"Das Schweigen der Esel": Morde nach Grimm'schem Vorbild







Im mörderischen Landkrimi 'Das Schweigen der Esel' glänzt Karl Markovics als Hauptdarsteller, Regisseur und Drehbuchautor. 3sat zeigt den preisgekrönten Krimi erneut.
Eine Schwimmerin wird von einem Mörder untergetaucht, eine Bäuerin geköpft. Im ersten Fall hat eine am Beckenrand sitzende Katze zugeschaut, im zweiten flattert ein Hahn krächzend über den Hof. Der in einer geschlossenen Anstalt einsitzende Doppelmörder warnt die Dorfpolizistin vor weiteren Morden. Es sei offensichtlich, dass der Täter sich die "Bremer Stadtmusikanten" der Gebrüder Grimm zum Vorbild nahm. Es gelte jetzt, schnell den Besitzer eines Esels zu finden, Hunde gebe es ohnehin genug. Grausiges und Absurdes zu verbinden, gelingt österreichischen Filmen oft herausragend – so auch im ORF-Landkrimi "Das Schweigen der Esel", in dem Karl Markovics als Hauptdarsteller, Regisseur und Drehbuchautor reüssiert. 3sat wiederholt den sehenswerten Krimi nun anlässlich des Publikumspreises.
Eine Auszeichnung konnte der Film im vergangenen Jahr bereits gewinnen: Beim Deutschen KriminalFilm-Preis in Wiesbaden gab es 2023 den Hauptpreis – und statt Geld 1.000 Liter Rotwein als Gewinn. Was die Österreicher damit anstellten. ist nicht geklärt, weshalb sie gewannen, hingegen schon: Das Katz-und-Maus-Spiel in "Das Schweigen der Esel" hat nichts von der sonst üblichen Mördersuche an sich. Vielmehr begegnen sich der psychopathische Täter Jonas Horak (Karl Markovics) und die eifrige Polizistin Sophie Landner (Julia Koch), die ihn vor zwei Jahren verhaften konnte, mit schweigendem Einverständnis. Jeder scheint den anderen zu schätzen und wirft ihm so gar nichts vor. Horak hat sich in der Anstalt eingerichtet, die Direktorin hat ihm einen Job als Gärtner im "halboffenen Vollzug" besorgt, er fühlt sich als Gärtner wohl. "Hätte ich als Kind schon mein eigenes Gemüse gehabt", so behauptet er in einem lichten Moment, "wäre aus mir nie ein psychopathischer Doppelmörder geworden."
Zwei alte Bekannte im Duell
Damals, vor zwei Jahren, als ihn die Dorfpolizistin verhaftete und damit vorübergehende Berühmtheit erlangte, war das noch anders. Horak hatte ihr vorgeworfen, sie habe "einen Dämon" laufen lassen und in ihm den Falschen gefasst. Damals sprang er auf den Richtertisch und riss gar den Bundesadler wutentbrannt von der Wand, wie in einer Rückblende zu sehen ist. Jetzt allerdings ist die Direktorin der forensischen Anstalt vor allem auf die Polizistin sauer, weil sie wieder Unruhe in den Laden bringt.
Markovics schrieb in der Fortsetzung des vorherigen Landkrimis aus Vorarlberg (Drehbuch: Michael Kehlmann) meisterhafte Dialoge, mit viel Witz und Surrealität. "Nein, nicht den Gemüsegarten!", ruft er beispielsweise aus, als ihm die Anstaltsdirektorin die Gartenarbeit nehmen will. In seiner Freizeit trägt der aus der Zeit Gefallene unter dem Vollbart ein blütenweißes, frisch gebügeltes Hemd – es grüßt der Kaiser Franz Josef wie aus einem alten Gemälde.
Der Sträfling, der allen Aufforderungen eines Mitgefangegen zur gemeinsamen Flucht widersteht (Gerhard Liebmann ist als tumber Tor sensationell), die aufrechte Polizistin, die sich längst als Kriminalistin beworben hat, und die gestrenge Direktorin (Caroline Frank) sind ein magisches Dreieck. Dass Horak alle Schuld seinem Assistenten zuschiebt, daraus hätte leicht ein Horrorstück werden können, doch die Dialoge machen aus diesem Landkrimi eine Komödie, die von raffinierten Wortwitzen und leise-komischen Situationen lebt.
Dass die Story nicht weiter viel mit den "Bremer Stadtmusikanten" zu tun hat, sei gerne verziehen. Im Gegenteil: Man müsste sich fragen, ob nicht künftig jeder Krimi von Schauspielern, Autoren und Regisseuren in Personalunion gemacht werden sollte. Hier stimmt eigentlich alles, vieles ist mit einem Augenzwinkern versehen, und selbst das Gendern wird hier mit leichter Hand immer wieder mal schmunzelnd thematisiert.
Nominiert für den 3sat-Publikumspreis
Bevor der beliebteste Film des 3sat-Publikumpreises im Rahmen der Preisverleihung der "TeleVisionale – Film- und Serienfestival Baden-Baden" (Freitag, 29. November) prämiert wird, zeigt der Sender noch einmal die nominierten Filme: Von Samstag, 23., bis Mittwoch, 27. November, sind neun der zehn Werke zu sehen – allesamt bereits ab 23. November in der Mediathek. Unter www.3sat.de/publikumspreis können die Zuschauerinnen und Zuschauer bis zum 27. November über ihren Favoriten abstimmen. Zur Wahl stehen neben "Das Schweigen der Esel" folgende Filme:
"Eher fliegen hier UFOs" (Samstag, 23.11., 21.45 Uhr) "Querschuss" (Sonntag, 24.11., 20.15 Uhr) "Ein Mann seiner Klasse" (Sonntag, 24.11. 21.45 Uhr) "Mein Falke" (Montag, 25.11., 20.15 Uhr) "Polizeiruf 110: Der Dicke liebt" Montag, 25.11., 21.45 Uhr) "Tatort: Von Affen und Menschen" (Dienstag, 26.11., 20.15 Uhr) "Sie sagt. Er sagt.", Dienstag, 26.11., 21.45 Uhr) "Ich bin! Margot Friedländer", Mittwoch, 27.11., 20.15 Uhr)
Das Schweigen der Esel – Sa. 23.11. – 3sat: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH