Tatort
01.03.2020 • 20:15 - 21:45 Uhr
Serie, Krimireihe
Lesermeinung
Anton Steiner (Lukas B. Amberger, Mitte) wird von den Kriminalhauptkommissaren Felix Voss (Fabian Hinrichs, links) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel, rechts) in seinem WG-Zimmer befragt.
Vergrößern
Theresa Hein (Anja Schneider, links) wird von Kriminalhauptkommissarin Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel, rechts) und ihrem Kollegen (Komparse) an den Tatort geführt.
Vergrößern
Tatort - Die Nacht gehört dir

Diskussion nach Besichtigung des Tatorts: Fabian Hinrichs als Kriminalhauptkommissar Felix Voss, Dagmar Manzel als Kriminalhauptkommissarin Paula Ringelhahn.

Copyright: SRF/BR/Hendrik Heiden
Vergrößern
Von links: Kriminalkommissarin Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid) teilt ihren Kollegen telefonisch die neuen Hinweise mit, die sie von Betty (Lili Färberböck) bekommen hat.
Vergrößern
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2020
Serie, Krimireihe

Die Ermordung des Like-Monsters

Von Eric Leimann

Wer hat eine schöne, kluge und erfolgreiche Frau ermordet, die einfach jeder zu lieben schien? Über diese knifflige Frage tauchen die Franken-Kommissare in einen fast schon poetischen Fall über die Abgründe intensiver Zuneigung ab.

Der sechste Franken-"Tatort" beginnt so ungewöhnlich leicht, wie selten ein Fall der bald 50 Jahre alten Krimi-Reihe zuvor. Kommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) radelt durch die sommerlich Metropolregion Frankens, um auf einem Markt Honig einzukaufen. Bald erfahren wir: Er tut dies häufiger, als es dem Blutzuckerspiegel guttun würde – weil er in die sympathische Honigverkäuferin (Maja Beckmann) verliebt ist. Nun entspinnt sich ein wunderbar verschwurbelter Dialog zwischen den beiden Liebesinteressenten, bei dem einen das Herz aufgeht. Ein Gespräch, bei dem man sich wünscht: So sollte "Herzkino" der Marke Pilcher im Drehbuch aufgeschrieben sein, dann würden auch Liebhaber anspruchsvollerer Unterhaltung da öfter mal reinschalten.

Der "Tatort" hieße jedoch nicht "Tatort", wenn der Film genauso weitergehen würde. Kaum hat Voss ein erstes Date mit der Honigfrau klargemacht, läutet das Handy, und er wird zu einem Mord gerufen. Die erfolgreiche Geschäftsfrau Babs Sprenger (Anna Tenta), Managerin bei einer großen Immobilienfirma, wurde in ihrer schicken Fürther Wohnung erstochen. Die Tatwaffe, ein Sushi-Messer, findet sich ordnungsgemäß und top gereinigt in der Spülmaschine wieder. Auch der Rest der Wohnung wurde prima aufgeräumt. Bei Nachforschungen im Umfeld des allein lebenden Opfers Anfang 40 kommt heraus: Alle haben Babs Sprenger geliebt. Ihre Kollegen und Mitarbeiter bei der Arbeit – sogar der mittlerweile in Südafrika lebende Ex-Mann ist mit den Nerven fertig, heißt es.

PRISMA EMPFIEHLT
Täglich das Beste aus der Unterhaltungswelt bequem in Ihr Mail-Postfach? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter "PRISMA EMPFIEHLT" und erhalten ab sofort die TV-Tipps des Tages sowie ausgewählte Streaming- und Kino-Highlights.

Die tiefere Recherche von Felix Voss und seiner Kommissars-Kollegin Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) ergibt dann aber: Babs Sprenger hatte kaum tiefergehende Beziehungen. Ihren Geburtstagsabend, übrigens der Termin ihres Ablebens, verbrachte sie alleine in ihrer Wohnung mit einer Kollegin. Diese Frau, Theresa Hein (Anja Schneider), ist von diesem Moment an natürlich erste Tatverdächtige. Dass auch sie den Ermittlern glaubhaft darlegt, wie gern sie das Opfer mochte – und es weiterhin keinerlei Tatmotiv gibt, macht die Aufklärung des Mordes an der anscheinend nettesten und geliebtesten Person Frankens nicht einfacher.

