Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) ermittelt unter Alten und Dementen: ein düster-poetischer Pflegeheim-Thriller, der nun erneut zu später Stunde im Ersten zu sehen ist.
Es ist eine triste Endstation des Lebens, mit der es "Polizeiruf"-Ermittler Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) in seinem 13. Fall zu tun hat. Weil eine verwirrte Seniorin berichtet, in ihrem Altersheim sei ein Mann getötet worden, begleitet der Kommissar die Frau nach Hause. Dort hetzen überforderte Pflegekräfte von Patient zu Patient. Selbst die Toten werden hier erst mal notdürftig zur Seite gestellt, bevor am Morgen Arzt und Angehörige informiert werden. Von Meuffels beschließt, die Nacht im Altenheim zu verbringen, um das seltsame Fluidum aus Verwirrung und Angst besser zu verstehen. Hat es hier tatsächlich einen Mord gegeben? – Wie fast immer kann man sich auf Münchener Krimiqualität am Sonntagabend im Ersten verlassen. Der "Polizeiruf 110: Nachtdienst" (Buch: Ariela Bogenberger, Astrid Ströher, Regie: Rainer Kaufmann) ist ein ruhiges, aber zunehmend abgründiges Krimidrama (2017) mit grandiosem Finale, das nun zu später Stunde erneut zu sehen ist.
Eine der besten von vielen guten Eigenschaften der Krimireihe aus Bayern ist ihre Unberechenbarkeit. Im Prinzip erschafft jeder Von Meuffels-Film seine eigene Erzählwelt. In "Nachtdienst" wandert der Kommissar durch ein eher kärglich ausgestattetes Pflegeheim irgendwo in München. Auch weil sich von Meuffels, in einer Traumsequenz, irgendwann selbst als torkelnder Insasse begegnet, erinnert dieser Film mehr an Thomas Manns Zauberberg als an ein klassisch deutsches Krimi-Sozialdrama.
Natürlich ist es hilfreich, dass in diesem Kammer- und Flurspiel eine ganze Riege betagter Ausnahme-Schauspieler die seltsame Bewohnerschaft mimt. Allen voran Elisabeth Schwarz ("Aus einem deutschen Leben) als demente Zeugin und der im Juni 2022 verstorbene Ernst Jacobi (der Erzähler in "Das weiße Band") als verzweifelter Gerechtigkeitsfanatiker auf den letzten Metern. Dass es am Ende dieses Krimis ein drastisches Finale gibt, welches dem Mörder besser gefallen dürfte als jenem Mann, der ihn jagt, auch das hat Tradition in den existenzialistischen Krimis aus München. Die letzte Folge mit Matthias Brandt als Hauptkommissar Hanns von Meuffels war im Dezember 2018 zu sehen. Seither ermittelte Polizeioberkommissarin Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger), deren letzter Fall "Paranoia" am 11. Juni im Ersten zu sehen war. Fortan wird Johanna Wokalek als Kriminalhauptkommissarin Cris Blohm in der bayerischen Landeshauptstadt auf Verbrecherjagd gehen. Die Ausstrahlung ihres ersten Falls "Little Boxes" (Arbeitstitel) ist noch in diesem Jahr geplant.
Polizeiruf 110: Nachtdienst – Fr. 16.06. – ARD: 23.30 Uhr