prisma: Wie stehen Sie persönlich zu Künstlicher Intelligenz?
Tom Beck: Ich war am Anfang sehr skeptisch, das hängt wahrscheinlich mit meinem fortgeschrittenen Alter zusammen. (lacht) Ich habe mir sämtliche Science-Fiction-Horror-Szenarien ausgemalt: KI ist gefährlich, das übernimmt irgendwann alles, es wird zu einem Krieg führen… Mittlerweile bin ich zum Entschluss gekommen, dass die Dosis das Gift macht und KI als Arbeitshilfe im Alltag recht nützlich sein kann. Ich nutze sie nahezu täglich.
Auch in Bezug auf Ihre Arbeit als Schauspieler?
Noch selten, aber klar, ich könnte mir irgendwelche Rollenprofile oder fiktive Biografien erstellen lassen, denn ich sehe KI als potenziellen Sparringspartner, der einem kreative Ideen zuspielen und als Inspiration dienen kann. Letzten Endes sind wir Menschen jedoch individuell und einzigartig, und gerade im Bereich Bühne und Musik nicht so schnell ersetzbar. Dennoch zeigt eine Serie wie „the other gAIrl“ sehr eindrucksvoll, was mit einem Avatar so alles möglich ist. Und es macht einem natürlich auch ein Stück weit Angst, wohin das alles noch führen kann.
Kommen wir auf die Serie zu sprechen. Zählt es als Fremdgehen, wenn man mit einer KI flirtet?
Das ist eine sehr schwierige Frage, auf die jeder für sich selbst eine Antwort finden muss. Es handelt sich zwar nicht um eine reelle Person, mit der man körperliche Nähe teilt, jedoch vertraut man der KI ja seine intimsten Gedanken an. Und wenn man ständig mit jemand anderem chattet und diesen Avatar vielleicht sogar als erste Anlaufstelle bei Problemen nutzt, fühlt es sich wie Betrug an. Außerdem ist das Suchtpotenzial dahinter sehr groß. Und es gibt ja genug Männer, die mit irgendwelchen vermeintlichen „Frauen aus ihrer Nachbarschaft“ schreiben… Das ist nicht ganz neu.
Allzu weit entfernt ist die Serie nicht von der Realität: Chat GPT plant ein Erotik-Feature. Wurde das auch am Set diskutiert?
Tatsächlich haben unser Regisseur und unsere Autorin diverse Sachen ausprobiert, sich mit Avataren unterhalten und mit der KI geflirtet. Ich muss gestehen, dass ich da nicht die Zeit für hatte und mich nur ins Buch eingearbeitet habe.
Hat sich der Dreh stellenweise merkwürdig angefühlt?
Eigentlich nicht, ich kann da ganz gut unterscheiden und abschalten. Ich mache beim Schauspielern immer den Schritt von mir weg und in die Rolle rein. Natürlich fühlt es sich trotzdem nicht ganz normal an, wenn man da am Rechner sitzt und sich mit einem Avatar unterhält. Wobei man sagen muss, dass ich in dem Moment ja nicht das finale Ergebnis gesehen habe. Es gab keinen Avatar, keine Maia. Stattdessen habe ich mit Regieassistent Andi interagiert, der den Gegenpart übernommen hat. Die Herausforderung besteht darin, dennoch glaubhaft zu spielen, dass man gerade mit einer KI flirtet.
Lisa kritisiert Frank in der Serie für zu viel Handyzeit. Kennen Sie das Problem?
Das kenne ich nur zu gut! Allein schon berufsbedingt. Eigentlich würde ich das Handy gerne öfter beiseitelegen. Wenn ich Zeit mit den Kindern verbringe, klappt das besser, aber auch nicht immer so, wie ich es mir wünsche, denn manche Dinge möchte ich dann doch noch bis 18 Uhr erledigen, bevor ich keinen mehr erreiche. Gerade beim Thema Bau legen die Handwerker spätestens um 16 Uhr die Arbeit nieder, und ich kann nichts mehr klären.
Glauben Sie, dass KI-Modelle Schauspieler ersetzen werden/können?
Nicht in den nächsten zwei bis vier Jahren. Aber wenn wir zehn Jahre in die Zukunft schauen und sich KI weiterhin so entwickelt, wie bisher, dann auf jeden Fall. KI-Modelle werden jegliche Facetten abbilden können, auch das vermeintlich Spontane, Individuelle. Definitiv nicht in der Live-Musik und auf der Bühne, aber im Digitalen sehe ich keinen Grund, weshalb KI nicht Überhand nehmen könnte. Das ist natürlich sehr pessimistisch, und ich hoffe, dass ich bis dahin meine Schäfchen im Trockenen habe und nicht mehr auf die Schauspielerei angewiesen bin. Und natürlich hoffe ich auch, dass es gar nicht erst soweit kommt.
„the other gAIrl“
Sonntag, 23. November, ab 20.15 Uhr alle sechs Folgen in ZDFneo und vorab in der ZDF-Mediathek verfügbar