außen kommen und uns in diese Situation bringen kann. Auf der anderen Seite haben wir gemerkt, dass wir trotzdem nicht so leicht unterzukriegen sind.

 Man hört die Auseinandersetzung im Albumopener „Spectres Of Fear“, der so klingt, als spiele jeder aggressiv vor sich hin.

Der Song ist in der Tat ziemlich wutgetrieben. Auch wenn sich der Text nicht direkt auf unseren Bandstreit bezieht, merkt man, dass in uns etwas gebrodelt hat.

 In welchen Bereichen wolltest du dich verbessern?

Ich bin keine tolle Gitarristin oder Flötistin und auch keine großartige Sängerin. Ich bin halt in allem, was ich tue, ein wenig okay. Ich musste auch schon wieder einige Dinge über mich lesen, oh je. Natürlich ist es so, dass auch mal ein paar Töne in die Hose gehen, wenn man kraftvoll singt. Damit kann ich leben. Aber wo wollte ich mich verbessern? Nun, ich wollte einfach mein Fingerpicking an der Gitarre optimieren, was ich geschafft habe. Und auch als Sängerin bin ich besser geworden. Von daher bin ich aktuell durchaus zufrieden.

 Man wird aber auch sofort von deinem Gesang mitgerissen, was in der Unterhaltungsmusik wichtiger sein dürfte, als technische Perfektion.

Das sehe ich in der Tat auch so.

 „Axioms“ ist unglaublich vielfältig. Hippiemusik, Hardrock, Krautrock, Blues – alles ist vertreten. Was ist das Schlimmste daran, immer zwischen den Stühlen zu sitzen?

Wir haben große Probleme, Support-Bands zu finden. Keiner scheint musikalisch zu uns zu passen. Obwohl wir ja schon klassische Trademarks haben: Unser Kernsound ist so ein wenig in den 70ern zu verorten. In der Vergangenheit wussten die Labels auch nicht, wie sie uns vermarkten können.

 Wäre es aufgrund einiger Gemeinsamkeiten nicht sinnvoll, euch mit den Blues Pills auf Tournee zu schicken?

Wir sind ganz lange als Blues Pills-Abklatsch gehandelt worden. Das hat mir schon sehr wehgetan. Denn ich habe Jahre lang mein halbes Leben in diese Band gesteckt, und dann kommen die Blues Pills um die Ecke, und über uns sagt man: ‚Das sind die Blues Pills für Kassenpatienten.‘ Obwohl das eine Hammer-Band ist – das möchte ich hier ganz ausdrücklich sagen. Aber musikalisch haben wir ja auch schon lange nichts mehr miteinander zu tun.