07.07.2015 Reise

Auf ein Bier nach Flandern

Von Tobias Toll
Hexenküche? Nein, Brauerei: Auch in Flandern nimmt man Hopfen, Gerste, Hefe und Wasser fürs Bier. Doch auf das Wie kommt es an ...
Hexenküche? Nein, Brauerei: Auch in Flandern nimmt man Hopfen, Gerste, Hefe und Wasser fürs Bier. Doch auf das Wie kommt es an ... Fotoquelle: Milo-Profi

Biertrinker, kommst du nach Flandern, sei gewarnt: Die Biere, die sie dir dort vorsetzen, zeugen von verschiedenen Vorstufen des Delirium tremens, jenem Zustand unrettbarer Volltrunkenheit, in dem es angeblich von weißen Mäusen wimmelt.

Die Biere heißen "Satan", "Lucifer", "Judas" und, Teufel auch, sie schmecken gut. Höllisch gut.

Der erste Schluck schreit nach mehr, das erste Glas nach einem zweiten. Und so weiter. Man sollte sich mit herkulischer Widerstandskraft wappnen, sonst endet man bei jenen Bieren, die den Exitus schon im Namen tragen: "Guillotine" oder "Mort Subite", was auf Deutsch "Plötzlicher Tod" bedeutet. Biertrinker, kommst du nach Flandern, mach dich auf was gefasst!

Bier- und Whiskyguru Jackson

Auch wenn in Belgien und speziell in Flandern seit Urzeiten Bier gebraut wird und neben den Einheimischen diverse Kenner im Ausland davon wussten – so richtig berühmt wurde das Bier erst durch Michael Jackson. Nein, nicht der Michael Jackson, der andere!

Der britische Bier- und Whiskyguru Jackson (wie wird man das, ohne ständig schicker zu sein?) entdeckte Flandern 1977 für sich und erklärte der Welt in schlichten Worten: Hier wird das beste Bier gebraut. Die Welt glaubte ihm.

Seitdem gilt Bier aus dem Zwei-Sprachen-Land als Vorbild für die vielen Bemühungen kleiner und kleinster Brauereien, wieder richtig leckeres Bier auf den Tresen zu stellen. Studenten in den USA fingen als Erste den Ball aus Flandern auf und brauten nach alter Väter Sitte.

Bierfeinschmecker steht dem Weinkenner in nichts nach

Auch in Deutschland gewinnt Craft Beer an Bedeutung. Es vereinigt traditionelle Handwerkskunst mit neuer Wissenschaft und neuen Geräten und versteht sich als Gegenpol zu den Einheitlichkeiten aus den internationalen Brauereikonzernen, deren lange Zeit größter Konzern zufällig auch in Belgien beheimatet ist (in Leeuwen), inzwischen aber vom noch größeren Anheuser-Busch aus St. Louis geschluckt wurde. Die Mehrzahl der belgischen Biere wird in Flaschen verkauft, da sie im Gegensatz zum Pilsner noch in der Flasche nachreifen können und während einer Lagerzeit von zwei bis drei Jahren noch an Geschmack gewinnen. Der Bierfeinschmecker steht dem Weinkenner in nichts nach.

Ein nachgärendes Bier ist etwa das Dubbel von Westmalle, ein dunkles rotbraunes Trappistenbier, dessen gewaltiger und an die Bilder von Frans Hals gemahnender Schaumkragen nach Malz duftet.

Eine besondere Spezialität sind die Lambiekbiere (von alambiek = Brennkessel), deren Gärungsprozess nicht geführt wird. Die Zugabe von Kandiszucker führt, etwa beim Faro, zu einem süßlichen Geschmack.

Trappistenbiere werden, das ist Gesetz, in den Mauern von Abteien unter Aufsicht der Mönche gebraut. Die Brauerei muss dem Kloster untergeordnet sein und darf keinen Profit erzielen.

Besucher, kommst du nach Flandern, kannst du dir das alles erklären lassen, zum Beispiel in der Brauerei Palm in Londerzeel (www. palmbreweries.be), wo auch die berühmten Brabanter Bierwagenpferde zu bestaunen sind. Übrigens, ein Bier namens „Delirium tremens“ existiert auch. Es soll sehr gut sein. Doch wer zu viel davon trinkt, dem sollen, nein, keine weißen Mäuse, aber rosa Elefanten erscheinen. 

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