Tatort
03.03.2019 • 20:15 - 21:45 Uhr
Serie, Krimireihe
Lesermeinung
Mila Sahin (Almila Bagriacik) und Klaus Borowski (Axel Milberg) auf Zeugensuche.
Vergrößern
Kommissar Borowski (Axel Milberg) mit Peggy Stresemann (Katrin Wichmann) ist dem Ziel nah.
Vergrößern
Renovierung des Kommissariats: Roland Schladitz (Thomas Kügel, r.) präsentiert Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) stolz den Umbau.
Vergrößern
Tobsuchtsanfall: Peggy (Katrin Wichmann).
Vergrößern
Katrin Wichmann ist Peggy Stresemann.
Vergrößern
Peggy (Katrin Wichmann) ist glücklich: Endlich ist das Glück auch einmal auf ihrer Seite!
Vergrößern
Borowski (Axel Milberg mit Rike Schäffer und Stephan Möller-Titel) gibt alles, um Mila Sahin (Almila Bagriacik, r.) eine Wohnung zu verschaffen.
Vergrößern
Stefanie Reinsperger als Ilona Schmidt.
Vergrößern
Borowski (Axel Milberg) lässt sich von Gerichtsmedizinerin Kroll (Anja Antonowicz) "erschießen".
Vergrößern
Borowski (Axel Milberg) stattet Peggy Stresemann (Katrin Wichmann) einen Besuch im Supermarkt ab.
Vergrößern
Wo ist bloß die Quittung? Peggy (Katrin Wichmann) stellt das Haus der Nachbarn auf den Kopf.
Vergrößern
Mila Sahin (Almila Bagriacik) hat noch ihre Probleme mit der Telefonanlage. Da hilft Chef Roland Schladitz (Thomas Kügel) doch gern!
Vergrößern
Peggy (Katrin Stresemann) spricht der Nachbarin ihr "Beileid" aus.
Vergrößern
Peggy (Katrin Wichmann) gehen die Nerven durch: Sie macht Kleinholz aus dem Wohnzimmer.
Vergrößern
Thomas Kügel ist Roland Schladitz.
Vergrößern
Kommissar Borowski (Axel Milberg) auf Beobachtungsposten.
Vergrößern
Volkram Zschiesche ist Thomas Dell.
Vergrößern
Axel Milberg ist Klaus Borowski.
Vergrößern
Borowski (Axel Milberg) hat einen Verdacht.
Vergrößern
Tatort
Vergrößern
Hint
Audiodeskription
Produktionsland
Deutschland
Produktionsdatum
2018
Altersfreigabe
12+
Serie, Krimireihe

Ein Film über das Glück, den Neid und die Wut

Von Kai-Oliver Derks

Es kann der Glücklichste nicht glücklich sein, wenn es dem Nachbarn noch viel besser geht. Der neue Kieler "Tatort" mit dem immer freundlicher werdenden Kommissar Borowski blickt tief hinein in die Neidgesellschaft unserer Zeit.

Was für eine spektakuläre Szene gleich zu Beginn! Die Kamera fährt von oben hinab auf eine typische Wohnhaussiedlung zu, wie es sie zu Tausenden hierzulande gibt: Einfamilienwohnhäuser mit hübschen Gärten, viele Pinien, dazwischen saubere Straßen. Es geht weiter und weiter und schließlich hinein durchs Fenster in ein typisch deutsches Wohnzimmer – das ein paar Minuten später so aussieht, als sei ein Elefant durchmarschiert. Tatsächlich aber ist da eine blonde Frau durchgedreht. Sie holte den Rasenmäher ins Haus ... und mähte. Erst den Flokati und dann noch viel mehr. Es folgt der beliebte filmische Kunstgriff: Die Handlung setzt zurück und beginnt zu einem Zeitpunkt, an dem alles noch gut war. Was also ist mit der Frau geschehen? Der Zuschauer wird es bald schon erfahren im neuen Kieler "Tatort", der den etwas sperrigen, aber gut gewählten Titel "Borowski und das Glück der Anderen" trägt.

