"Rufmord" im ZDF

Tribunal beim Elternabend

von Jasmin Herzog

Eine junge Lehrerin, eigentlich beliebt bei ihren Schülern, wird mit einem Nacktfoto gemobbt. Es ist im Internet aufgetaucht, weil ihr Ex-Freund sich an ihr rächen wollte. Das beim Filmfest München ausgezeichnete Drama "Rufmord" feierte im November 2018 bei ARTE seine TV-Premiere. Nun ist der Film zur besten Sendezeit im ZDF nochmal zu sehen.

ZDF
Rufmord
Drama • 01.04.2019 • 20:15 Uhr

Facebook-Attacken, gehackte Bankkonten, und immer noch Cybermobbing: Die Untaten im Internet hören nicht auf, trotz verstärkter Kontrollen und Verschlüsselungen. So gesehen bietet der Film "Rufmord", den das ZDF nun zeigt, nicht unbedingt Neues. Doch zeitlos ist der TV-Film, der beim Filmfest München den Bernd-Burgemeister-Preis der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten (VFF) gewann, allemal. War es im ARD-Film "Homevideo" (2011) noch ein Schüler, den eine Smartphone-Kampagne mit obszönen Bildern traf, so ist es hier eine Lehrerin, von der plötzlich ein Nacktfoto auf der Homepage ihrer Schule erscheint. Ein verlassener Freund hatte es vor vielen Jahren auf eine "Racheseite" gestellt, wie man später erfährt.

Luisa Jobst (Rosalie Thomass), die ihre Schüler eigentlich mögen, hat fortan keine Ruhe mehr. Freche Schüler machen sich über die Lehrerin lustig, neidvolle Kolleginnen sehen in der Peinlichkeit ihre Chance. Ein Weiteres besorgt eine gefakte Seite, auf der die Lehrerin zu sexuellen Diensten einlädt. Die einfältige Schuldirektorin stellt sich unter dem Druck der Kolleginnen alsbald gegen Luisa. Sie beruft einen Elternabend ein, bei dem Luisa vor keifenden Eltern hingerichtet wird – eine Art Tribunal. Am Ende wird die Lehrerin beurlaubt, um über den Vorfall in Ruhe nachzudenken.

Besonderes Interesse an Luisas Beurlaubung könnte der Hoch- und Tiefbau-Unternehmer Bär (Johann von Bülow) haben. Bär ist Vater eines Sohnes, den Luisa mangels Begabung für den Übertritt aufs Gymnasium nicht empfiehlt. Und das, obwohl Herr Bär der Schule immer wieder allerlei finanzielle Wohltaten zukommen lässt. Bär versucht auch, Luisa umzudrehen – was ihm aber trotz aller bewundernswerter Rhetorik nicht gelingt.

Währenddessen zieht das Mobbing im Dorf vor den bayerischen Bergen immer weitere Kreise – sei es im Cyberspace oder in der örtlichen Kneipe. Weil hier jeder jeden kennt, werden bald am Stammtisch anzügliche Witze gemacht. Luisas neuer Freund, der Schreiner Finn (Shenja Lacher), wird denn auch gleich mit gemobbt. Schließlich hat er wegen Luisa seine Frau verlassen. Gut, dass die resolute Wirtin eine von ihm ausgelöste Schlägerei gerade noch verhindert.

Dass es auf Luisas Handy immer wieder anzügliche Geräusche und Mitteilungen gibt, lässt sich denken. All das wäre vom Thema her nicht neu. Allerdings wird Luisa von Rosalie Thomass als absolut sympathische, in sich ruhende Frau gespielt, von der man lange hofft, dass sie sich zu wehren weiß. Zwischen die Mobbing-Umtriebe und Luisas Nervenkrieg, der schließlich in einem Zusammenbruch mündet, schiebt sich von Beginn an in kurzen Einschnitten immer wieder die Suche der Polizei nach Luisa. Denn die Lehrerin ist bereits zu Beginn des Films verschwunden, Luisas Schicksal wird im Film von Viviane Andereggen somit vom Ende her erzählt. Diese zweite Ebene ist gewiss ein spannungsförderndes Element, gleicht aber üblichen "Tatort"-Recherchen. So viel Krimi hätte es hier nicht gebraucht. Man ist daher dankbar, dass es zuletzt doch noch eine überraschende Wende gibt.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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