2023 ist das „Heinz-Strunk-Jahr“: Nach dem Erzählband „Der gelbe Elefant“ veröffentlicht er „Die Käsis“, einen satirischen Kalender namens „Maximize Your Life“, und ist bald in „Last Exit Schinkenstraße“ zu sehen.
Wie waren die Reaktionen auf Ihren Comic „Die Käsis“ bisher? Waren die Kritiker mitunter überrascht über diesen eher absurden Humor?
Heinz Strunk: Die Reaktionen auf das Buch sind eigentlich alle gut bis sehr gut, wobei die Verkäufe stark zu wünschen übriglassen. Wer verfolgt, was ich mache, der weiß ja, dass ich auch immer humoristisch gearbeitet habe, wobei das Meiste davon ja eher nischenmäßig ist. Von daher kann es nicht überraschen, dass ein Buch wie „Die Käsis“ jetzt dabei herausgekommen ist.
Spätestens seit Ihrem großen Erfolg mit „Der Goldene Handschuh“ werden Sie vom Feuilleton gefeiert. Müssen Sie sich da manchmal kneifen?
Heinz Strunk: „Der Goldene Handschuh“ war ein Wendepunkt, seitdem werde ich ernst genommen. Ich muss mich aber weder kneifen, noch habe ich es erwartet. Ich bin dadurch auch kein glücklicherer Mensch geworden, aber es war ein verdienter Erfolg, weil ich dafür auch hart gearbeitet habe.
Das ist nicht zu leugnen, Sie bringen ja quasi jedes zweite Jahr ein neues Buch heraus.
Heinz Strunk: Seit 2015 habe ich in jedem Jahr etwas Neues veröffentlicht, nicht nur Bücher, sondern auch andere Sachen, die meist dann nicht so wahrgenommen werden. Ich stehe zwar für Literatur, aber es gibt ja auch Theaterstücke und andere Veröffentlichungsformen.
So etwas wie eine Schreibblockade gibt es für Sie dann nicht?
Heinz Strunk: Das kenne ich nicht, und ich würde Leuten mit Schreibblockade auch empfehlen, den Beruf zu wechseln. Es ist eher ungünstig in dem Metier. Wenn ich eine Schreibblockade hätte, könnte ich meine Taktung auch gar nicht halten.
Sie haben in diesem Jahr bereits den Erzählband „Der gelbe Elefant“ herausgebracht, der teilweise auch sehr witzig ist, ich denke da zum Beispiel an die Geschichte „Nachrichten von Carola“, in der SMS eines weiblichen Fans veröffentlicht sind. Ist das eigentlich eine echte Geschichte?
Heinz Strunk: Das ist und bleibt ein Geheimnis.
Andere Geschichten in dem Band sind hingegen sehr düster, von daher ist man als alter Heinz-Strunk-Fan ja froh, wenn jetzt so etwas eher Leichtes wie „Die Käsis“ kommt.
Heinz Strunk: Ich versuche ja immer, auch die ernsten Stoffe so aufzubereiten, dass es da etwas zum Lachen gibt. Doch es gibt einige Geschichten, wie auch im „Gelben Elefanten“, da ist praktisch überhaupt kein Raum mehr für Humor.
Wie war das denn jetzt mit den „Käsis“? Das muss Ihnen doch Spaß gemacht haben? War die Arbeit daran eine reine Freude?
Heinz Strunk: Reine Freude ist es nie, also es ist nie völlig ungetrübt. Aber es war schon so, dass dieses Buch, anders als beim literarischen Schreiben, leichter von der Hand ging. Ich habe lange Zeit lustige Begriffe gesammelt, und dann habe ich die Story aufgeschrieben. Da die Sprache eher einfach ist, war es schon viel entspannter als einen Roman zu schreiben.
Das Buch ist eine Kooperation mit dem britischen Graffiti-Künstler Vents137 und dem Graphik-Büro von Felix Schlüter. Wie stellt man sich diese Zusammenarbeit vor? Haben Sie die Handlung vorgegeben?
Heinz Strunk: Ja, das war ganz strikt getrennt: Die Handlung, also alles, was passiert, kam von mir, Felix hat das dann moderiert, und der Kollege aus England hat das dann graphisch umgesetzt. Da habe ich ihm aber auch nicht reingeredet. Wir wussten ja, wie er zeichnet. Ich finde es sehr gelungen.
„Die Käsis“ wird vom Verlag als „Bilderbuch für Erwachsene“ beschrieben. Als es bei uns zuhause rumlag, haben es sich aber erstmal mein Fünfjähriger und mein Neunjähriger geschnappt. Und was soll ich sagen, es war erst einmal längere Zeit verschwunden.
Heinz Strunk: Ich weiß auch gar nicht, was das immer soll, mit dem „Bilderbuch für Erwachsene“. Für mich ist das ganz klar „All Age“. Ok, vielleicht noch nicht für Vierjährige, aber früher hätte man gesagt, von 8 bis 88.
