23.06.2015 Gesundheit

Arzt-Kolumne: Gewinn durch Verzicht

von Harald Walach
Prof. Dr. Harald Walach ist Psychologe und Universitätsprofessor mit dem Forschungsschwerpunkt Komplementärmedizin.
Prof. Dr. Harald Walach ist Psychologe und Universitätsprofessor mit dem Forschungsschwerpunkt Komplementärmedizin. Fotoquelle: privat

Verzicht kann neue Freiheit geben und Perspektiven eröffnen. Das gilt vor allem für eine der schlimmen Epidemien unserer Zeit: die Informationsflut. Die Suggestion, man würde Entscheidendes verpassen, wenn man nicht noch diese Trivialität nachgelesen und jene Nachricht gehört hat, setzt uns unter permanenten Druck.

Wir können mit diesem Druck leichter umgehen, wenn wir uns Folgendes klarmachen: Zu viel Ablenkung schadet auf Dauer unserer Fähigkeit, mit Informationen gezielt umzugehen und uns Wichtiges einzuprägen. Etwa machen Menschen, die sich zu viel ablenken lassen, bei wichtigen Aufgaben mehr Fehler als andere, und die Gefahr, an Alzheimer zu erkranken, ist bei ihnen größer.

Doch was tun? Hier sind fünf einfache Handlungsstrategien. Erstens: regelmäßige Auszeiten von der Überflutung. Sich irgendwo hinsetzen, auf den Atem oder die innere Stimme lauschen und zur Ruhe kommen.

Zweitens: entscheiden, welchen Informationen ich mich aussetzen will. Ungelesen lassen, was mich nicht interessiert. Wegwerfen, was unnütz ist. Irrelevantes nicht durch Gespräch oder Weitersagen vertiefen.

Drittens: den Informationen, die wir brauchen, die ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. So nehmen wir sie wirklich wahr und merken uns, was wichtig ist. Und damit die Illusion aufgeben, man könne durch gleichzeitiges Aufnehmen von Informationen auf mehreren Kanälen die Wirksamkeit erhöhen.

Viertens: invasive Information vermeiden. Fernsehwerbung stumm- oder ausschalten, Spam-E-Mails ungelesen löschen oder einen guten Spam-Filter einbauen. Klatsch und Geschwätz reduzieren.

Fünftens: Informationsauszeit. Mindestens eine Woche pro Jahr mal ohne die üblichen Informationsquellen auskommen. Danach kann man wieder leichter entscheiden, was wirklich zählt. Denn die Katastrophe, die wir immer befürchten, wenn wir auf Informationen verzichten, bleibt aus. Wir sind nicht vom Geschehen der Welt abgehängt. Alleine diese Erfahrung ist es wert, gemacht zu werden.