Beim Überfall auf eine Apotheke wird ausgerechnet der Anwalt Reto Zanger angeschossen, bekanntlich Borcherts alter Freund. Viel zu tun also im 14. "Zürich"-Krimi für den "Rechtsanwalt" Christian Kohlund.
"Von Zeit zu Zeit seh' ich den Alten gern", möchte man hier mit Goethes Mephisto sagen. Christian Kohlund ist ja als abgetauchter "Anwalt ohne Lizenz" Thomas Borchert bei aller Märchenhaftigkeit eine Figur mit Identifikationspotenzial. Er ist – falls man nichts gegen "alte weiße Männer" hat – als Sympathieträger im "Zürich-Krimi" durchaus geeignet. Im neuen Fall wird er wieder einmal von seinem Lieblingsort, einem Bartresen, abberufen. Ausgerechnet sein Freund Reto Zanger (Robert Hunger-Bühler) wird in einer Apotheke angeschossen, als er kurz nach Ladenschluss noch ein Herzmedikament erhalten will. Ein Vermummter dringt in die eigentlich bereits geschlossene Apotheke ein und fordert die Öffnung eines Tresors mit wichtigen Medikamenten.
Für Borchert, der nach einem Anruf seiner Chefin Dominique (Ina Paule-Klink) alsbald zur Stelle ist, stellt sich die Frage, ob der Einbrecher Alleintäter war – oder hat ihm die famulierende Türöffnerin bei der Planung seiner Tat geholfen? Gibt es Hinterleute, die den Täter decken, war am Ende der Apotheker selbst oder sogar Anwalt Reto einer von ihnen? "Borchert und die bittere Medizin" ist der 14. Fall der ARD-Reihe, zwei weitere sind bereits abgedreht.
Gleich nach dem Überfall wird die Praktikantin Sina (Thekla Hartmann) von ihrem Chef entlassen, dabei steht sie kurz vor ihrem Examen. Dominique ficht die Entlassung gleich anderntags mit einer Wiedereinstellungsklage an. Doch die Chancen stehen schlecht, weil Reto als Zeuge behauptet, Sina habe den Täter offensichtlich gekannt. Doch Borchert will ihr helfen. Nach einem Gespräch unter vier Augen verfolgt er sie bis zur Wohnung ihrer Mutter und muss erkennen, unter welch desolaten Umständen die Studentin aufwachsen musste. Die Mutter ist schwere Trinkerin, der Vater hat sie längst verlassen, der Bruder ist in die Drogenszene geraten.
Borchert begibt sich fortan gar unter Drogendealer – fast scheint es, als lebe hier die Drogen- und Hausbesetzerszene im Zürich der 80er-Jahre wieder auf. Bürki, Borcherts getreuer Chauffeur (Andrea Zogg), der immer wieder für ein wenig Farbgebung im ansonsten wenig atmosphärischen Zürich-Krimi sorgt, weiß, wohin er Borchert lenken muss. Der stößt auf einen Ring, der nicht nur mit harten Drogen, sondern vor allem mit sündteuren US-Medikamenten handelt.
"Borchert und die bittere Medizin" ist wieder ganz auf den Titel-Anwalt zugeschnitten. Wirkt der Plot auch allzu konstruiert, so sieht man dem Wein-Liebhaber und Gourmet mit dem silbernen Oldie-Mobil im Garten doch gerne bei der Pflege seines Weltschmerzes zu. Auch seinen Lebensweisheiten, die gerne ins Triviale tendieren, gibt man sich dank Kohlunds grandioser Stimme gerne hin. Die Regie (Hansjörg Thurn) setzt dabei auf Großaufnahmen und abrupte Schnitte.
Der Zürich-Krimi: Borchert und die bittere Medizin – Do. 10.02. – ARD: 20.15 Uhr