Die Mieter einer Ladenkette werden gemobbt. Offensichtlich will sie der Vermieter gerne beseitigen. Soll "ein Viertel der Reichen und Schönen entstehen", wie Privatdetektiv und Antiquar Wilsberg (Leonard Lansink) meint? Es kommt noch doller: Auf freiem Feld wird einer der Ladenbesitzer erschossen.
Just bei der Anzugprobe wird Georg Wilsberg (Leonard Lansink) mit den existentiellen Problemen dreier Ladenbesitzer konfrontiert. Der Vermieter will den Inhabern ihr Mietrecht streitig machen, insbesondere auf den Modellbauer Tillmann Drösser hat er es abgesehen. Der besitzt nämlich die jahrzehntealten Mietrechte für die drei Läden. Aber auch der Musikalienhändler Antonov (Christian Kuchenbuch) hat keine ruhige Minute mehr – schon steht Steuerfahnder Ekki Talkötter (Oliver Korittke) vor der Tür, der Vermieter hat ihm den offensichtlich auf den Hals gesetzt. Als Drösser dann auf freiem Feld erschossen wird, scheint die Lösung des 72. Wilsberg-Falls, "Aus heiterem Himmel" (Regie: Dominic Müller), nur eine Frage der Zeit. Doch dann kommen Drohnen und Drogen ins Spiel, die nach dem Drehbuch des Cyber-Spezialisten Mario Sixtus (Wilsberg-Fall "Ins Gesicht geschrieben") aus dem Mietmobbing-Stoff ad hoc eine nicht unkomplizierte Kriminalstory machen.
Dabei hatte doch alles so gut angefangen: Wilsberg und die Chefkommissarin Springer (Rita Russek) machen auf Komödie wie eh und je. Wilsberg hat sich verpflichtet, mit Springer auf den Ball zu gehen und dort wahlweise Langsamen Walzer oder Slowfox zu tanzen. Bei der Anzugprobe wird Wilsberg von der Kommissarin befragt, ob ihr die Blume über dem Busen stehe. Seinetwegen habe da "ein ganzer Vorgarten" Platz, gibt der genervte Wilsberg reichlich uncharmant Bescheid. Wilsberg und die Kommissarin verstehen sich ja seit Längerem immer besser. Wobei einem nichts Gutes schwant: Sie wird doch nicht etwa Alex, Wilsbergs Nichte, ersetzen müssen? Die Folge "Aus heiterem Himmel" ist jedenfalls die erste, in der Ina Paule Klink nicht mehr im Ensemble ist. Im neuen Fall ist sie noch ohne Nachfolgerin.
Dafür giert nun Kommissar Overbeck (Roland Jankowsky) schier unermüdlich irgendwelchen geheimnisvollen Drohnen nach, die er nicht nur als Kuriere beim Drogenhandel, sondern auch als Werkzeuge chinesischer Triaden sieht. Jedenfalls stellt er immer neue Mitarbeiter bei der Verfolgung auf, die er an allen möglichen Ecken und Enden verstaut, rennt oder fährt mit dem Fahrrad aber auch, von Drohnen verfolgt, durchs Bild. Nicht erst beim zehnten Zwischenschnitt eine nervige Angelegenheit.
Aber auch Ekki, der Steuerfahnder, geht weite Wege. Er ist unter dem Pseudonym "Roter Ritter" verabredet mit "Kuschelkätzchen 17" und wird, der Liebestolle, mit Longdrinks vom Blind Date unter den Tsich getrunken. Hätte er doch bei der Fahndung bloß nicht ein rotes Handy mit wertvollen Hinweisen zu einer Drogen-App in Beschlag genommen. Es ist der Schlüssel zu einem merkwürdigen Drogenring, offensichtlich lag der selbstgewisse Großfahnder Overbeck gar nicht so schief.
Ach, es wären nach Art der russischen Puppen noch viele Geschichten in einer zu erzählen, von russischen Vätern, die einst des Landes verwiesen wurden, von Spielkameradinnenund, die einst spurlos verschwanden, weil sie sich an der Abschiebung dieser Väter schuldig fühlten – und eben auch von armen Ladenbesitzern, die im Drogenhandel ihre Zuflucht nahmen.
So ist ein recht inkommensurables Puzzle entstanden, dass einen in Sorge um die Krimikomödie aus Münster schier umtreiben könnte, wüsste man nicht um den steten Dauererfolg (letztens wurden bei einer Wiederholung wieder sechs Millionen Zuschauer und 20 Prozent Marktanteil gemessen). So geht Vorzeige-Krimi. Und, nur zur Beruhigung: Es werden in diesem Jahr vier weitere Fälle gedreht.
Wilsberg – Aus heiterem Himmel – Sa. 22.05. – ZDF: 20.15 Uhr