05.01.2016 Bildband

Wohnen auf dem Wasser: Wenn Träume wahr werden

Schiffe zum Leben: Das "Exbury Egg", eine Künstler-Behausung auf dem Beaulieu River in Südengland, hebt und senkt sich mit den Gezeiten.
Schiffe zum Leben: Das "Exbury Egg", eine Künstler-Behausung auf dem Beaulieu River in Südengland, hebt und senkt sich mit den Gezeiten. Fotoquelle: Nigel Rigden; FLODD; Navid Baraty; Knesebeck Verlag

Die Mieten steigen, Deutschland steigt auf Haus boote um. Sie machen viel Arbeit, sind aber irre gemütlich.

Manche Wohnboote wirken, als wären sie von Frank Lloyd-Wright, dem großen Architekten, höchstselbst entworfen worden. Andere gemahnen an eine Ausgabe der Arche Noah, nur ohne das viele Viehzeug – überleben ist alles. Bei den meisten Booten aber handelt es sich um ausgediente Schleppkähne, die sich ans Ufer eines stillen Kanals kuscheln.

Die Mieten in den Städten steigen ins Unbezahlbare und Deutschland steigt um. Wasser wird zum Wohnort. Holländische, englische oder thailändische Dimensionen sind noch nicht erreicht, aber der Trend ist unübersehbar.

Siedeln auf dem Wasser

Städte wie Hamburg oder Berlin nehmen für sich in Anspruch, wasserstädtischer als Venedig zu sein; Duisburg und Dortmund streben ein verstärktes Siedeln auf dem Wasser an; die gefluteten Braunkohlegruben in der Lausitz bieten Wohnraum in toller Umgebung, nur ohne Zierrasen und Gartenzaun.

Wie das demnächst aussehen könnte, zeigt der handliche und schön fotografierte Bildband "Mein cooles Hausboot". Die Autoren Jane Field-Lewis und Richard Maxted sind um die Welt gezogen, um Beispiele gehobenen Bootwohnens zu sichten.

Dabei sind sie besonders in Berlin fündig geworden, beim lichtdurchfluteten gläsernen Hausboot von Chris und Oliver Laugsch. Es liegt auf dem Rummelsburger See in einer Friedrichshainer Spreebucht. Von der Optik her ein Zwitter aus Bungalow und Freibad, von einem Holländer in dänisch-minimalistischer Klarheit eingerichtet.

Das schiere Gegenteil ist die "Odin", ein Stahlkoloss aus dem Jahre 1892, den der Künstler Brad Hwang 1990 in verrostetem Zustand in Berlin-Mitte entdeckte. Seitdem ist er, wohnend und unentwegt werkelnd, mit seiner Familie in dem 30 x 4 Meter großen Schiff vor Anker gegangen, das seinerseits unter einer üppigen Trauerweide seinen Hafen gefunden hat.

Das Wasser siegt immer

Das Wohnen auf dem Boot, so romantisch und individuell es auf den ersten Blick anmutet, ist mit unendlich viel Arbeit außen- wie innenbords verbunden. "Das Wasser siegt immer", wissen Schiffer und Bootsbewohner, aber natürlich lässt sich dieser Sieg eine Zeit hinauszögern, oft länger als ein Leben.

Die Berlinerin Imke Wangerin hat ihren Yoga-Kahn (Coaching- und Yogaraum auf dem Oberdeck) "African Queen" genannt, nach dem Filmklassiker. Kaum war er nach jahrelanger Arbeit restauriert, sank er; mit Hab und Gut und Katze.

Aber Imke gab nicht auf. Freunde, Familie und Feuerwehr packten an, drei Monate später war sie wieder eingezogen. "Wenn Träume wahr werden sollen", sagt sie, "muss man schon selbst dafür sorgen."