Sonntag am „Tatort“

Besuch aus der Heimat

28.11.2014, 10.04 Uhr
von Detlef Hartlap
Das "Tatort"-Ermittlerduo Lorenz und Falke (Petra Schmidt-Schaller und Wotan Wilke Möhring) ist Schleusern auf der Spur.
Das "Tatort"-Ermittlerduo Lorenz und Falke (Petra Schmidt-Schaller und Wotan Wilke Möhring) ist Schleusern auf der Spur.  Fotoquelle: NDR / Christine Schroeder

Der beste Satz des Tatorts: „Ich dachte, diese Art Polizeiwillkür gibt es nur noch in Bayern.“ Raja () sagt das. In der Nacht ist die Polizei mit Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring) an der Spitze in ihre Wohnung gedrungen und hat ihren Lover einkassiert. Man ist Schleusern auf der Spur. Schleuser, die Syrer, Iraker, wen auch immer, ins Land bringen und mit deutschen Pässen ausstatten.

Das Gesicht dieses Tatorts: Karoline Eichhorn. Sie spielt Lydia, die Frau eines syrischen Arztes. Man hat sich in Oldenburg etabliert, ist wohlsituiert, aber jetzt ist der Bruder des Mannes gekommen, aus Syrien, aus dem Bürgerkrieg. Was will er? Was macht er den ganzen Tag? Am Gesicht Karoline Eichhorns lässt sich ablesen, wie ein Mensch den Boden unter den Füßen verliert.

Oldenburg in Niedersachsen gehört zu den schnuckeligsten Städten Deutschlands. Ein prachtvolles Landestheater, Juweliere, die sich auf die alt-ostfriesische Tradition des Filigranschmuckes spezialisiert haben, ein Museum, das dem genialen Horst Janssen gewidmet ist, und das Zwischenahner Meer nahebei. Außerdem, gerade in dieser Jahreszeit, Tausende von Besuchern aus dem nahen Holland, die zum Shoppen gekommen sind und den Oldenburger Frieden genießen.

Die Familienbande erweisen sich als zu dick

Mit Letzterem hält sich der Tatort, der den Titel "Die Feigheit des Löwen" (ein arabisches Sprichwort) trägt, nur kurz mit einem Schwenk über den früher mal bedeutenden Hunte-Hafen auf. Das Weltgeschehen macht auch vor Oldenburg nicht halt. Familien aus dem Nahen Osten haben sich, siehe Eichhorn und ihr Mann, eine bürgerliche Existenz aufgebaut, vor dem Bürgerkrieg in Syrien ducken sie sich gern weg.

Geht aber nicht. Die Familienbande sind zu dick. Kriege mögen Gewalttäter importieren, vor allem aber exportieren sie Gewalt. Auch nach Oldenburg. Der Film führt häppchenweise in eine zusehends grausige Handlung ein. In einsamer Gegend wird ein Revolver geladen. Die Musikkulisse ergeht sich in elektronischen Schnipseln mit kehligen AllahRufen. Es knallt allenthalben, selbst wenn nicht geschossen wurde. Die Atmosphäre im Haus des syrischstämmigen Arztes birst vor Spannung und Misstrauen. Auf einem Parkplatz kommt es zum ersten blutigen Aufeinanderprall von Polizei und einem Bürgerkriegs-Desperado.

Erfunden wurde die bittere Story von Bestsellerautor  (55), dessen Vater einst selbst aus Syrien nach Deutschland kam. Aber das spielte, beteuert Ani, beim Schreiben für diesen Krimi keine Rolle. Vielmehr war es seine Absicht, den Krieg in den Tatort zu holen, ohne, wie er sagt, „einen bebilderten Leitartikel“ zu liefern. Für die ermittelnden Bundespolizisten Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) und Falke sind ihm leider nur lauwarme Dialoge eingefallen. Trotzdem, der Fall – so gewaltsam er über den  Zuschauer hereinbricht – beeindruckt.

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