"Monster-Erschafferin" von "The Masked Singer" im Interview

"TMS"-Kostümbildnerin Alexandra Brandner: "Der Entwurf, der uns gegeben wurde, der war wirklich furchteinflößend"

21.04.2024, 10.13 Uhr
von Julian Lorenz
"The Masked Singer"-Kostümbildnerin Alexandra Brandner im Interview
"The Masked Singer"-Kostümbildnerin Alexandra Brandner im Interview  Fotoquelle: ProSieben

Mit viel Liebe, Kreativität und Geduld entstehen die faszinierenden Kostüme für die ProSieben-Show "The Masked Singer". Alexandra Brandner ist Kostümbildnerin und Gewandmeisterin und erschafft seit der ersten Staffel die Monster und Fantasiewesen. Im Interview gibt sie Einblicke in ihre spannende Arbeit. 

prisma: Seit der ersten Staffel von „The Masked Singer“ sind Sie und ihr Team für die Kostüme in der Musikshow zuständig. Wie hat sich das ergeben? Kam ProSieben einfach auf Sie zu?

Nicht ProSieben kam auf uns zu, sondern die Produktionsfirma „EndemolShine Germany“. Schließlich sind wir genau auf so etwas spezialisiert. Die Firma wollte von uns wissen, ob wir die Kostüme in ganz kurzer Zeit hinbekommen. Und da haben wir natürlich nicht lange gefackelt.

prisma: Wie groß ist Ihr Team, mit dem Sie das alles stemmen?

Das Kernteam besteht aus 13 Personen, wir sind aber meist eher 15 Leute. Mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger, je nach Produktion.

prisma: Die Kostüme bei TMS fallen durch ihren enormen Detailreichtum auf. Wie lange dauert es im Schnitt, so ein Kostüm herzustellen?

Das ist ziemlich unterschiedlich. Das Minimum sind circa 200 bis 300 Stunden. Und dann gibt es auch sehr aufwendige Kostüme, in die wir locker 600 Arbeitsstunden stecken.

prisma: Haben Sie ein Beispiel für ein sehr aufwendiges Kostüm?

Die Eisprinzessin aus der letzten Staffel zum Beispiel. Da waren es ungefähr 600 Stunden. Denn das Kostüm hatte einen Doppelrock und man konnte es komplett auseinandernehmen. Das hat sehr lange gedauert. Auch das Skelett oder der Drache waren extrem aufwendig. Denn bei uns gibt es ja nichts fertig zu kaufen. Sie dürfen sich das nicht so vorstellen, dass wir in ein Stoffgeschäft gehen und dort einkaufen. Wir machen das alles selbst – Stoffe inklusive.

prisma: Gewandmeisterin oder Kostümbildnerin – was ist Ihre Berufsbezeichnung?

Ich bin Kostümbildnerin und Gewandmeisterin. Der Gewandmeister ist der handwerklich höchste Abschluss. Und zusätzlich habe ich noch Kostüme und Bühnenbild studiert und bin diplomierte Kostümbildnerin.

prisma: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Fähigkeiten, die man als Kostümbildnerin und Gewandmeisterin mitbringen muss?

Das mag überraschend sein, aber Kreativität ist erst einmal zweitrangig. Man braucht ein großes technisches Verständnis, muss wissen, wie Körper und Bewegungen funktionieren und wie man Kostüme aufbaut. In jedem unserer Kostüme steckt viel Architektur und Statik. Man braucht also ein gutes technisches und handwerkliches Verständnis. Die Kreativität, das ist dann der Mantel außen rum.

prisma: Im Jahr 2020 wurden Sie für Ihre TMS-Kostüme mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Was war das für ein Gefühl?

In Deutschland gibt es ja kaum Auszeichnungen fürs Kostüm. In Amerika gibt‘s die Emmys und den Oscar fürs Kostüm, und sogar weitere, reine Kostümauszeichnungen. Weil wir so etwas in Deutschland aber nicht haben, ist der Fernsehpreis für das beste Kostüm die höchste Auszeichnung, die man in unserer Branche bekommen kann. Und das ist dann schon toll. Leider war das mitten im Lockdown, das hat meine Freude damals ein bisschen gedämpft. So richtig glücklich war ich dann erst ein, zwei Jahre später, als ich den Preis selbst verleihen durfte.

prisma: Haben Sie mit der Auszeichnung gerechnet?

Nein, gerechnet habe ich damit nicht. Aber wir haben sie uns verdient. Denn es gibt wirklich nur wenige Firmen in Europa, die annähernd das können, was wir tun. Aktuell sind wir europaweit sogar die einzigen, die vom Schuh bis zum Kopf alles selbst machen. Gewöhnliche Kostümfirmen machen nur Kostüme und kaufen dann Köpfe, Schuhe, Robotics und so weiter dazu. Bei uns wird wirklich alles in einem Haus gefertigt.

prisma: Und wie viel Vorlaufzeit haben Sie normalerweise, um die Kostüme anzufertigen?

Viel zu wenig (lacht). Wir haben teilweise nur wenige Tage bis mehrere Wochen Zeit, aber das ist dann schon körperlich und psychisch sehr anstrengend.

prisma: Und trotzdem lieben Sie Ihren Beruf.

Ja, natürlich. Du musst ihn lieben, sonst kannst du ihn nur hassen. Wenn man dafür nicht brennt, dann hält man hier nicht durch. Wer bei uns und mit uns arbeitet, der liebt seinen Beruf und ist stolz auf die Arbeit. Ich habe fantastische Mitarbeiter, da ist jeder einzelne wirklich ein Genie.

prisma: Auf welches Kostüm in der Geschichte von The Masked Singer sind Sie besonders stolz?

Das Monster aus der ersten Staffel ist mir bis heute gut in Erinnerung geblieben. Denn der Entwurf, der uns gegeben wurde, der war wirklich furchteinflößend. Ich saß da mit meiner Maskenchefin, der Marianne und die meinte: „Wenn wir das so bauen, ist das ein Kinderschreck“. Daran sind wir fast verzweifelt dran, weil es auch die erste Sendung war und wir die Ideen der Produktionsfirma natürlich möglichst genau umsetzen wollten. Und trotzdem haben wir es irgendwie geschafft, aus dem Monster ein ganz liebenswertes Wesen zu machen. Das grenzte an ein Wunder und ist besonders toll, weil das Kostüm bis heute Kultstatus hat.

prisma: Gibt es eine Sendung, einen Film, oder etwas Ähnliches, für das Sie gerne einmal Kostüme anfertigen würden?

Wo soll ich denn da anfangen? Wie viel Zeit haben Sie (lacht)? Wir streben auf jeden Fall an, den Oscar für das beste Kostüm zu gewinnen. Wie wir dieses Ziel erreichen, steht noch nicht fest. Aber wir wollen auf alle Fälle einmal Kostüme für einen Fantasy-Epos anfertigen, der auch über viele Staffeln geht. Das steht sehr weit oben auf der Liste.

prisma: Das sind ambitionierte Ziele.

Ja, natürlich. Wenn man nicht ambitioniert ist, dann erreicht man auch nichts.

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