10.03.2020 Urlaub mit dem Rad

Auf zwei Rädern die Idylle erobern

Wenn einer eine Reise tut... dann besteigt er heutzutage eher den Flieger oder ein Kreuzfahrtschiff. Nostalgiker fahren auch schon mal Bahn oder steuern gar den eigenen Pkw ins Urlaubsdomizil. Wir machen‘s diesmal ganz anders.

In Zeiten des Klimawandels und der zunehmend hektischen Lebensführung müssen Ferien vor allem das Ziel des Ausgleichs, des Herunterkommens verfolgen. Was steigert den Gedanken an Urlaubsidylle und Naturverbundenheit da mehr als ein Radurlaub? Rund 5,5 Millionen Deutsche hatten nach der Radreiseanalyse des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) 2019 diese Idee. Wir wollten das Abenteuer Zweiradreise testen und suchten uns Strecken heraus, die auch Anfänger stemmen können.

Zunächst steht die Vorbereitung an. Nach der favorisierten Tour muss man das geeignete Rad aussuchen und überprüfen, ob es überhaupt reisetauglich ist. Einen solchen Check-up kann man in jeder Fahrradwerkstatt durchführen lassen. Kette, Zahnrad, Bremsen, Bereifung, Gepäckträger, Packtaschenhalter – alles muss sich im besten Zustand befinden. Mit einem Termin sollte der Radreisende nicht bis zum letzten Tag warten, da gerade kurz vor und während der Ferienzeit ziemlicher Andrang in den Werkstätten herrscht und so manches Ersatzteil bestellt werden muss.

Auch sollte klar sein, mit welchem Fahrradtyp man welche Tour plant. Ein gutes Dreigang-Herrenrad mag eine gemäßigte Tour durch die Niederlande noch einigermaßen packen, aber in den Alpen nicht unbedingt für maximalen Fahrspaß sorgen. Dreiräder, die es mit und ohne Motor gibt, machen auch Menschen mit Bewegungs - einschränkungen mobil, brauchen aber breitere Radwege oder gut ausgebaute Stra - ßen. Vielleicht muss auch manches Wegstück per Zug oder anderem Transportmittel bewältigt werden. Auch hier sind Überraschungen wenig zweckdienlich.

Die Etappenplanung ist entscheidend, wenn man vorab Hotels buchen oder Campingplätze reservieren will. Stephanie Krone vom ADFC Deutschland sagt dazu: "Wir führen die ADFC-Radreiseanalyse schon seit über 20 Jahren durch – da zeichnet sich als langfristiger Trend ab, dass die von Radurlaubern zurückgelegten Distanzen insgesamt länger werden. Das liegt zum einen am Trend zum E-Bike, aber auch daran, dass immer mehr Menschen im Alltag Rad fahren und dadurch besser im Training sind. Durchschnittlich fahren Radreisen - de 69 Kilometer am Tag. Als Daumenregel würden wir Erwachsenen etwa 50 Kilometer am Tag empfehlen."

Das muss unbedingt mit!

Steht die Logistik, geht‘s ans Eingemachte: Die Packtaschen wollen befüllt werden – und zwar so, dass man an Dinge, die man oft braucht, leichter herankommt als an das Wechselspannbetttuch oder den Krimi, den man vor dem Einschlafen lesen will. Grundsätzlich gilt: Weniger ist mehr. Schließlich möchte man trotz des zusätzlichen Gewichts immer noch flott vorankommen. Einige Dinge sind hingegen unverzichtbar:

  • Regenbekleidung
  • Wechseloutfit
  • Flickzeug/Werkzeug
  • Sonnencreme
  • Zecken-/Insektenschutz
  • Getränke

Weitere Tipps gibt der ADFC Deutschland (www.adfc.de)

Ist alles geplant, gepackt und geprüft, kann es endlich losgehen. Warum nicht mal per Fahrrad ans Meer? Vom Rheinland aus. Oder durch den Thüringer Wald? Oder 200 Kilometer an der Mosel entlang? Wir haben es ausprobiert – und noch den einen oder anderen Tipp für Sie im Gepäck.

Tourvorschlag 1: Düsseldorf – Bad Hoophuizen

Unsere niederländischen Nachbarn verfügen über Großgewässer, die in einer Reichweite von ungefähr 200 Kilometern durchaus Ziele darstellen, die man auch als eher ungeübter Sportsfreund erreichen kann. Wir entscheiden uns für Bad Hoophuizen, einen Miniort mit Ferienpark am Veluwemeer, einem kleinen Seitenarm des Ijselmeers und ganz in der Nähe von Harderwijk in Gelderland. Als Fahrtzeit werden entspannte vier Tage angesetzt – schließlich soll es um Urlaub gehen und nicht um ein Sport-Event. Günstigerweise kreuzt mit dem Rheinradweg eine bekannte Fahrradstrecke unmittelbar den Startpunkt an der wunderschönen Düsseldorfer Promenade, der man bis Unterbilk folgt, wo man über die Kniebrücke fährt und erstmals den großen Fluss unter sich sieht. Weiter geht die Tour durch Niederkassel bis nach Meerbusch. Vom Grün des Neusser Kreises führt uns der Trip weiter durch Ausläufer des Krefelder Hafenviertels. Vorbei an Moers und Kamp-Lintfort radeln wir zum letzten Mal kontinuierlich durch belebte Ortschaften und erreichen Xanten. Von der geschichtsträchtigen Römerstadt geht es über Kalkar und Emmerich weiter nach Zevenaar, kurz hinter der niederländischen Grenze.

