10.11.2023 Gesundheit

Neue Hoffnung für Menschen mit Typ-2-Diabetes und Adipositas

Von Annette Schneider
Experten haben Ihre Fragen rund um den Weltdiabetestag in der prisma-Aktionswoche „Gesundheit“ vom 11. bis 17. November beantwortet.
Experten haben Ihre Fragen rund um den Weltdiabetestag in der prisma-Aktionswoche „Gesundheit“ vom 11. bis 17. November beantwortet. Fotoquelle: GettyImages/ Svisio; Dirk Michael Deckbar

Schon lange steht fest: es besteht ein Zusammenhang zwischen Übergewicht und Diabetes-Risiko. Wer mit Diabetes Typ-2 lebt, hat häufig Übergewicht – und umgekehrt. Auch Vererbung spielt eine große Rolle. Wie kann man den Ausbruch verzögern? Welche modernen Therapien gibt es? Lässt sich die Stoffwechselerkrankung rückgängig machen? Experten beantworten Ihre Fragen rund um den Weltdiabetestag in der prisma-Aktionswoche „Gesundheit“ vom 11. bis 17. November.

Eine Gewichtsreduzierung zählt zur grundlegenden Therapie bei der Behandlung der Stoffwechselerkrankung unter der Millionen Deutsche leiden. In vielen Fällen kann eine Änderung des Lebensstils sogar einen sich anbahnenden Typ-2-Diabetes verhindern. Doch wer die Stoffwechselerkrankung schon über einen längeren Zeitraum hat, bei dem funktioniert das oft nicht mehr. Vor allem bei Menschen, die starkes Übergewicht (Adipositas) haben. In den letzten Jahren wurden die Zusammenhänge entschlüsselt. Forschende haben medikamentöse Therapien entwickelt, die nicht nur eine Verbesserung des chronisch erhöhten Glukosespiegels, sondern auch eine nachhaltige Gewichtsabnahme ermöglichen. Wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft meldet, sind für gute Behandlungserfolge eine nachhaltige Gewichtsreduktion und die konsequente Ernährungsumstellung sowie Bewegung entscheidend. Wenn jedoch mit dieser konservativen Basistherapie die individuellen Therapieziele und die Gewichtsreduktion nicht erreicht werden können, erfolgt aktuell in Absprache mit dem Arzt eine Therapie mit einem mehrstufigen Übergang hin zum chirurgischen Eingriff. Dies kann nun – nach der Meinung von Experten – durch die nächste Generation von Medikamenten verhindert werden. Die neuen (Weiter-)Entwicklungen bei verfügbaren Medikamenten könnten also langfristig auch konservative Methoden unterstützen und eine Alternative zur chirurgischen Intervention sein.

Interview mit Dr. Kröger

prisma sprach mit Dr. Jens Kröger, Facharzt für Innere Medizin und Diabetologie, darüber, warum Betroffene oft über Jahre nicht bemerken, dass sie Typ-2-Diabetes haben und wie man die Stoffwechselerkrankung wieder loswerden kann. Kröger ist Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche DiabetesHilfe.

Millionen Menschen haben Diabetes oder Prädiabetes, ohne es zu wissen. Diese unbehandelten Patienten haben ein hohes Risiko für Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen oder Durchblutungsstörungen in den Beinen. Wie kann man denn überhaupt sein individuelles Diabetes-Risiko feststellen?

Dr. Jens Kröger: Gesetzlich Krankenversicherte haben Anspruch auf einen kostenlosen Check-up beim Hausarzt und ich rate jedem dazu diesen auch wahrzunehmen. Vom 18. bis 34. Lebensjahr kann die Vorsorgeuntersuchung einmal  in Anspruch genommen werden. Ab dem 35. Lebensjahr alle drei Jahre. Bei dem Check-up 35 wird der Glukose-Nüchternwert per Blutuntersuchung festgestellt. Darüber hinaus gibt es noch den Diabetes-Risikotest auf unserer Homepage (https://www.diabetesde.org/risikotest). Er gibt eine statistische Risikoabschätzung ab, wie hoch das persönliche Risiko ist innerhalb der nächsten zehn Jahre an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Er ersetzt aber nicht eine ärztliche Untersuchung.

Diabetes Typ 2 kommt nicht von einem auf den anderen Tag, sondern die Stoffwechselkrankheit verläuft schleichend über viele Jahre. Gibt es denn körperliche Warnzeichen und einen besonders ungünstigen Lebensstil?

Dr. Jens Kröger: Weil die Stoffwechselerkrankung schleichend verläuft, wird sie von vielen nicht oder zu spät bemerkt. Kribbeln in den Füßen kann beispielsweise ein Warnzeichen bei Typ-2-Diabetes sein. Besonders schädlich ist Übergewicht, mangelnde Bewegung und ballaststoffarme Ernährung, Rauchen, Schlafmangel und Stress. Wenn dann noch der Faktor Vererbung dazu kommt, weil nahe Verwandte wie Mutter oder Vater an Diabetes leiden, ist das Risiko für Diabetes besonders hoch. Ganz wichtig zu wissen ist, dass man den Ausbruch der Krankheit durch Bewegung, Ernährung und Reduzierung von Stress vermeiden, hinauszögern oder im besten Fall wieder loswerden kann. Wichtig ist aber diese Zeit vor dem Ausbruch von Diabetes-Typ-2 abzupassen, weil genau in der Phase auch mögliche Folgeerkrankungen bereits angelegt werden können.

Den Ausbruch und Verlauf von Typ-2-Diabetes können Betroffene also durch aktives Selbstmanagement und einen gesünderen Lebensstil selbst beeinflussen und steuern. Welche modernen Hilfsmittel stehen ihnen dabei zur Verfügung, wenn der Diabetes Typ 2 bereits manifestiert ist?

Dr. Jens Kröger: Es gibt beispielsweise sehr nützliche Apps auf Rezept, die können Menschen mit Typ 2 Diabetes enorm unterstützen, etwa die „Vitadio oder Mebix App“ die vom Hausarzt verschrieben werden können. Auch empfehlenswert sind kontinuierliche Glucose-Mess-Sensoren. Diese messen alle 5 Minuten den Zuckergehalt im Gewebe indem sie, je nach Produkt, auf Bauch oder Oberarm für 7 bis 14 Tage gesetzt werden . Mit Hilfe der Daten kann man kontrollieren, wie der eigene Körper auf die Zufuhr von Kohlenhydraten reagiert und bei einer bestehenden Insulintherapie wird man bei drohendem Unterzucker gewarnt. Auch ohne moderne Hilfsmittel gilt grundsätzlich die einfache Regel: erst Eiweiß und dann Kohlenhydrate verzehren – mit einem Abstand von rund zehn Minuten, dann steigt der Blutzucker nicht so stark an.

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