Polizeiruf 110
11.06.2023 • 20:15 - 21:45 Uhr
Serie, Krimireihe
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Produktionsland
D
Produktionsdatum
2023
Altersfreigabe
12+
Serie, Krimireihe

Verena Altenbergers letzter Fall

Von Eric Leimann

Nach knapp vier Jahren und sechs Folgen macht die außergewöhnliche Schauspielerin Verena Altenberger schon wieder Schluss mit ihrer Kommissarin Bessy Eyckhoff. Im "Polizeiruf 110: Paranoia" zeigt sie zum Abschied noch einmal, wie überraschend und kreativ Krimi-Erzählungen 2023 immer noch sein können.

Wer es mag, wenn in einem Krimi in den ersten Minuten die Leiche dekorativ am Flussufer liegt und danach Kommissare mit Kaffeebecher in der Hand von der Gerichtsmedizin in Einzelheiten eingeweiht werden, wird mit Verena Altenbergers letztem Fall als Münchener "Polizeiruf 110"-Ermittlerin vielleicht Probleme haben. In "Paranoia" gibt es zwar mehr als einen Toten und dazu Schwerverletzte, doch dem üblichen Rhythmus folgt der durchaus besondere Sonntagabend-Krimi nicht. Gut so, denn die Erzählung lebt von ihren Geheimnissen, der schwer vorhersehbaren Entwicklung und einer fiebrigen "Was ist hier wahr?"-Atmosphäre. Zu Beginn begleitet man die Rettungssanitäter Sarah Kant (Marta Kizyma) und Carlo Melchior (Timocin Ziegler) bei einem abendlichen Einsatz. Die beiden werden ins obere Geschoss eines Münchener Mietshauses gerufen, dort soll ein Kampf stattfinden.

Weil sich Carlo beim Treppensteigen verletzt, ist Sarah zuerst am Tatort und findet eine schwerverletzte Frau vor. Einen Angreifer habe sie noch übers Gerüst des Hauses fliehen sehen, sagt sie. Als das Opfer in einer Klinik versorgt ist, erkundigt sich Sarah, die psychisch nicht den stabilsten Eindruck macht, am nächsten Tag nach dem Befinden ihrer Patientin. Doch laut Aktenlage ist diese nie ins Krankenhaus gebracht worden.

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Parallel ermitteln Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger) und Dennis Eden (Stephan Zinner) im Mordfall eines aus Hamburg stammenden, ehemaligen Asylbewerbers. Als eine weitere Bluttat stattfindet, lernt Eykhoff auch Sarah Kant kennen. Leidet die Rettungssanitäterin unter einer schweren psychischen Störung, die ihre Wahrnehmung manipuliert? Oder hat die Frau mit den unglaublichen Geschichten, die sie erzählt, tatsächlich recht?

Ermittlerin Bessie Eykhoff – für Krimi-Traditionalisten schwer greifbar

Der erfrischend rätselhafte Krimi "Paranoia", ein über 90 Minuten überraschend bleibendes Spiel um Schein und Sein, markiert auch den Abschied vom Schriftsteller Claus Cornelius Fischer, Autor der "Und vergib uns unsere Schuld"-Krimireihe. Fischer verstarb im Dezember 2020 an Corona. Seinen tollen Krimi-Plot hat Drehbuchautor Martin Maurer zu Ende gebracht, der Schweizer Tobias Ineichen saß auf dem Regiestuhl. Mindestens ebenso viel Screentime wie Verena Altenberger erhält in diesem Film die aus der Ukraine stammende junge Theaterschauspielerin Marta Kizyma in der Rolle einer schwer zu durchschauenden Rettungssanitäterin. Zuschauerinnen und Zuschauer betrachten etwa die ersten 30 Minuten des Falles aus ihrer Perspektive, wobei man sich nie sicher ist, wie wohl man sich damit fühlt. Die subtile Spannung und Verwirrung, die im Laufe der Geschichte entsteht, erinnert – der Titel verrät es bereits – an das berühmte Paranoia-Kino der 70-er-Jahre, als kritische Filmemacher unsere Gesellschaft und ihre Institutionen als brüchig und wenig vertrauenswürdig dargestellten.

Damals entstanden Filme wie "Die drei Tage des Condor", "Klute" oder auch das Watergate-Drama "Die Unbestechlichen", in denen ebenso wie in diesem Polizeiruf an den Grundfesten von Realität und Ordnung gerüttelt wurde. Es war allerdings auch eine Zeit, in der Verschwörungstheorien noch nicht den Mainstream erreicht hatten. Mittlerweile ist das Genre etwas abgenutzt, was einen die Leistung dieses letzten Altenberger-"Polizeirufs" umso höher bewerten lässt, denn der Krimi zieht seine Geheimnisse und faszinierenden Zweideutigkeiten bis zum Ende durch.

Das zum Teil offene Ende passt zur Figur der Bessie Eykhoff, die sich über sechs Filme immer wieder neu erfand und so für Krimi-Traditionalisten schwer greifbar blieb. Nach zwei interessanten, aber auch etwas überladenden Einstiegsfolgen 2019 folgten die wunderbare philosophische Krimikomödie "Frau Schrödingers Katze" und das vielfach ausgezeichnete Verhör-Meisterwerk "Bis Mitternacht".

Die Nachfolgerin steht fest

Auch Eykhoffs vorletzter Fall "Das Licht, das die Toten sehen" war ein schillernd provokantes Milieu-Drama, bei dem es schwerfiel, auf einfache Art Themen zu identifizieren und Antworten zu finden. Insgesamt war Altenbergers "Polizeiruf 110" eines der mutigsten Formate am Krimi-Sonntagabend im Ersten, weil es Zuschauerinnen und Zuschauer niemals mit erwartbaren Geschichten entließ.

Dazu passt, dass die viel beschäftigte und immer wieder auf der Suche nach Neuem befindliche Österreicherin Verena Altenberger, 35, ihre aufmerksamkeitsstarke Rolle nach relativ kurzer Zeit freiwillig aufgab. Ihre Redakteure beim Bayerischen Rundfunk fanden dazu die passenden Abschiedsworte: "Jeder Film ein Unikat, jeder Fall eine neue Facette, die Polizistin wurde zur Kommissarin und ist sich dabei stets treu geblieben, besonders in ihrer Liebe zu den Menschen: interessiert, wissbegierig, ohne Berührungsängste, nahbar, durchlässig, aufregend, anziehend. Jetzt müssen wir sie ziehen lassen." Besser kann man die Hinterlassenschaft Altenbergers beim "Polizeiruf 110" nicht ausdrücken.

Derweil steht die Nachfolgerin fest: Johanna Wokalek wird neue Münchner Ermittlerin der Sonntagabend-Krimireihe. Ihr erster Fall ist bereits abgedreht. Die Ermittlungen führen Kriminalhauptkommissarin Cris Blohm, die nach einem Auslandseinsatz nach München zurückgekehrt ist, ins Uni-Milieu. Unterstützt wird sie von ihrem Kollegen Dennis Eden, gespielt von Stephan Zinner. Die Ausstrahlung ist für die zweite Jahreshälfte geplant.

Polizeiruf 110: Paranoia – So. 11.06. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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