Erich Honecker taugt als Witzfigur schon immer ungemein gut. Wenn auch vor allem für jene, die ihn als DDR-Chef noch erlebten, wie die Komödie "Vorwärts immer!" beweist. Das Erste zeigt den Film nun als Free-TV -Premiere.
Schon zu DDR-Zeiten war Erich Honecker für viele eine Witzfigur. Heute, unter Kaptialismus und Demokratie, gibt der Ex-Staatsratsvorsitzende eine dankbare Vorlage für eine putzige Komödie ab. Wenn auch vor allem für jene, die damals schon über ihn lachten. Denn darüber, dass sich "Vorwärts immer" (2017) vorrangig an eine Ü50-Zuschauerschaft richtet, täuschen auch die jungen Gesichter von Josefine Preuß, Jacob Matschenz und Marc Benjamin nicht hinweg, die in der Posse größere Nebenrollen spielen: Der Ost-Rock-Soundtrack ist so dosiert, dass er im Zusammenspiel mit ausgesuchten DDR-Requisiten zwar Ostalgie-Gefühle aufkommen lässt, aber auch nicht weiter stört. Schnitt und Bildgestaltung entsprechen den Sehgewohnheiten des nicht ganz so experimentierfreudigen Teils der ARD-Zuschauer, denen die erst im Kino gestartete Komödie nun als Free-TV-Premiere gezeigt wird.
Jenes Publikum ist mit Hauptdarsteller Jörg Schüttauf dank seines langjährigen "Tatort"-Engagements an der Seite von Andrea Sawatzki ohnehin vertraut. Schüttauf spielt den DDR-bekannten Bühnenschauspieler Otto Wolf, der mitten in der Probe zum neuen, ungenehmigten Theaterstück "Vorwärts immer!" beunruhigende Nachrichten erhält: Seine geliebte Tochter Anne (Preuß) will in den Westen "rübermachen". Um ihren gefälschten Westpass abzuholen, ist Anne mit ihrem Freund Matti (Benjamin) und ihrem Fälscherkontakt August (Matschenz) auf dem Weg nach Leipzig. Dort, wo an jenem 9. Oktober 1989 Polizei- und Armeetrupps auf Anweisungen warten, wie mit den Tausenden Demonstranten zu verfahren sei, die sich dort seit einigen Montagen zum Protest sammelten. Als ein gut informierter Kollege Otto auch noch steckt, Honecker habe den Schießbefehl erteilt, ist für den liebenden Vater klar: Er muss seine Anne retten – und zwar in seiner Paraderolle Erich Honecker.
Skurrile Situationen
In Theaterverkleidung und einem Volvo, den der Schwager des Kollegen der Frau von Ottos Bühnenkameraden Hans organisiert hat – ja, so lief das damals -, bricht Otto zum Zentralkomitee auf. Denn nur von einem ganz bestimmten Telefon aus lässt sich der Schießbefehl zurücknehmen. Und da der echte Honecker gerade außer Haus ist, scheint die Gelegenheit günstig. Doch im Hauptquartier der DDR-Führung fällt der Genosse Honecker bald nicht nur durch merkwürdiges Benehmen auf: Ausgerechnet Margot Honecker (Hedi Kriegeskotte) läuft der falsche Generalsekretär in die Arme ...
Eine Hürde nach der nächsten stellt Drehbuchautor Markus Thebe auf, über die Regisseurin Franziska Meletzky den falschen Honecker in Slap-Stick-Manier stolpern lässt. Humor zugeschnitten auf Zuschauer, die mit den Filmen von Louis de Funès aufwuchsen, die sowohl im Osten als auch im Westen sehr beliebt waren. Dass sich trotz der vielen skurrilen Situationen, in die Otto gerät, keine wirklich großen Lacher ergeben, liegt vermutlich an dem schon fast thrillerartigen Handlungsstrang, den die "Tatort"-erprobte Regisseurin immer wieder zwischenschneidet: Anne und ihre zwei Begleiter liefern sich in Leipzig nämlich gefährliche Verfolgungsjagden mit diensteifrigen Stasi-Schergen.
Dass die Komödie dadurch ihren Erzählton nie richtig findet, ist vor allem deshalb schade, weil sie einigen wirklich begnadeten ostdeutschen Darstellern, die viel zu selten im Rampenlicht stehen dürfen, mal eine große Bühne bietet: Nicht nur der Chemnitzer Schüttauf hätte in gesamtdeutschen Filmen öfter als zuletzt eine Hauptrolle verdient, auch die beiden Dresdner Steffen Scheumann und Stephan Grossmann hinterlassen in ihren kleinen Rollen großen Eindruck.