Der Autor Sascha Arango hat schon eine Vielzahl von Krimis geschrieben. Und die meisten von ihnen eint die Tatsache, dass der Zuschauer den Täter kennt. Das ist auch hier nicht anders. Die Schuldige heißt Peggy Stresemann und wird gespielt von einer grandios aufgelegten Katrin Wichmann, auf die der gesamte Film zugeschnitten ist. Peggy ist Durchschnitt. Ihre Ehe mit Micha (Aljoscha Stadelmann) ist Durchschnitt. Ihr Job als Supermarktkassiererin ist Durchschnitt. Ihre finanzielle Lage ist es, ihr Umfeld ist es. Alles ganz normal auf den ersten Blick ...

PRISMA EMPFIEHLT
Täglich das Beste aus der Unterhaltungswelt bequem in Ihr Mail-Postfach? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter "PRISMA EMPFIEHLT" und erhalten ab sofort die TV-Tipps des Tages sowie ausgewählte Streaming- und Kino-Highlights.

Blöd, wenn nebenan noch mehr Glück wohnt

Doch dann erfährt Peggy ganz zufällig, dass ein Lottomillionär in Kiel gesucht wird. Und zeitgleich sieht sie hinüber ins Haus ihrer neu zugezogenen Nachbarn. Sie halten einen Zettel in Hand, fallen sich in die Arme. Am nächsten Tag wird die Nachbarin Victoria (Sarah Hostlettler) sogar Champagner an Peggys Kasse kaufen. Und die ist sich sicher: Die Neuen da drüben haben 14 Millionen Euro gewonnen. Ohne groß nachzudenken, beschließt sie, nebenan über die Garage ins Haus einzusteigen und sich auf die Suche nach Lottoschein zu machen. Sie, das ständig an der Kasse und im Leben übersehene Durchschnittsmädchen, will auch ein einziges Mal Glück haben. Und es notfalls erzwingen.

Dumm nur, dass Victorias Mann Thomas (Volkram Zschiesche) überraschend nach Hause kommt und die ihm unbekannte Nachbarin auf dem Bett sitzend vorfindet. Gerade noch hatte sie im Nachttisch eine Waffe gefunden. Thomas provoziert, fragt süffisant und voller Missachtung die Frau auf dem Bett, ob sie die Putzfrau wäre – und Peggy schießt. Siebenmal. Dann geht sie heim, blutüberströmt, tut, als sei nichts gewesen und träumt weiter von den Millionen.

Kommissar Borowski (Axel Milberg) und seine neue Kollegin Mila Sahin (Almila Bagriaci), die ihren zweiten Einsatz hat, kommen an den Ort der Tat, nachdem die Ehefrau ihren Mann blutüberströmt aufgefunden hat. Die Lage scheint klar: Es muss eine Beziehungstat gewesen sein, nachdem es nicht einmal Einbruchsspuren gibt. Victoria ist schockiert, beinahe schon unzurechnungsfähig, doch sie streitet die Tat ab. Mila Sahin glaubt ihr nicht. Borowski, ganz im Columbo-Stil, erkennt früh Ungereimtheiten und beginnt seine Ermittlungen.

Warum fahren die Menschen brav 50?

Das Besondere an dieser Täterin, die Sascha Arango da ersonnen hat, ist die Tatsache, dass sie sich eigentlich zu keinem Zeitpunkt einer Schuld bewusst ist. Sie glaubt fest daran, dass ihr das Glück eines Tages zusteht. Und sie hält ihre Tarnung in der Folge auch ganz ordentlich aufrecht. Dass sie keine Skrupel kennt, erklärt der Autor charmant so: "Die wenigsten Menschen haben moralische Skrupel. Die meisten haben nur Angst vor Strafe. Keiner fährt 50, weil er meint, das sei richtig so, sondern alle fahren 50, weil sie nicht geblitzt werden wollen." Peggy fühlt sich sicher. Wer sollte schon auf die Idee kommen, dass die ach so durchschnittliche Nachbarin die Mörderin sein könnte? Bis ihr Leben dann doch aus den Fugen gerät. Und der Rasenmäher zum Einsatz kommt.

Der Neid und das Wesen des Glücks – das sind die beiden großen Themen dieses natürlich überzogenen, aber fein gestrickten und höchst unterhaltsamen Krimis. Nur Geld kann Glück sein, denkt sich Peggy und beneidet all jene, die es haben: das Geld, nicht das Glück. In einer Gesellschaft, die sich immer weniger an sich selbst, sondern stets am Glanze der Anderen orientiert, fühlt sie sich – ohne Not – schlecht und vergessen. Ein Thema, das bestens in diese Zeit passt, da in den sozialen Medien jeder für sich in seiner Eigendarstellung in Bild und Wort nur die Sonne scheinen lässt.

