13.10.2025 Im Interview

Mariele Millowitsch über ihre Rolle in "Von uns wird es keiner sein"

Der Film "Von uns wird es keiner sein" thematisiert eine anonyme Suiziddrohung an einem Gymnasium. Die vier Abiturienten Waldi, Julia, Tom und Mina stehen im Zentrum, begleitet von Lehrerin Gabi Trautstein, gespielt von Mariele Millowitsch.
Eine Szene mit Mariele Millowitsch aus "Von uns wird es keiner sein".
Frau Trautstein (Mariele Millowitsch) und ihre Schüler sehen im Unterricht das seltsame Video mit der Suiziddrohung. Fotoquelle: ZDF und Martin Valentin Menke

In „Von uns wird es keiner sein“ erschüttert eine anonyme Suiziddrohung, die per Video abgespielt wird, das Leben an einem Gymnasium. Die vier angehenden Abiturienten Waldi, Julia, Tom und Mina sind sicher, dass es von ihnen keiner gewesen sein kann. In den nächsten Tagen zeigt sich aber, dass jeder von ihnen Geheimnisse und Probleme hat. Mariele Millowitsch spielt eine Lehrerin der Schule. Mit ihr haben wir über den Film und seine Hintergründe gesprochen.

prisma: Wie sind Sie mit dem Film „Von uns wird es keiner sein“ in Berührung gekommen und was hat Sie davon überzeugt, mitzuspielen?

Mariele Millowitsch: Damit in Berührung gekommen bin ich über Warner, weil ich auch die „Marie Brand“ für Warner drehe. Da sind wir oft alle zusammen und irgendwann kam das Gespräch auf das Projekt. Ich habe mich für das Thema interessiert und fand es sehr spannend. Dann kam eins zum anderen und ich war besetzt.

In welches Genre würden Sie den Film einordnen? Er hat Elemente von Krimi, aber auch Drama, Komödie und anderes klingen an…

Das ist so eine Mischung, die ich gerne mag. Wenn man ein tragisches Drama erzählt, dann mag ich es, wie die Amerikaner das oft gut handhaben: Da wird auch bei den ernstesten Themen der Zuschauer für einen Moment losgelassen, sodass er für den Moment auch mal Heiterkeit spürt. Es muss natürlich passen, das geht nicht immer. Ich wähle gerne das Beispiel „Dead Man Walking“ mit Sean Penn und Susan Sarandon, wo es darum geht, ob der Mann im Gefängnis umgebracht wird, oder nicht. Da sitzen die beiden Nonnen in einer Szene zusammen und eine fragt: Wo können wir den denn beerdigen, wenn das nicht hinhaut. Die andere Nonne sagt, dass der Friedhof voll ist und nur noch ein einziger Platz neben einer bestimmten Schwester frei ist. Und dann fängt die eine Schwester an, zu lachen – das kann man als Zuschauer zuerst gar nicht sehen. Da denkt man erst, dass sie weint. Aber die beiden kriegen einen Lachkrampf, weil die dort beerdigte Schwester eine Männerhasserin vor dem Herrn war. Und das mag ich einfach bei den Amis – die machen sowas, und dann muss man mitlachen. Ansonsten ist das auch bei unserem Film natürlich ein sehr, sehr ernstes Thema.

Im Mittelpunkt des Films stehen vier junge Menschen kurz vor dem Abitur, die alle Geheimnisse und Probleme haben, die sie selbst den besten Freunden nicht offenbaren möchten. Ist es heutzutage – auch wegen Social Media – besonders schwierig, erwachsen zu werden?

Ich stelle es mir so vor, ja. Als ich jung war, gab es keine Social Media, keinen Computer, nichts. Das war schon schön. Da waren wir selbst anders und auch mit unseren Freunden anders beschäftigt. Heute gibt es so viel, was auf die jungen Leute einprasselt, und es gibt auch diese wirklich dummen Dinge, die über das Internet kommen. Da muss man sehr fokussiert sein und die Kraft haben, zu sagen: Lasse ich das zu oder nicht? Das finde ich schwierig. Also, heute groß zu werden, finde ich wirklich nicht einfach.

Es ist ja selbst für Erwachsene manchmal schwer, sich dem zu entziehen…

Ich persönlich habe gar nichts an Social-Media-Kanälen. Ich nutze natürlich das Internet, aber auf diesen ganzen Plattformen bin ich nicht vertreten. Das will ich auch nicht.

Suizid und psychische Probleme oder Erkrankungen sind das große Thema des Films. Wie war die Stimmung? Es gab ja sogar eine Begleitung am Set…

Das stimmt, für die jungen Leute gab es eine Begleitung am Set und auch Beratung. Das sind Themen, mit denen man nicht spaßen sollte. Man muss immer klar machen: Es gibt einen Ausweg! Sich das Leben zu nehmen, ist keine Lösung, es gibt immer Möglichkeiten, zu handeln. Das finde ich ganz wichtig! Bevor man eine Verzweiflungstat unternimmt… Bei mir, bei meiner Rolle, war jetzt keine Unterstützung da, aber ansonsten weiß ich, dass es das für die Kollegen gab, und ich finde das auch richtig.

