Welche Form von seltenen Allergien gibt es und was sind die Auslöser? Diese und andere Fragen hat prisma dem Dermatologen Dr. med. Frederik Krefting gestellt.
Wodurch entsteht grundsätzlich eine Allergie?
Dr. Frederik Krefting: Allergien sind generell erstmal Überempfindlichkeitsreaktionen des Immunsystems. Bekannt sind den meisten Pollenallergien, zum Beispiel ausgelöst durch Birken- oder Gräserpollen, oder Nahrungsmittelallergien, etwa gegen Nüsse oder Soja.
Welche seltene, wenig bekannte Nahrungsmittelallergie gibt es?
Eine weniger bekannte Nahrungsmittelallergie ist zum Beispiel das Alpha-Gal-Syndrom. Dabei handelt es sich um eine seltene Allergie gegen das Zuckermolekül Alpha-Gal, das insbesondere in rotem Fleisch sowie Innereien wie Schweineleber und -niere vorkommt. Das Alpha-Gal-Syndrom unterscheidet sich von anderen Nahrungsmittelallergien vor allem durch den zeitlichen Abstand zwischen Verzehr und Auftreten der Symptome.
Wieso ist sie für Betroffene so schwer einzuordnen?
Üblicherweise treten allergische Reaktionen auf bestimmte Nahrungsmittel bereits wenige Minuten nach dem Verzehr auf. Beim Alpha-Gal-Syndrom dauert es allerdings bis zu einigen Stunden, bis sich die Symptome – wie juckende Quaddeln auf der Haut – zeigen. Dieser große zeitliche Abstand zwischen Verzehr und Reaktion führt dazu, dass die Allergie häufig noch unerkannt bleibt. Eine genaue Zahl der Betroffenen ist daher ebenfalls nicht bekannt. Wie kann diese seltene Allergie diagnostiziert werden? Festgestellt werden kann die Allergie über einen gezielten Bluttest, der spezifische Antikörper gegen Alpha-Gal nachweisen kann. Eine kausale, medikamentöse Therapie gibt es für diese seltene Allergie noch nicht. Bislang empfehlen wir Betroffenen, die entsprechenden Nahrungsmittel mit einem hohen Anteil von Alpha-Gal nach Diagnosestellung konsequent zu meiden.
Welche anderen seltenen Allergien gibt es noch?
Eine in Deutschland zunehmende, aber insgesamt noch seltene Pollenallergie ist die Ambrosia-Allergie, ausgelöst durch die Pollen des Traubenkrauts (Ambrosia artemisiiflia). Die Symptome wie tränende, juckende Augen, verstopfte Nase und Niesattacken unterscheiden sich nicht von anderen Pollenallergien. Der Unterschied ist der zeitliche Kontext der Symptome: Während Birkenpollen eher im Frühjahr vor allem im April und Gräserpollen im Sommer vor allem von Mai bis August blühen, tritt die Ambrosia-Allergie insbesondere im Spätsommer von August bis September auf. Die Diagnose erfolgt über Haut- und Bluttests.
Gibt es eine Therapie?
Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland eine zugelassene Allergen-Immuntherapie (SLIT) in Tablettenform, die die allergische Reaktion auf die Ambrosia-Pollen deutlich lindern kann.
Wie ist die medizinische Versorgung bei seltenen Allergien allgemein?
Die Grundlage für jede medizinische Versorgung – ob bei häufigen oder seltenen Allergien – ist eine ausführliche Anamnese und eine gezielte Diagnostik, um das für die Symptome verantwortliche Allergen zu identifizieren. Je nach vermutetem Auslöser werden Haut- oder Bluttests durchgeführt. Ist das auslösende Allergen gefunden, besteht die Therapie aus drei Teilen: Betroffene sollten das jeweilige Allergen bestmöglich meiden. Zusätzlich helfen symptomatische Therapien, zum Beispiel mit im Volksmund sogenannten „Antiallergietabletten“ wie Antihistaminika. Eine Allergen-Immuntherapie kann die weitere Produktion der auslösenden Antikörper reduzieren und damit eine Allergie auch ursächlich bekämpfen. Bisher gibt es jedoch nicht für alle Allergene – insbesondere nicht für seltene Allergien – etablierte diagnostische oder therapeutische Optionen. In vielen Fällen fehlen geeignete Haut- oder Bluttests sowie spezifische kausale Behandlungen wie die Allergen-Immuntherapie. Um auch seltene Allergien in Zukunft besser diagnostizieren und auch behandeln zu können, ist daher weitere wissenschaftliche Forschung notwendig