Mit Fall acht hängt Devid Striesow seinen Job als "Tatort"-Kommissar Jens Stellbrink in Saarbrücken an den Nagel. Zum Abschied gibt es einen soliden "Whodunit" mit gesellschaftskritischen Tönen.
In einem Saarbrücker Schwesternschülerheim steigt eine Party. Die attraktive Vanessa (Aylin Werner), Krankenschwester in spe, hat sich mit dem ebenso schnieken persischen Arzt Dr. Sharifi (Jaschar Sarabtchian) in das Zimmer ihrer Kommilitonin Anika (Lucie Hollmann) zurückgezogen, weil ihr eigenes von Feierwütigen belegt ist. Als die Sause vorrüber ist, findet man Vanessa erdrosselt im fremden Bett. Hatte es der Täter in Wirklichkeit auf Anika abgesehen? Die verbrachte den Abend als Helferin in einer Einrichtung, die sich um die medizinische Versorgung von Aylbewerbern kümmert. Im "Tatort: Der Pakt" wird den Kommissaren Stellbrink (Jens Striesow) und Marx (Elisabeth Brück) ein ebenso kniffliges wie filmisch solides Täterrätsel gestellt. Der Film thematisiert zudem menschliche Dramen rund um ungewisse Duldungen und Abschiebungsängste. Es ist der letzte Fall des Saarbrücker Teams.
"Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin", heißt es in einem Slogan, der jungen Menschen Späße mit dem Anstrich des Verruchten erlauben hilft. Nun, in Bezug auf die Fun-orientierte Vanessa geht das Motto schief. Sie bezahlt ihre Liebesnacht mit dem Assistenzarzt mit dem Leben. Doch wie ergeht es dem "braven" Mädchen Anika, das Vanessa recht ähnlich sieht – weshalb es wohl zu der Verwechslung im Dunklen kam? In der Tatnacht setzte Anika dem jungen Ägypter Kamal (überzeugend: El Mehdi Meskar) die Pistole auf die Brust, nachdem sie ihren Kollegen bei der Organisation "Mediziner für Illegale" als Spitzel der Ausländerbehörde enttarnt hat.
Entweder, so forderte Anika, Kamal stelle sich den Aktivisten der Hilfsorganisation selbst, oder sie werde ihn "outen". In Panik fährt Kamal, der mit seinem achtjährigen Bruder nach Deutschland gekommen ist, nachts zum Schwesternwohnheim, um noch einmal mit Anika zu reden. Doch ist er auch der Täter? Eine Reihe anderer "Nachtgestalten" hätte ebenso ein Motiv. Allerdings kostet es die Kommissare Stellbrink und Marx Zeit und Gehirnschmalz, diese alle zu entdecken. Den Drehbuchautoren Michael Vershinin und Zoltan Spirandelli (auch Regie) gelang zum Abschluss des Saar-Krimis mit Schauspielstar Devid Striesow ein klassischer, aber ordentlicher Film, der – übrigens ohne Humor oder Experimente – qualitativ im oberen Mittelfeld der "Tatort"-Reihe einzuordnen ist.
Mit der Ausstrahlung des Finales ist es auf den Tag genau sechs Jahre und acht Fällen iher, dass Devid Striesow als Kommissar Jens Stellbrink seinen Dienst in Saarbrücken antrat. Am 27. Januar 2013 lief "Melinda" – der erste Film des sanften Yoga-Ermittlers mit süffisantem Habitus. An seiner Seite, die taffe Kollegin Lisa Marx, dargestellt von der bis dahin weitgehend unbekannten Schauspielerin Elisabeth Brück. Große Spuren haben die beiden nicht hinterlassen. Und das, obwohl man mit Striesow einer besten deutschen Schauspieler seiner Generation in die südwestliche Provinz locken konnte. Die Kritiken der Stellbrink/Marx-Filme waren verhalten bis vernichtend, auch wenn die Zuschauer trotzdem schauten. Vier der bisher sieben ausgestrahlten Fälle lockten über neun Millionen Zuschauer an. Ein sehr ordentlicher Wert im "Tatort"-Markenraster. Dennoch waren gerade die ersten Fälle, in denen man einen Spagat zwischen ernsthaftem Krimi und Klamauk suchte, teilweise von hanebüchen schlechter Qualität – weil eben keines der beiden Elemente kreativ und handwerklich überzeugte.
Später, als der Saar-"Tatort" seinen miesen Ruf längst hatte, wurde es etwas besser. Mit dem durchaus soliden Krimi "Der Pakt" verabschieden sich Stellbrink und Marx nun aus der "Tatort"-Geschichte. Das Aus erfolgt auf Wunsch Devid Striesows, der sich – wie es sehr klassisch in einer Pressemitteilung der ARD hieß – "künftig intensiven neuen Herausforderungen und anderen Projekten widmen will". Im Frühjahr 2019 wird im Saarland mit einem neuen Team gedreht. Noch sind die Namen der Schauspieler nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Allerdings soll – ähnlich wie in Dortmund – ein größeres Team aus wohl fünf Ermittlern die Arbeit Striesows und Brücks übernehmen.