Dritter fränkischer "Tatort" von Max Färberböck

Max Färberböck, hoch angesehener und vielfach ausgezeichneter Regisseur ("Aimée & Jaguar"), ist so etwas wie der Pate des Franken-"Tatorts". Der 69-Jährige, dessen Drehbücher oft gemeinsam oder wie in diesem Fall als alleiniges Werk seiner Kreativ-Partnerin Catharina Schuchmann entstehen, hat mit "Die Nacht gehört dir" bereits seinen dritten Fall für Voss und Ringelhahn in Szene gesetzt. Zuvor hatte das Duo den fränkischen Debütkrimi "Der Himmel ist ein Platz auf Erden" (2015) sowie Fall Nummer vier, "Ich töte niemand" (2018), erschaffen. Wie so oft in Filmen, die sich Färberböck und Schuchmann ausgedacht haben, ist "Die Nacht gehört dir" kein straighter Krimi, sondern ein wendungsreiches Spiel, in dem die Untiefen des Menschseins wie in einem poetischen Versuchsmodell ausgelotet werden. Diesmal geht es um die Liebe, die eben nicht nur Kommissar Voss in ihrer – zunächst einmal – reinen, ja fast kindlich naiven Form im Erwachsenenalter begegnet, sondern auch das Figuren-Ensemble des Mordfalles auf unterschiedliche Art umtreibt.

Etwas schade an "Die Nacht gehört dir" ist, dass nach der starken ersten Hälfte des Films, die eine überaus reizvolle, filmisch wunderschön inszenierte Verheißungen der Liebe aufspannt, alles ein wenig konventioneller gerät. In Krimis werden oft Figuren ermordet, die viele Feinde hatten. In diesem Fall sprechen alle Menschen, die Babs Sprenger kannten, fast wie von einer Heiligen. Als wahres Like-"Monster", würde man sie in Social Media-Zeiten vielleicht bezeichnen. Es gehört zu den Erkenntnissen dieses Krimidramas, dass gerade die beliebtesten, "besten" Menschen Gefahr laufen, so starke Gefühle in anderen auszulösen, dass ein Mord die Folge sein kann. Der sechste Franken-"Tatort" ist eine erstaunlich präzise Studie dieses Phänomens.

Tatort: Die Nacht gehört dir – So. 01.03. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Top stars

Das beste aus dem magazin

Harald Lesch im Interview.
HALLO!

Harald Lesch: "Ein kapitalistisches Weltbild hingegen gefährdet unsere Lebensbedingungen"

Harald Lesch bringt seit Jahren dem TV-Publikum unsere faszinierende Welt und wissenschaftliche Erkenntnisse näher. Im Interview spricht der Astrophysiker unter anderem über kommende Generationen, seine Lehrtätigkeit in München und wie Religion und Wissenschaft für ihn zusammenpassen.
Das „phaeno“ in Wolfsburg.
Reise

Wenn Architektur eine Stadt verändert

Viele Museen sind von außen genauso imposant wie von innen. Ein gutes Beispiel ist das Guggenheim-Museum, das in Bilbao zu einem wirtschaftlichen Boom geführt hat. Doch nicht nur die nordspanische Stadt profitiert vom „Bilbao-Effekt“.
Dr. Julia Fischer moderiert montags die SWRGesundheitssendung „Doc Fischer“, ist Buchautorin („Medizin der Gefühle“) und medizinische Expertin in Talkshows wie „hart aber fair“ (ARD). Als Host des neuen ARD Gesund Youtube-Kanals erklärt sie anschaulich medizinische Themen.
Gesundheit

Demenz verhindern – durch die richtige Prävention

Die Diagnose Demenz ist ein Schock für Betroffene. Doch mindestens ein Drittel aller Fälle könnte verhindert werden – mit der richtigen Prävention. Dr. Julia Fischer gibt in der Arzt-Kolumne Informationen und Ratschläge zum Thema.
Claudia Michaelsen ist als "Polizeiruf 110"-Kommissarin zu sehen.
HALLO!

Claudia Michelsen: "Es geht um zunehmend verloren gehende Empathie"

"Polizeiruf"-Kommissarin Claudia Michelsen spricht im Interview über ihre Figur, Moral in Krimis und ihre kommenden Projekte.
Stefan Fink ist Leiter einer Apotheke in Weimar 
und Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands des Deutschen 
Apothekerverbands.
Weitere Themen aus dem Magazin

Haarausfall – was hilft?

Stefan Fink ist Fachmann für das Thema Haarausfall. In der Arzt-Kolumne gibt der Apotheker Tipps für eine Behandlung.
Michael Kaeshammer ist ab Mitte Mai auf Deutschland-Tournee.
Weitere Themen aus dem Magazin

Michael Kaeshammer: „Wenn man nichts zu sagen hat, kann man nichts Echtes kreieren“

Michael Kaeshammer füllt in Nordamerika große Säle und hat im kanadischen TV sogar seine eigene Kochshow namens „Kaeshammer‘s Kitchen“. Seine Musik, natürlich vom Jazz beeinflusst, vereint Pop, Blues und Rock’n‘Roll - und überzeugt nicht zuletzt durch Kaeshammers einzigartigen und mitreißenden „Crossover Style“. Mit seinem neuen Album „Turn It Up“ möchte der gebürtige Offenburger, der in jungen Jahren ausgewandert ist, auch in Deutschland den Durchbruch schaffen. prisma hat mit dem Musiker gesprochen.