Vielleicht sollte das auch so vermarktet werden, dann wird es erfolgreicher.
Heinz Strunk: Nein, das glaube ich nicht. Die Ursachenforschung ist auch total sinnlos. Seit „Fleisch ist mein Gemüse“ vor knapp 20 Jahren ist so viel von mir herausgekommen, seien es Filme, Bücher oder Theaterstücke, und man kann es einfach nicht prognostizieren. Man kann Hits auch nicht programmieren. Bei den Käsis hätte ich aber jetzt gedacht, dass das was wird.
Es ist aber auch gerade erst veröffentlicht worden.
Heinz Strunk: Meine Erfahrung sagt mir aber auch da, der Einschlag ist direkt da oder er kommt dann auch nicht mehr. Aber ich wünsche mir, dass sich das noch ändert.
Wie kam denn die Idee zustande?
Heinz Strunk: Das weiß ich ehrlich gesagt gar nicht mehr, das ist schon so lange her. Ich schätze mal, ich hatte vor sieben Jahren die Idee. Ich habe Begriffe gesammelt wie „Käsimatenten“ „Goudawelsch“ oder auch die Figuren „Fürst Alzheim“, „Wüste Gabi“, die „Eier-Scheese“. Solch ein Buch schreibt man ja nicht in einer Woche mal so eben auf. Vielmehr war das eine Sammelarbeit, bis ich genug Begriffe zusammen hatte und daraus eine Geschichte machen konnte.
Können Sie sich denn nach diesem Buch vorstellen, einmal nur etwas für Kinder zu schreiben?
Heinz Strunk: Nein, das nicht, aber ich hätte mir vorstellen können, eine Fortsetzung zu „Die Käsis“ zu schreiben, wenn das ein Erfolg wird.
Zeitgleich zu den Käsis haben Sie nun auch einen neuen Kalender für 2024 veröffentlicht. Welche Idee steckt dahinter?
Heinz Strunk: Das sind einfach tolle Fotos, die unter dem Motto „Maximize Your Life“ stehen. Ich arbeite mich ja schon seit Jahren am Thema „Erfolgs- und Motivations-Coaches“ und diesem ganzen Schwachsinn ab, und da fand ich diese komprimierte Form mit den schönen Texten und den herausragenden Fotografien von Dennis Dirksen passend. Mit ihm habe ich schon einmal einen Kalender gemacht. Aber auch hier gilt: Mal gucken, was daraus wird.
Kann man denn allgemein sagen, es läuft für Sie – bei drei Publikationen in so kurzer Zeit?
Heinz Strunk: Das ist ein völliges Ausnahmejahr, und das hängt ja immer noch mit Corona zusammen, dass jetzt so viel kommt. Man hätte es auch entzerren können, aber wir haben gesagt, wir machen das jetzt einfach mal so.
Ich frage auch, weil Sie ja, wie wir es schon angeschnitten hatten, fast durchwegs im Feuilleton gelobt werden. Ist das etwas, auf das Sie Wert legen?
Heinz Strunk: Ich bin ja einer der Wenigen, die so gut beim Feuilleton wegkommen und gleichzeitig noch Verkaufserfolge haben. Das Einzige, was mir jetzt noch fehlt, sind Literaturpreise. Die bekommen aber nur die Erfolglosen (lacht). Was aber auch ganz ok und gerecht ist. Ich muss nicht auch noch zwangsläufig Preise bekommen. Aber manchmal denke ich schon, irgendein Preis wäre schon nicht schlecht. Es geht mir da gar nicht um das Preisgeld, sondern um die Anerkennung, gerade bei der Menge an Büchern, die ich geschrieben habe. Da hätte ich schon etwas verdient. Aber, wie sagt mein Lektor immer: „Dein Preis ist der Ladenpreis“.
Ist Heinz Strunk denn trotzdem irgendwo noch ein Rebell, oder sind Sie im Kulturbetrieb angekommen?
Heinz Strunk: Gegen was soll ich denn rebellieren? Das bin ich nicht, war ich aber auch noch nie. Das liegt nicht in meiner Struktur und in meinem Wesen begraben (lacht).
Ab Herbst sind Sie auch wieder als Schauspieler zu sehen in der neuen Serie „Last Exit Schinkenstraße“ auf Amazon Prime. Da schließt sich ja ein Kreis zu Ihrem Erstling „Fleisch ist mein Gemüse“, denn auch hier spielen Sie einen erfolglosen Musiker.
Heinz Strunk: Da haben Sie Recht.
Auf was können sich die Fans denn da freuen? Jede Menge „arme Willis“?