"Wettbewerb um das Glücklichsein"

Regisseur Andreas Kleinert, der schon einige Borowski-"Tatorte" inszenierte, erzählt das alles immer wieder auch mit einem Augenzwinkern. Streckenweise ist dieser "Tatort" fast schon eine Vorstadt-Komödie. Und doch wird er zum Nachdenken anregen, weil er einen schonungslosen Blick auf die Gegenwart wirft. Kleinert: "Es ist eben auch ein politischer Stoff in einer Zeit, in der die Vergleichbarkeit im Fokus steht. Es ist ein Wettbewerb um das Glücklichsein entstanden, der aber nur unser Konsumverhalten widerspiegelt. Alle wollen sich optimieren, und dadurch rennen wir im ewigen Kreislauf dem vermeintlich Besseren hinterher."

Weil das stimmt, ist "Tatort: Borowski und das Glück der Anderen" ein wirklich interessanter Film geworden, der sicher eher etwas Parabelhaftes denn etwas Realistisches hat, aber eben doch sehr wahrhaftig geraten ist.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Top stars

Das beste aus dem magazin

Harald Lesch im Interview.
HALLO!

Harald Lesch: "Ein kapitalistisches Weltbild hingegen gefährdet unsere Lebensbedingungen"

Harald Lesch bringt seit Jahren dem TV-Publikum unsere faszinierende Welt und wissenschaftliche Erkenntnisse näher. Im Interview spricht der Astrophysiker unter anderem über kommende Generationen, seine Lehrtätigkeit in München und wie Religion und Wissenschaft für ihn zusammenpassen.
Das „phaeno“ in Wolfsburg.
Reise

Wenn Architektur eine Stadt verändert

Viele Museen sind von außen genauso imposant wie von innen. Ein gutes Beispiel ist das Guggenheim-Museum, das in Bilbao zu einem wirtschaftlichen Boom geführt hat. Doch nicht nur die nordspanische Stadt profitiert vom „Bilbao-Effekt“.
Dr. Julia Fischer moderiert montags die SWRGesundheitssendung „Doc Fischer“, ist Buchautorin („Medizin der Gefühle“) und medizinische Expertin in Talkshows wie „hart aber fair“ (ARD). Als Host des neuen ARD Gesund Youtube-Kanals erklärt sie anschaulich medizinische Themen.
Gesundheit

Demenz verhindern – durch die richtige Prävention

Die Diagnose Demenz ist ein Schock für Betroffene. Doch mindestens ein Drittel aller Fälle könnte verhindert werden – mit der richtigen Prävention. Dr. Julia Fischer gibt in der Arzt-Kolumne Informationen und Ratschläge zum Thema.
Claudia Michaelsen ist als "Polizeiruf 110"-Kommissarin zu sehen.
HALLO!

Claudia Michelsen: "Es geht um zunehmend verloren gehende Empathie"

"Polizeiruf"-Kommissarin Claudia Michelsen spricht im Interview über ihre Figur, Moral in Krimis und ihre kommenden Projekte.
Stefan Fink ist Leiter einer Apotheke in Weimar 
und Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands des Deutschen 
Apothekerverbands.
Weitere Themen aus dem Magazin

Haarausfall – was hilft?

Stefan Fink ist Fachmann für das Thema Haarausfall. In der Arzt-Kolumne gibt der Apotheker Tipps für eine Behandlung.
Michael Kaeshammer ist ab Mitte Mai auf Deutschland-Tournee.
Weitere Themen aus dem Magazin

Michael Kaeshammer: „Wenn man nichts zu sagen hat, kann man nichts Echtes kreieren“

Michael Kaeshammer füllt in Nordamerika große Säle und hat im kanadischen TV sogar seine eigene Kochshow namens „Kaeshammer‘s Kitchen“. Seine Musik, natürlich vom Jazz beeinflusst, vereint Pop, Blues und Rock’n‘Roll - und überzeugt nicht zuletzt durch Kaeshammers einzigartigen und mitreißenden „Crossover Style“. Mit seinem neuen Album „Turn It Up“ möchte der gebürtige Offenburger, der in jungen Jahren ausgewandert ist, auch in Deutschland den Durchbruch schaffen. prisma hat mit dem Musiker gesprochen.