22.09.2015 Ausstellung

Ins Bett, bei Kerzenschein

Wichtig ist allein das Licht: Nicht, dass der Betrachter auf falsche Gedanken kommt!
Wichtig ist allein das Licht: Nicht, dass der Betrachter auf falsche Gedanken kommt! Fotoquelle: Nationalgalerie Prag

Ein geheimnisvoller Name gewinnt Konturen: In Köln sind Bilder Godfried Schalckens zu bestaunen.

So zweideutig verschwommen wie Schatten im Kerzenlicht – so ist Godfried Schalcken. Hat es den Kerl überhaupt gegeben? Als Held einer brillanten Horror-Erzählung von Sheridan Le Fanu ist Schalcken weltberühmt geworden, eine literarische Figur. Aber in Wirklichkeit?

Dass ihm das Wallraf-Richartz-Museum in Köln jetzt eine Ausstellung widmet, was besagt das schon? Die Kunstwelt ist gespickt mit getürkten Biographien und Werken zweifelhafter Herkunft.

Sucht man seriös nach Anzeichen dafür, dass Schalcken tatsächlich gelebt hat, stößt man auf Widersprüche.

Furcht einflößender Gespensterfilm

Einerseits gibt es diesen Furcht einflößenden Gespensterfilm aus dem Jahr 1979, "Schalcken, der Maler". Da hämmert der Tod an die Tür seines Ateliers und entführt ihm die Liebe seines Lebens, die üppig blühende, gerade mal 17 Jahre alte Rose Velderkaust.

Nur ein Film, schon klar. Horror und Märchen. Kein Beweis für Schalcken.

Andererseits hat aber ein gewisser Godfried Schalcken den Oranier William III. als König von England porträtiert. Das Bild hängt im Rijksmuseum Amsterdam. Wenn das kein starkes Indiz ist.

Mehr noch, im Buckingham-Palast (wo wir ein und aus gehen) stoßen wir auf eine eindeutig von Schalcken stammende Bordellszene mit dem Titel "Vrouwtje kom ten Hoof". Weil das sensiblen Ohren ein wenig anzüglich klingen mag, hat man es für Elizabeth und die Ihrigen in ein züchtiges "Lady come into the Garden" anglisiert.

Schalcken im Kreise feiernder Damen

Das Gemälde zeigt einen halbbekleideten Godfried Schalcken im Kreise feiernder Damen, die alle nicht wie Rose Velderkaust aussehen. Offenbar wusste sich der Maler in späteren Jahren über den Verlust der Geliebten hinwegzutrösten und machte daraus keinen Hehl. Zeitgenossen beschreiben ihn als unleidlichen Menschen, mit dem nicht gut Kirschen essen war.

Es hat ihn also offenbar wirklich gegeben, diesen Godfried Schalcken. Urkunden zufolge hat er von 1643 bis 1706 gelebt, in Hollands "Goldenem Zeitalter".

In die Lehre ging er bei Gerard Dou in Leiden, eine Adresse, die besser war, als man heute vielleicht meint. Neben Vermeer und Ter Borch repräsentiert Dou einen dritten Zweig der holländischen Genremalerei, den des detailversessenen "Schönen Malens". Schalcken, berichten seine Schüler, habe sich oft Wochen und Monate in einem einzigen Bildnis verloren, so ausgeprägt war sein Bestreben, jedes Merkmal von Kleiderfalten, Stoffwürfen und Schattierungen weiblicher Haut im zwielichtigen Kerzenschein herauszuarbeiten.

Fast könnte man zu dem Schluss kommen, er sei immer auf der Suche nach der schicksalhaft abhandengekommenen Rose gewesen. Viele von Schalckens Bildern wirken wie eine Einladung, ins Bett zu steigen. "Gemalte Verführung", der Untertitel der Kölner Ausstellung, passt.

Wiedersehen mit Rose

Was aber hat es nun mit den Gespenstern und Rose Velderkaust auf sich? Sie sind eine Erfindung des Autors Joseph Sheridan Le Fanu (1814– 1873), der die Dimension des Unheimlichen im Werk Schalckens genial erfasste und zu einer packenden Story verdichtete: Ein Zombie von einem holländischen Edelmann kauft Gerard Dou für viel Geld seine Nichte Rose ab – und der verliebte Malschüler Schalcken muss zusehen, wie sie auf Nimmerwieder sehen entschwindet.

Obwohl, eines Tages sieht er sie doch – als Gespenst in einem Grabgewölbe, wo sie ihn auffordert, zu ihr ins Bett zu kommen.