Heinz Strunk: Ich glaube, das ist ein sehr schöner Gegenentwurf zu dem Comedy-Schrott, den man so allgemein sieht, ich meine diesen Mainstream-Kram. Meine humoristische Betätigung war ja bisher immer eher nischenmäßig, und das ist jetzt, allein weil es Amazon Prime ist, dazu geeignet, auch ein großes Publikum zu erreichen. Das ist jetzt der Versuch, das einmal hinzubekommen. Ich kann ja nicht immer nur sagen, dass ich alles scheiße finde. Ich muss es dann auch einfach mal besser machen.
Ist das eine Mischung aus „Fleisch ist mein Gemüse“ und „Jürgen“?
Heinz Strunk: Das würde ich jetzt nicht sagen. Ich glaube, dass ist eine Art Humor im Stil von Loriot, im Idealfall natürlich oder von Gerhard Polt. Das sind ja die paar Sachen, die wirklich gut sind und auf die man sich einigen kann.
Wie haben Sie recherchiert, waren Sie selbst vorher auf Mallorca?
Heinz Strunk: Nein, da habe ich einfach Fernsehen geguckt, dafür muss man ja nicht extra an den Ballermann fahren. Da gibt es ja genug Beiträge. Man kann es sich denken, wie es da so ist und so ist es dann ja auch. Wir haben da drei Wochen gedreht und da gab es jetzt keine Überraschungen.
Wie war das vor Ort? Sind Sie erkannt worden?
Heinz Strunk: Überhaupt nicht.
Sie sehen in der Rolle ja auch verfremdet aus.
Heinz Strunk: Ich werde nie erkannt. Um erkannt zu werden, muss man ein Fernseh-Promi sein oder Mainstream machen oder Günter Jauch sein. Wenn ich durch eine Einkaufsstraße gehe, selbst in Hamburg, werde ich nie erkannt. Was ich mache, ist ja Nische, immer noch. Auch die Literatur, immer noch. Wie viele gesichtsbekannte Schriftsteller gibt es denn in Deutschland? Ich wüsste außer Schirach keinen. Aber den würde, wenn er über die Mönckebergstraße ginge, auch keiner erkennen. Juli Zeh, Fitzek vielleicht noch.
Sie haben ja schon erzählt, dass Sie gerne Theater machen und wiederholt auch in Filmen zu sehen sind. Wie ist diese schauspielerische Arbeit für Sie? Ist das ein Anzug, der passt?
Heinz Strunk: Zum Glück ja. Ich hatte anfänglich ja durchaus meine Zweifel, ob ich das packen würde. Ich habe da immer meine gesunden Bedenken.
Was Sie sehr sympathisch macht, die haben ja nicht alle bei dem, was sie machen.
Heinz Strunk: Jede Form von „Hoppla, jetzt komm ich“ ist mir vollkommen fremd. Ich glaube auch nicht, dass ich irgendwie arrogant wäre oder mich verbogen hätte. Das finde ich bescheuert, wenn Leute so werden. Bei mir ist der Erfolg aber auch so spät gekommen, dass ich solche Allüren gar nicht kenne.
Sie hatten ja auch schon Ihre Erfahrungen gemacht als Live-Musiker auf den unterschiedlichsten Bühnen, bevor Sie erfolgreich wurden.
Heinz Strunk: Genau, vielleicht geht es Leuten anders, die so jung erfolgreich sind als Popstars oder so etwas. Vielleicht ist es aber auch eine Charakterfrage. Um auf Ihre Frage nach der Schauspielerei zurückzukommen: Ich bin nun einmal kein ausgebildeter Schauspieler, aber ein paar Sachen kann ich ganz gut, und die Rolle habe ich auch sehr gut gespielt.
Bei Ihnen ist der große Vorteil diese Beobachtungsgabe, und da kann ich nur wieder auf „Fleisch ist mein Gemüse“ zurückkommen. Wenn Sie hier im Rheinland in einem Schützenzelt sind, läuft es wirklich so ab wie Sie das in dem Buch schildern. Selbst die überzeichneten Situationen sind sehr realistisch.
Heinz Strunk: Das ist auch eine Sache, die ich immer wieder höre, wie ich da die Menschen darstelle und beschreibe in meinen Büchern, nicht nur in „Fleisch ist mein Gemüse“, sondern auch jetzt aktuell im „Gelben Elefanten“, das sei ja irgendwie übertrieben. Es ist überhaupt nicht übertrieben. Ich bemühe mich um Objektivität und versuche, die Sachen so zu beschreiben wie sie sind. Schönheit ist die Ausnahme, die Leute sind in ihrer überwiegenden Mehrheit einfach fett. Das zu beschreiben, ist ja nun…
…es ist eben grundehrlich; so dargestellt wie es aussieht. Wie sind denn schriftstellerisch Ihre weiteren Pläne?
Heinz Strunk: Nächstes Jahr kommt ein Roman, dann kommt eine Novelle, und dann wird es wieder ein Erzählungsband sein.