Beeindruckend stellt sich ab jetzt die Situation der niederländischen Radwege heraus. Manchmal wissen wir nicht, ob wir nicht versehentlich auf der Straße radeln, da die Radwege breiter zu sein scheinen als die üblichen Verkehrsadern für Kraftfahrzeuge. Hier kommen besonders Fahrer der etwas breiteren Trikes (Dreiräder) auf ihre Kosten. Ganz bedächtig strampeln wir durch kleine Ortschaften über den „Rijksweg“ in Richtung Arnheim. Dort, in der vielleicht „hügeligsten“ niederländischen Stadt besuchen wir am nächsten Morgen den Fischmarkt und Burger‘s Zoo und fahren dann durch den Nationalpark Veluwezoom durch scheinbar unendliche Wälder und Heiden. Ein Zwischenstopp in Apeldoorn mit dem berühmten Schloss Het Loo macht Sinn. Von dort aus sind es nur noch knapp 40 Kilometer bis an unser Ziel. Vor allem der letzte Teil der Etappe ist wunderschön, wenn es durch menschenleere Naturlandschaften geht und plötzlich hinter einigen Baumkronen ein pittoresker Ausläufer des Veluwemeers auftaucht.

Tour 2: Trier - Koblenz

Die steilen Hänge, die den rund 150 Kilometer langen Weg zwischen Trier und Koblenz säumen, laden zum Träumen ein. Denn Fakt ist: Man begegnet selten dem lästigen Kraftverkehr auf der Tour über den Mosel-Radweg. Damit ist der Weg für Familien mit Kindern und ältere Menschen bestens geeignet, denn Unebenheiten und allzu große Steigungen sucht man vergeblich. So bleibt mehr Zeit, um die Natur und die Kultur des berühmten Weingebietes in vollen Zügen zu genießen. Unterwegs staunt man über die prächtigen Römerbauten wie zum Beispiel die berühmte Porta Nigra in Trier oder die antike Kelteranlage in Piesport. Historisch Interessierte freuen sich allerdings auch über den mittelalterlichen Marktplatz in Bernkastel-Kues mit seinen wunderschönen Fachwerkhäusern und die Burg Landshut. Im Geburtsort des Philosophen Nikolaus von Kues dreht sich ansonsten vieles um den Weinanbau. Riesling, Burgunder oder Dornfelder sind einige der Erzeugnisse, die die Steilhänge an der Mosel hergeben. Von hier aus geht es weiter über Kröw, Traben-Trarbach und Cochem, wo man sich von der mächtigen und mehr als 1000 Jahre alten Reichsburg beeindrucken lassen kann. Edelsteinmuseum und Senfmühle versprechen weitere touristische Glücksmomente. Danach schwingen wir uns wieder in den Sattel und folgen der Route, vorbei am Moseldom in Treis-Karden und der bekannten Burg Eltz bis nach Koblenz, wo wir die herrliche Aussicht am Deutschen Eck bei einem Riesling genießen.

Verlängerung

Wer noch nicht genug hat und wen es weiter in Richtung Süden zieht, für den bietet sich eine rund einwöchige Fortsetzung der Tour am Rhein entlang über Rüdesheim, Mainz, Oppenheim, Worms und Heidelberg bis nach Speyer an. Weingebiet-Romantik pur auf einer der schönsten Radstrecken Deutschlands.

Tour 3: Neuhaus am Rennweg – Hann. Münden

Zwischen Thüringen und Niedersachsen erkunden wir den 306 Kilometer langen Werratalradweg. Start ist in Neuhaus am Rennweg. Die Stadt im Schiefergebirge ist bekannt für ihre Holzkirche, die eine der größten des Landes ist. Über den Rennsteig Radweg geht es bis zur Quelle der Werra bei Siegmundburg. Ab jetzt heißt es, eins der größten Waldgebiete Mitteleuropas zu erkunden. Ein traumhaftes Panorama findet man an der zweiten Werra-Quelle in Fehrenbach/Masserberg. Die interessante Tier- und Pflanzenwelt des Thüringer Waldes trägt dazu bei, dass man sich in eine andere Zeit versetzt fühlt. Über Friedrichshöhe und Sachsenbrunn fahren wir nach Eisfeld, mit seiner wunderschönen Burg und der Gedenkstätte "Innerdeutsche Grenze Eisfeld-Rottenbach". Das Feriendorf Auenland empfängt Familien mit Sommerrodelbahn und Abenteuerspielplatz. Über Themar geht es – alternativ auch mit der Südthüringen-Bahn – weiter nach Meiningen, wo besonders Theaterbegeisterte und Liebhaber der hier erfundenen Thüringer Klöße auf ihre Kosten kommen dürften.

