23.08.2016 Reise

Irlands grüne Seite der Macht

Von Corinna Kuhs
Raue Küste mit Geschichte: Die Landschaft ist Irlands bestes Gut. Sie bot für den nächsten „Star Wars“-Film eine eindrucksvolle Kulisse.
Raue Küste mit Geschichte: Die Landschaft ist Irlands bestes Gut. Sie bot für den nächsten „Star Wars“-Film eine eindrucksvolle Kulisse. Fotoquelle: Adam Laws / Shutterstock.com

Die Grüne Insel hat Besuchern einiges zu bieten. Das konnte auch schon die Filmcrew von "Star Wars" feststellen.

Die Macht ist mit den Besuchern des nördlichsten Pubs Irlands: Yoda wacht über sie, wenn sie die Bar betreten, und natürlich auch später, wenn sie nach einer Runde Dorfklatsch und mindestens einer Runde Guinness oder Craft-Bier die Räumlichkeiten wieder verlassen.

Der Jedi-Meister mit den spitzen Ohren schaut mit kritischem Blick von einer der weißgetünchten Außenwände von "Farren's Bar" im winzigen Ort Malin Head an der Nordspitze der Grünen Insel und zeugt davon, was die Bewohner der Gegend im Mai 2016 in helle Aufregung versetzte – und sie jetzt auf einen Touristenandrang hoffen lässt: Die Crew von "Star Wars" drehte an der schroffen Atlantikküste drei Tage lang Szenen für den nächsten Film. Es waren mehr Filmleute vor Ort, als die Region Einwohner hat.

Hugh Farren betreibt in Malin Head "Farren's Bar" in sechster Generation, den "nördlichsten Pub Irlands", wie er betont, und er ist stolz darauf, dass die "Star Wars"-Produzenten die Schönheit seiner Heimat, in der sich von Oktober bis März nachts Polarlichter beobachten lassen, erkannt haben.

Kameras und Handys strikt verboten

In seinem Pub steht ein Foto, das ihn mit Luke-Skywalker-Darsteller Mark Hamill zeigt; daneben ein von Hamill signierter Stormtrooper-Schuh. Farrens Bruder David, der als Busfahrer Touristen vom rund 300 Kilometer entfernten Dublin ins County Donegal in der Republik Irland bringt, verrät, dass die Dreharbeiten zwar komplett abgeschirmt stattgefunden haben, die Einheimischen aber von einem Stand aus mit Ferngläsern zuschauen durften.

Kameras und Handys waren strikt verboten – "Das war alles gut gesichert, überall war Security", sagt David Farren. Trotzdem sickerte durch, dass die Szenen im Regen gedreht werden sollten – aber jener Niederschlag, mit dem die Grüne Insel normalerweise bestens dienen kann, hielt sich ausgerechnet an den Drehtagen zurück. "Es war schönster Sonnenschein. Sie mussten den Regen künstlich machen", sagt Farren und lacht schallend. Die Macht kann eben doch nicht alles.

Die Macht der See

Die Region Donegal mit der Halbinsel Inishowen bietet Gästen aus fernen Galaxien wunderbare Orte, aber auch jenen Reisenden, die nicht im Raumschiff unterwegs sind, sondern die Landschaft auf ganz irdische Weise erkunden: zu Fuß, im Auto, auf dem Fahrrad oder per Pferd. Der Bezirk im Norden Irlands hat alles zu bieten, was den Charme der Insel ausmacht: die schroffe Steilküste, an deren Fuß der Atlantik gegen die dunklen Felsen kracht und die Macht der See demonstriert.

Zudem die landestypische Weite, bei deren Erkundung über torfige Wiesen einem stundenlang kein Lebewesen begegnet außer einer Handvoll Schafe oder ein paar Kühen, die auf dem Gras herumliegen und das kauen, was sie aus ihrer bequemen Position heraus ohne große Anstrengung erreichen können.

Das Auge erfasst dann nichts als Grün in den unterschiedlichsten Schattierungen: hellgrünes Gras, dunkelgrüne Binsen, mittelgrüne Sträucher. Es gibt Tage, da strahlt der blaue Himmel gegen das Grün an; häufig hängen allerdings die Wolken tief und hüllen die Hügel Donegals ein.

Das unbeständige Wetter ist jedoch kein Grund, diese wunderschöne Region nicht zu erobern. Wolken, so erklärt es der irische Tour-Guide Martin Kerry, eigneten sich ganz hervorragend als Gesprächsthema. Seine Landsleute fachsimpelten gerne über Form, Farbe und Ausdehnung. Beim Einkaufen im Pub zum Beispiel, wenn sie schnell noch eine Kleinigkeit besorgen, die beim Großeinkauf in der Stadt vergessen wurde. Viele Pubs haben kleine Geschäfte – meistens bestehend aus einem einzigen Regal – im Nebenzimmer, wo es Brot, Kekse, Milch gib. Was in Deutschland die Tankstelle für den spätabendlichen Notkauf ist, ist in Irland eben der Pub.

Von Cork über Malin Head bis nach Derry

Entdecken lässt sich die Region auch als Etappe des "Wild Atlantic Way". Die mit einem blau-weißen Zacken-Logo ausgeschilderte Küstenstraße ist 2600 Kilometer lang und erstreckt sich von Cork im Süden über Malin Head auf der Inishowen-Halbinsel, nördlichster Punkt des gesamten Eilands, bis nach Derry in Nordirland. Ein Abschnitt dieser Route führt durchs County Donegal, vorbei an winzigen Dörfern, deren Häuser in Weiß oder hellem Grau gestrichen sind, um in tristen Monaten gegen das Regengrau anzustrahlen, und kleinen Cafés, in denen es zum Tee leckere Scones, süße harte Gebäckstücke mit Butter, Marmelade und Clotted Cream gibt.

Die Route bringt die Touristen auch zu Stränden wie jenen der vollkommen einsamen Tullagh Bay. Dort kann man auch als Anfänger im Sattel eines Mietponys des nahegelegenen Pferdehofs über den kilometerlangen Strand reiten. Eine andere Beschäftigung: Stundenlang im Sand die schönsten Steine suchen und die Wolkenformationen anstarren, die langsam über einen hinwegfliegen.

Dann hat man auch genug Gesprächsstoff für den abendlichen Besuch im Pub, wo das bekannte Guinness ordentlich Konkurrenz bekommen hat: Lokale Craft-Biere sind äußerst beliebt. Viele Pubs, etwa "The Rusty Nail" in Clonmany, in dem Betreiberin Marisa McDonagh neben Gebrautem auch herausragendes Essen aus regionalen Produkten serviert, bieten lustig etikettierte Flaschen mit neuen Biersorten an und lassen auch gerne probieren. Gut gestärkt lässt sich Irland dann auch noch besser entdecken.

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