03.06.2024 Die Fußball-EM 2024 kann kommen

Märchenhafte Aussichten?

Von Marcus Italiani

Die Fußball-Heim-EM kann kommen. Die Elf von Bundestrainer Julian Nagelsmann ist bereit. Und die Fans
träumen bereits von einem Sommermärchen 2024.

Es ist nicht alles wie im Jahr 2006. Schon die TV-Übertragung hat sich verändert. Alle Spiele kann man bei der EM 2024 ausschließlich auf Magenta TV schauen. ARD und ZDF zeigen 34 der 51 Begegnungen. Immerhin: Sämtliche deutschen Spiele sowie die Halbfinalspiele und das Finale sind darin enthalten. Auch RTL überträgt zwölf Begegnungen. Natürlich wird es, so das Wetter und die Leistung der deutschen Mannschaft es hergeben, auch wieder zahlreiche Public-Viewing-Veranstaltungen geben. Die sportliche Euphorie wurde nach zuletzt guten Leistungen der Nationalmannschaft im Land wieder entfacht: „Ich denke, wir müssen so selbstbewusst sein, unter die ersten drei kommen zu wollen und das auch als Ziel zu definieren“, sagt René Adler überzeugt. 

Das Gesicht der Mannschaft

Der ehemalige Nationaltorwart ist als Experte für das ZDF-Morgen-/ZDF-Mittagsmagazin im Einsatz. Und er weiß: „Eine Mannschaft muss ein Gesicht haben. In den vergangenen Jahren wurde das etwas vernachlässigt. Ich muss wissen, wie Spieler unter gewissen Drucksituationen agieren. Daher sollte das Team sich einspielen und eine Achse finden. Und um diese Achse herum muss ich Spieler entdecken, die vielleicht in einem bestimmten Match ihr Momentum finden. Aber diese Achse ist zuletzt meiner Meinung nach etwas zu kurz gekommen. In einem Mannschafts-Konstrukt gibt es verschiedene Rollenbeschreibungen, und diese müssen perfekt zueinanderpassen, um den Mannschaftserfolg am Ende zu gewährleisten.“

Positive Überraschungen

Diesen Erfolg traut auch die ehemalige Nationaltorhüterin Almuth Schult Julian Nagelsmann zu. „Ich finde, dass sich etwas zum Positiven gewendet hat. Durch Julian Nagelsmann und die letzten beiden Länderspiele gegen Frankreich und die Niederlande wurde die Erwartungshaltung wieder gesteigert. Vor allem, weil er nicht nur darauf achtet, wer gerade in bestechender Form ist, sondern auch, wer zur Mannschaft passt. Zudem haben einige seiner Nominierungen im positiven Sinne für Überraschungen gesorgt“, sagt die Fußballerin, die aktuell wieder für den HSV aufläuft und genau verfolgt, wie Hamburg sich langsam für die EM in Schale schmeißt. „Wenn man mit den Verantwortlichen spricht, dann ist das Thema allgegenwärtig,“, sagt sie und freut sich auf das Turnier, „weil Hamburg ohnehin eine Stadt mit internationalem Flair ist“, so Schult, die als TV-Expertin für die ARD vor Ort sein wird. Apropos Experten: Wie stehen die beiden Sportler zu den Kollegen, die oftmals mit ihren Statements polarisieren und weit häufiger die Schlagzeilen bestimmen als das Spiel selbst.

Adler: „Gerade wenn es sich dabei um Ex-Kollegen handelt, frage ich mich manchmal: Habt ihr vergessen, dass ihr auch mal Profis gewesen seid? Ihre Meinung ist manchmal so weit weg von dem, was sie gedacht haben, als sie selber Spieler waren, dass es schon auffällig ist. Und natürlich bekommen die von ihnen kritisierten Spieler diese Äußerungen über die Medien mit und denken sich: Warum sagt er das? Er müsste es doch besser wissen."

Fachwissen. Perspektive. Persönliche Meinung

Der Ex-Nationaltorhüter hat selbst eine klare Linie, der er als Experte folgt: „Die Intention eines guten TV-Experten sollte es immer sein, den Zuschauern Perspektiven aufzuzeigen, zu erklären und diese auch zu werten. ‚Fachwissen. Perspektive. Persönliche Meinung.‘ Das war immer meine Reihenfolge. Es ist auch nicht immer so, dass eine Meinung richtig ist. Es gibt zu jedem Thema viele verschiedene Ansichten, und das ist auch gut so.“ Diese Bandbreite schätzt auch Almuth Schult. „Es gibt verschiedene Blickwinkel, verschiedene Ansätze und verschiedene Experten. Da braucht es mal eine fachliche Meinung, manchmal auch den kritischen Kommentar. Alles hat dabei seine Berechtigung. Nicht umsonst diskutieren die Fans ja nach dem Spiel in der Kneipe weiter. Und da ist man doch froh, dass es verschiedene Meinungen gibt. Ich selbst versuche, authentisch und gut vorbereitet zu sein, um Dinge einordnen zu können. Es ist und bleibt aber eine Herausforderung, weil man vorher nicht weiß, was kommt“, sagt sie. Letzteres ist vor allem der Fall, wenn plötzlich Mannschaften das Turnier beherrschen, die zuvor niemand zu den Favoriten zählte. 1992 war das Dänemark, 2004 Griechenland, 2016 Wales und Island. „Hoffentlich hat man sich schon vorher bereits informiert“, sagt Almuth Schult und lacht.

„Grundsätzlich versuche ich, mich auf jede Mannschaft gleich vorzubereiten. Natürlich ist es bei Spanien oder Deutschland weniger Arbeit, weil man die Spieler aus dem Effeff kennt. Das wird bei Georgien, Slowenien oder Albanien anders sein. Da muss man mehr Arbeit reinstecken. Aber grundsätzlich muss man auch bei diesen Mannschaften sagen können, bei welchem Verein die Spieler spielen und was sie in der Saison gemacht haben. Glücklicherweise hat man auch noch ein bis zwei Statistiker im Hintergrund, die vor dem Spiel nochmal viele Informationen zusammenstellen. Aber schön ist, wenn man aus eigener Erinnerung noch etwas beitragen kann.“ 

Als deutsches Überraschungs-Team gilt in der abgelaufenen Saison sicherlich Bayer Leverkusen, der Verein für den René Adler lange das Tor saubergehalten hat. Er denkt, dass diese Saison auch Auswirkungen auf die Zusammenstellung des deutschen Kaders hat. „Man muss in diesem Zusammenhang aber eigentlich auch den VfB Stuttgart in einem Atemzug nennen. Denn das, was dort geleistet wird, ist fast noch unglaublicher. Wenn man sieht, dass Sebastian Hoeneß eine Mannschaft, die in der vergangenen Saison Relegation spielen musste, mit einem beinahe identischen Kader zu einem Champions League-Team geformt hat, dann ist das mindestens auf einer Ebene mit dem, was Leverkusen leistet. Und das hat sich zu Recht in den Nominierungen der jüngsten Länderspiele widergespiegelt.“

Vorrundenspiele Deutschland 

  • Freitag, 14. Juni, 21 Uhr Deutschland - Schottland ZDF / Magenta TV
  • Mittwoch, 19. Juni, 18 Uhr Deutschland - Ungarn ARD / MagentaTV
  • Sonntag, 23. Juni, 21 Uhr Schweiz - Deutschland ARD / MagentaTV

Das könnte Sie auch interessieren