Zwischen Thüringer Wald und Rhön radeln wir nun weiter über Schmalkalden, das im Jahre 1531 dem berühmten protestantischen Bund gegen Kaiser Karl V. seinen Namen lieh, bis zur Kur- und Kreisstadt Bad Salzungen mit ihrem Sole-Heilbad. Gut erholt setzen wir die Reise in Richtung Heringen und Werra-Suhl-Tal fort, dem Land der "weißen Berge", einer Namensgebung, die auf den Kalibergbau in der Region zurückgeht. Auf dem Weg dorthin müssen wir allerdings die schwierige und steile Etappe am Krayenberg passieren. Hier sollten ungeübte Radfahrer eine Alternativstrecke nutzen. Nächste Station auf der Tour ist Eisenach, das mit der Wartburg einen Touristenmagneten besitzt. Hier lebte die heilige Elisabeth von Thüringen, übersetzte Luther das Neue Testament ins Deutsche. Weiter geht‘s in Richtung Wanfried in Hessen, wo wir die Plessefelsen bestaunen und von dort nach Eschwege ins Frau-Holle-Land. Hier bummeln wir durch den Stadtkern mit den gut erhaltenen Fachwerkhäusern und legen anschließend eine Pause am großen Werratalsee ein. Nächste Station auf unserer Tour ist Bad Sooden-Allendorf mit der Werratal-Therme und der Fischerstadt "Klein Venedig". Der alte Zimmersbrunnen der Allendorfer Altstadt ist übrigens Namensgeber des Volkslieds „Am Brunnen vor dem Tore“. Über Lindwerra und die Kirschenstadt Witzenhausen gelangen wir ans Ziel in Hannoversch Münden, wo der Weserstein den Zusammenfluss von Werra und Fulda zur Weser anzeigt und das Welfenschloss steht.

Verlängerung

Wer noch weiterradeln möchte, weil ihm die Tour so gut gefallen hat, der gelangt von hier aus in zwölf bis 14 Tagen auf dem Weserradweg über Beverungen, Hameln, Rinteln, Nienburg, Verden, Bremen, Elsfleth und Bremerhaven nach Cuxhaven.

Tour 4: Bodensee-Königssee

Start der mittelschweren Tour ist in Konstanz, wo man sich bereits ein wenig in Stimmung bringen kann. Die altehrwürdige Stadt mit Wurzeln aus der Römerzeit verfügt über eine wunderschöne Altstadt, pittoreske Gassen und viele historische Gebäude. Zudem liegt die Bodensee-Stadt am Jakobsweg. Über Lindau mit seinem neuen Leuchtturm im Bodensee, dem schönen Hafen und dem geheimnisvollen Diebesturm, gelangt man nach Oberstaufen und radelt in den nächsten Tagen bis nach Füssen, wo ein Ausflug zum berühmten Schloss Neuschwanstein lockt. Weiter geht es durch beschauliche Weidenlandschaften bis an den Tegernsee. Von Bad Tölz aus macht man sich auf den Weg zum Schliersee, wo wir einen ausgiebigen Badeaufenthalt einlegen. Danach geht es gestärkt weiter über Bad Feilnbach und Frasdorf zum Chiemsee, wo ebenfalls wieder ein längerer Aufenthalt eingeplant werden sollte, bevor man immer weiter durch die Berge in Richtung Inzell radelt. Der Luftkurort in den Chiemgauer Alpen mit seinem Erlebnispfad oder dem Badepark ist das Tor zum Berchtesgardener Land, dem wir nun entgegenfahren. Über Bad Reichenhall, Berchtesgarden und den traumhaften Königssee lassen wir die Gedanken schweifen. Rund zwei Wochen sind wir nun unterwegs und haben prachtvolle Bergkulissen und wunderschöne Seenlandschaften gesehen und vor allem erlebt. Nach den mehr als 500 erradelten Kilometern lohnt ein Ausflug in die österreichische Metropole Salzburg mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten – beispielsweise Mozarts Geburtshaus, die Festung Hohensalzburg, das Haus der Natur oder den Zoo. Denn schließlich tut nach so viel prallem Naturerlebnis ein Eintauchen ins urbane Leben als Kontrastprogramm gut.

TOUR 5: Mosel-Radweg – Weinromantik und Kultur

Der 238 Kilometer lange Mosel-Radweg erfüllt alle Wünsche, die der Gedanke an eine klassische Weinroute weckt. Vielerorts von Steilhängen begleitet und mit einem Meer an Weinreben versehen, ist das Moseltal eine uralte Kulturlandschaft, über die sich Burgen, Ruinen und römische Fundstätten wie ein Teppich ausgebreitet haben. Über Trier, Bernkastel-Kues und Cochem führt der Radweg entlang der Mosel bis nach Koblenz, wo er auf den Rhein-Radweg trifft. Entlang von Weinbergen und historischen Orten gibt es zahlreiche Gelegenheiten, in Winzerhöfen oder Weinstuben einzukehren oder ein Picknick am Flussufer zu genießen. Weitere Touren aus Rheinland-Pfalz unter: www.tourenplaner-rheinland-pfalz.de