Sie spielen die Lehrerin Gabi Trautstein. Was für ein Typ ist sie? Was macht die Rolle aus?

Die Rolle hat mir gefallen. (lacht) Die ist einfach schon so lange Lehrerin, der kann man nichts mehr vormachen. Ich will jetzt nicht den Begriff abgebrüht benutzen, aber sie ist völlig klar. Sie hat in ihrem Leben gelernt, dass man Abstand zu den Schülern halten muss. Im Gegensatz zu ihrem jungen Kollegen Ritchie, der immer denkt, man muss auf einer Ebene mit den Schülern sein. Nein, das klappt nicht, und das weiß Frau Trautstein. Deswegen nimmt sie sich den Kollegen auch zur Brust und sagt ihm: Du musst dich abgrenzen! Ich mochte es, dass sie Kettenraucherin ist. (lacht) Das habe ich zwar mit Kräuterzigaretten üben müssen, aber ich fand es irgendwie cool. Ich mochte sie vom Typ her. Ich musste auch nicht lange ins Make-up, ich bin überhaupt nicht geschminkt worden (lacht), das war schon ganz angenehm.

Würden Sie sich persönlich in Gabi wiedererkennen? Würden Sie in einer Situation wie im Film ähnlich agieren wie Gabi, oder ganz anders, mir viel mehr Empathie?

Ich würde es wahrscheinlich nicht schaffen, mich abzugrenzen. Dafür bin ich zu emotional.

Haben Sie während der Dreharbeiten selbst noch etwas dazugelernt über psychische Erkrankungen und Depression? Gab es Aha-Momente?

Nein, dazu habe ich zu wenig mit den jungen Leuten gearbeitet. Ich hatte nicht so viele Drehtage, und die wenigen bezogen sich auf die Schule und auf den Chemieunterricht. Insofern hatte ich nicht so viel Zugang zu den jungen Leuten. Die haben mir aber große Freude gemacht, ich habe sehr gerne mit ihnen gedreht. Die waren wirklich Klasse, die vier!

Der Film ist Teil des Themenschwerpunkts „Psychisch stark – Wege aus der Depression” und steht in Zusammenhang mit der "Woche der seelischen Gesundheit". Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, das Thema in den Mittelpunkt zu stellen?

Zunächst einmal muss man wissen, dass Depressionen sehr weit verbreitet sind. Aber das ist keine böse Krankheit, das ist nicht ansteckend, das ist nicht eklig. Es kann einen erwischen, wenn man sozusagen seine Mitte verliert. Die Leute sollen wissen, dass es Hilfe gibt, und dass man darüber sprechen kann. Man wird nicht sofort stigmatisiert. Ich finde es wahnsinnig wichtig, zu wissen, dass man dazu stehen kann und Hilfe bekommt. Ich habe das in meinem eigenen Bekanntenkreis erlebt. Und Betroffenen hilft es auf keinen Fall, wenn jemand sagt: „Nun stell dich doch nicht so an.“ Das geht einfach nicht.

Deshalb wird auch im Abspann auf die verschiedenen Hilfsangebote hingewiesen?

Auf jeden Fall, ja.

Soll der Film einen Beitrag dazu leisten, das gesellschaftliche Tabu rund um psychische Erkrankungen zu durchbrechen?

Absolut. Deswegen finde ich es wichtig, dass es diesen Film gibt und dass es die Initiative gibt. Wie wir eben schon festgestellt haben: Was über Social Media alles auf einen einprasselt – damit ist auch ein erwachsener Mensch oft überfordert. Da kann ich mir einfach vorstellen, dass es für junge Menschen irgendwann zu viel wird.

An welchen weiteren Projekten arbeiten Sie momentan?

Ich muss wieder fleißig böse Menschen jagen (lacht), also ich bin wieder als Frau Brand unterwegs, noch bis Ende Oktober. Das macht mir große Freude, mir gefallen die Bücher sehr. Im nächsten Jahr drehen wir wahrscheinlich sogar drei neue Folgen. Ansonsten bin ich mit Walter Sittler und der „Alten Liebe“ unterwegs. Das ist das Buch von Elke Heidenreich und Bernd Schroeder, das die Tochter von Walter Sittler zu einer sehr schönen Lesefassung arrangiert hat. Ich mag den Humor von Elke und beim Publikum kommt die Lesung auch sehr gut an. Außerdem bin ich mit einem weiteren Leseprogramm mit Johanna Gastdorf und Jan-Gregor Kremp auf Tour. Es heißt „Wie alt bist du eigentlich“ und enthält Texte über das Altwerden. Daran habe ich auch Spaß. (lacht)

Was sind drei Streaming-Tipps von dir für unsere Leser?

Selenskyj: Vom Entertainer zum Staatsmann (arte), Diener des Volkes (Serie mit Selenskyj als Schauspieler in der Rolle des Präsidenten) und "Only Murders in the Building" - bitte möglichst in der Originalversion anschauen. (Disney+)

„Von uns wird es keiner sein“ Montag, 20. Oktober, 20.15 Uhr im ZDF sowie Freitag, 17. Oktober, 20.15 Uhr auf arte
Zudem bereits in der Mediathek.