30.05.2023 Reise-Autorin im Gespräch

Keine Reise ist auch keine Lösung

Von Sarah Hegemann
Franziska Consolati hat mit uns über ihre Faszination fürs Reisen gesprochen.
Franziska Consolati hat mit uns über ihre Faszination fürs Reisen gesprochen. Fotoquelle: Franziska Consolati

Buchautorin und Reise-Bloggerin Franziska Consolati spricht im Interview über ihre Begeisterung fürs Reisen und Möglichkeiten, nachhaltig Urlaub zu machen.

Wann haben Sie Ihre Leidenschaft fürs Reisen entdeckt?

Franziska Consolati: Das Interesse war immer schon da. Ich habe als Kind sehr gerne Reise- und Tier-Dokus im Fernsehen geschaut und mich für ferne Länder interessiert. Wo ich diese Begeisterung herhabe, weiß ich nicht so genau. Meine Eltern sind keine großen Weltenbummler. Vielleicht liegt es aber auch daran. Jedenfalls habe ich damals meinem 18. Geburtstag entgegengefiebert und konnte es nicht abwarten, endlich losreisen zu können.

Welche Länder haben Sie am meisten fasziniert?

Da waren gefühlt 1000 Länder auf meiner Liste. Am meisten hat mich der afrikanische Kontinent interessiert – wegen der Wildnis und der ganzen Wildtiere, die man als Kind schon durch Bücher und das Fernsehen kennenlernt. Australien und Neuseeland fand ich aber auch spannend, da man sich so schwer vorstellen kann, dass hinter dem Ozean noch Länder liegen. Diese Weite – das ist einfach unvorstellbar.

Wohin ging dann letztendlich die erste Reise?

Die erste große Reise war, bevor ich 18 wurde, ein Schüleraustausch nach England. Das war zwar nicht so weit weg, aber dennoch aufregend. Und ein Meer lag auch dazwischen (lacht). Nachdem ich 18 geworden war, ging ich dann ins Reisebüro und buchte die Reise, auf die ich hin gespart hatte: eine zehntägige Expeditionsgruppenreise, die mich tatsächlich auf den afrikanischen Kontinent führte. Doch statt Safari gab es eine Wanderung mit Beduinen.

Haben Sie schon damals auf nachhaltiges Reisen geachtet?

Ich war schon immer sehr naturverbunden, und es war für mich selbstverständlich, dass wir unseren Planeten schützen müssen. Aber mir fehlte damals noch der konkrete Bezug, was zum Beispiel Flugreisen für eine Auswirkung auf die Umwelt haben. Alles, was mit Tieren zu tun hatte, war mir aber auch damals schon wichtig. Dass so etwas wie Elefantenreiten im Thailand-Urlaub definitiv nicht unterstützenswert ist, wusste ich schon. Als ich mit 20 stattdessen eine Station besuchte habe, wo Elefanten wieder ausgewildert werden, hat sich mein Blickwinkel noch einmal etwas verändert.

Inwiefern kann man überhaupt nachhaltig unterwegs sein, wenn man beispielsweise in weiter entfernten Ländern Urlaub macht und der Flug unumgänglich ist?

Wir sollten uns zunächst einmal vor Augen halten, dass jede Reise – auch innerhalb Deutschlands oder Europas – ihre Auswirkungen auf die Umwelt hat. Das umfasst nicht nur die Anreise. Wo übernachte ich? Wie bewege ich mich vor Ort fort? Welche Aktivitäten mache ich? Wo gehe ich essen? Das sind alles Aspekte, die unseren ökologischen Fußabdruck im Urlaub beeinflussen. Flugreisen sind für viele Urlauber unumgänglich, nehmen wir als Beispiel mal eine Reise nach Südafrika. Wer eine Fernreise unternimmt, kann aber überlegen, wie oft er solch eine Reise plant, ob er vor Ort vielleicht gemeinnützige Projekte unterstützen oder den Urlaub gleich mit dem Besuch eines Freundes verbinden kann.

Sie schreiben in Ihrem Buch „Reise-Hacks für Klimabewusste“, dass Nicht-Reisen auch keine Lösung sei. Wie genau meinen Sie das?

Ich bin grundsätzlich der Überzeugung, dass wir durch Reisen ein tiefgreifenderes Verständnis für andere Kulturen, Lebensräume und Tiere entwickeln können. Wenn wir etwas nicht kennen oder es uns weiter weg erscheint, setzen wir uns auch weniger dafür ein. Findet beispielsweise eine Flutkatastrophe in Österreich statt, sind wir meist betroffener, als über dasselbe Ereignis in Peru. Das Land erscheint uns einfach so weit weg. Das ändert sich aber, wenn wir schon einmal da waren und persönliche Bezüge dazu haben. Ein weiteres gutes Beispiel sind Nationalparks und Artenschutzprojekte. Diese leben von Besuchern. Wenn keiner kommt, um die Elefanten zu sehen, fehlen Gelder, mit denen eben jene geschützt werden sollen. Durch die Corona-Pandemie sind leider die Zahlen der Wilderer wieder in die Höhe geschossen, da durch die ausbleibenden Touristen teilweise keine Ranger bezahlt und eingesetzt werden konnten.

Was halten Sie vom klassischen Hotelurlaub? Ist er aus Aspekten der Nachhaltigkeit überhaupt vertretbar?

Das ist eine gute Frage. Ich möchte aber auch gar nicht mit dem Zeigefinger auf andere zeigen. Wenn ich mich jetzt eine Woche in Costa Rica nur an den Hotel-Pool legen würde, hätte ich das Gefühl, vom Land was zu verpassen. Es wäre auch ein ganz schön großer ökologischer Fußabdruck für so eine Reise, da könnte man in Europa genauso gut in einer Hotelanlage am Pool liegen. Aber am Ende muss jeder seinen eigenen Weg finden.

Welche Länder würden Sie in Sachen Nachhaltigkeit empfehlen?

Also auf die Anreise bezogen: alle Länder innerhalb Europas, die man gut mit dem Zug erreichen kann. Es gibt aber mittlerweile weltweit so viele Länder mit tollen und unterstützenswerten Projekten, die von der Bevölkerung vor Ort betrieben werden, dass ich keins besonders herausstellen möchte.

Was macht für Sie denn „die perfekte Reise“ aus?

Eine Verbindung aus Gastfreundschaft und authentischen Begegnungen mit den Leuten vor Ort. Ich habe zum Glück mit der Zeit gelernt, dass man dafür nicht unbedingt weit weg reisen muss. Im Urlaub suchen wir häufig eine Mischung aus gutem Essen und Erholung – die gibt es auch quasi vor der eigenen Haustür. Man ist irgendwie aufgeregter, wenn die Reise nach Südamerika statt nach Spanien geht. Aber wenn man sich drauf einlässt und seinen Blick dafür öffnet, kann man überall Abenteuer haben und Neues erleben. Früher habe ich mich von Fernreise zu Fernreise gehangelt und dadurch lange Zeit viel verpasst.

Mehr von Franziska Consolati und ihren Reisen gibt es unter www.ins-nirgendwo-bitte.de.

Bücher von Franziska Consolati

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  • Ins Nirgendwo, bitte!: Zu Fuß durch die mongolische Wildnis

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