25.08.2015 Freizeit

Himmlische Momente im Heißluftballon

von Florian Flicke
Treiben lassen: Der Wind entscheidet, wohin die Reise geht.
Treiben lassen: Der Wind entscheidet, wohin die Reise geht. Fotoquelle: Friedberg/Fotolia

Triumph der Langsamkeit: Im Heißluftballon wird das Fliegen zum Fahren – und zu einem Akt voller Poesie.

Das einzig wahrhaft Herausfordernde an der Fahrt – niemals "Flug" sagen! – mit einem Heißluftballon sind nicht die paar Hundert Meter zwischen Gondel und Erdboden. Es ist die Herrgottsfrühe. Während Wim van den Bogaard seine heutigen Fluggäste um sich versammelt, drehen sich andere nochmals in ihren Betten um. Der 59-jährige Wahlkölner mit niederländischen Wurzeln betreibt seit 1994 ein kleines Luftfahrtunternehmen in der Domstadt. Maximal fünf Personen haben neben ihm in der Gondel Platz. Darüber hinaus lädt van den Bogaard auch zu Fahrten per Luftschiff, gemeinhin besser bekannt als Zeppelin.

Ballonfahren heißt auch warten zu können

Die unchristliche Tageszeit ist das Leid der Ballonfahrer. Frühmorgens und dann erst wieder am späteren Nachmittag sind die besten Zeiten zum Aufstieg per Heißluft. Tagsüber herrscht dagegen oft Thermik – die Sonneneinstrahlung sorgt für turbulente Winde, die das Ballonfahren unmöglich und gefährlich machen. "Ein umsichtiger Ballonfahrer muss vor allem eines können: Nein sagen", erklärt van den Bogaard. Ballonfahren heißt auch: warten zu können. Sicherheit ist oberstes Prinzip beim Flug über die Landschaft in Höhen zwischen meist 500 und mitunter auch 1000 Metern. Gar 2000 Meter Höhe, so die Überlieferung, sollen die ersten Ballonfahrer der Welt, die französischen Gebrüder Montgolfier, bei ihrer zehnminütigen Premierenfahrt am 4. Juni 1783 geschafft haben.

Bevor der bunte Ballon an diesem thermisch idealen Sommermorgen im Kölner Norden abheben kann, prüfen van den Bogaard und sein Assistent erst gründlich jedes Detail. Am Korb, an den Gasflaschen und den Stahlseilen, die die Korbgondel mit dem Ballon verbinden.

Alle packen mit an

Bei Wim van den Bogaard sitzt jeder Handgriff. "50 bis 60 Touren" unternimmt er nach eigenen Angaben pro Jahr, dazu kommen die Ausflüge mit dem Luftschiff, Minihubschrauber oder Segelflugzeug. "Mit 14 Jahren saß ich das erste Mal in einem Segelflieger, kurz darauf in einem Heißluftballon. Seitdem komme ich nicht mehr vom Himmel los", meint der Ballonführer, der dennoch fest mit beiden Beinen im Leben steht. Und der ebenso entschlossen Anweisungen geben kann: "Halten Sie dieses Stahlseil fest und lassen Sie es nicht mehr los, bis der Ballon prall gefüllt ist."

Eine Mitfahrt im Ballon bedeutet auch, bei Start und Landung sportlich mitanzupacken und, sofern vorhanden, die Muskeln spielen zu lassen. Jeder hat seinen Platz und seine kleine Aufgabe. Das macht Spaß und schweißt zusammen. Auch der Kleidungstipp van den Bogaards erklärt sich nun: "Kleiden Sie sich genau so, als würden Sie zum Wandern gehen: mit sportlichen Klamotten sowie festem und flachem Schuhwerk."

Nach knapp einer Stunde ist der Ballon fertig für den Abflug. Jetzt muss alles ganz schnell gehen: Einer nach dem anderen klettern wir in den Korb, der Ballon richtet sich auf – und hebt unverzüglich ab. Die neugierigen Anwohner, die zu dieser Tageszeit bereits auf den Beinen sind, mutieren in Sekunden zu Miniaturfiguren – wir luftfahren, erreichen erst die Baumkronen und durchbrechen dann die leichten Nebenwölkchen.

Wim van den Bogaard schaut über den Kölner Norden, auf Reihenhaussiedlungen, Weizenfelder und Badeseen – und zitiert Jules Verne, den Verfasser von Werken wie "Die Reise zum Mittelpunkt der Erde" oder "20.000 Meilen unter dem Meer": "Ballonfahren ist das Größte." Mit jedem Höhenmeter wächst meine Begeisterung – und schwindet das letzte Fünkchen Respekt. "Höhenangst und Schwindelgefühle treten in einem Heißluftballon nicht auf", sagt van den Bogaard. Und es stimmt: Der Ballon schaukelt nicht, er schwebt ganz sanft. Und wer nicht frontal nach unten schauen mag, genießt einfach den Weitblick.

Das Brandenburger Tor hebt ab

In der Ferne erkennen wir zwei weitere Ballons. Doch das ist nichts gegen den Himmel über Warstein Anfang September: Dort wetteifern knapp 200 Ballons aller Farben und Formen – darunter auch Ballons im Aussehen des Brandenburger Tors, einer Riesenwespe oder einer lachenden Sonnenblume. Vom 4. bis 12. September findet in der sauerländischen Stadt zum 25. Mal die "Warsteiner Internationale Montgolfiade" statt.