Elisabeth Lanz gehört als Tierärztin Dr. Mertens seit Jahren zu den Publikumslieblingen der TV-Zuschauer. Dass sie auch im Krimi-Fach problemlos punkten kann beweiset sie nun wieder in der neuesten Folge von „Die Toten vom Bodensee“.
Frau Lanz, welche Verbindung hatten Sie vor Ihrem Mitwirken an der Krimireihe zum Bodensee, und welche Geschichten und Gerüchte sind Ihnen bekannt?
Der Mythos des versunkenen Klosters ist mir bekannt und dass die Menschen dort laut der Geschichte in Saus und Braus lebten und dadurch von Gott insofern bestraft wurden, dass das Kloster im See versenkt wurde.
Ganz persönlich verbinde ich den Bodensee mit Martin Walser, seit einer Begegnung im Berliner Ensemble 2013, mit dem ich über Jahre ein Gespräch anpeilte. 2023 war es dann leider zu spät.
Sie spielen eine verzweifelte Mutter – wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?
Ich begab mich aktiv auf die Suche nach „Dunkelheit“, und das, was ich gefunden habe, habe ich dann aufgeblasen. Es war schmerzvoll diese Räume zu betreten und gleichzeitig empfand ich diese psychische Erkundungstour als eines der Geschenke dieses Berufes. Im geschützten Raum u.a. Abgründe zu betreten und dann nach Hause zu fahren, umarmt zu werden, ein Spiegelei zu essen, die Katze zu streicheln und fröhlich trällernd mit dem Fahrrad durch den Wald zu fahren … Ja, das ist schon ein Privileg, solche Erfahrungen machen zu dürfen und dann wieder in das eigene geordnete Leben zurückkehren zu können.
Was ist das Alleinstellungsmerkmal von „Die Toten vom Bodensee“?
Das Dreiländereck Österreich, Deutschland und Schweiz, als Spielort, sorgt in meinen Augen für eine ganz besondere Mischung an Mentalitäten die aufeinandertreffen. Zusätzlich hängt oft so eine mystische Düsternis in der Luft, die Realität und transzendente Welt verschwimmen lassen. Das hat schon was, wenn man sich gern ein wenig gruselt.
Wenn man eine Nebenrolle spielt, muss man natürlich auch den Hauptdarstellern „zuarbeiten“. Wie viel Spielraum gab es für Ihre Rolle?
Darüber habe ich nicht nachgedacht. Ich baute mir für die Figur ein sehr reiches, bildhaftes Innenleben mit einer morbiden wahnhaften Biografie und in der bewegte ich mich am Set. Für mich machte es nicht den geringsten Unterschied, ob das von mir erweckte Wesen in seiner Gänze sichtbar wird oder nur in Bruchstücken. So sehe ich generell den Umgang mit Nebenrollen.
Mit Hary Prinz spielt ein Landsmann von Ihnen den herrlich trockenen Kriminalchefinspektor Thomas Komlatschek. Was können Sie über ihn sagen?
Leider hatten wir keine Szene zusammen. Wobei, das war wohl besser so, denn ich wäre mit ihm wohl Gefahr gelaufen meine Figur zu verlieren. Sein erster Satz, ich sage mal bei Minute drei, über Personalmangel – die Art wie er das spielt – also ich lach mich da einfach kaputt! Das sind meine österreichischen Kollegen, mit diesem Humor, dieser Mimik und Gestik. Ich liebe das.
Ihre Paraderolle, für die man Sie überall kennt, ist die der Tierärztin Dr. Mertens. Was mussten Sie sich in Sachen „Umgang mit Tieren“ alles aneignen, bevor Sie seinerzeit dort hineinwuchsen?
Der Umgang mit lebendigen Tieren – es wird ja auch manchmal getrickst – erfordert ein unheimliches Improvisationstalent. In der Rolle, in der Szene, im Text und in der Emotion zu bleiben und dann auch noch die richtigen Perspektiven für die Kamera zu bedienen, obwohl das Tier immer genau das tut, was man gerade nicht braucht … Es gab schon lustige Situationen.
2026 wird die Serie 20 Jahre alt. Wie sehr verinnerlicht man eine solche Rolle und verwechselt sich selbst vielleicht sogar manchmal mit der Serien-Figur?
Ich kenne mich selbst sehr gut. Mich mit einer Rolle zu verwechseln, die Gefahr bestand nicht einmal, als ich Anfängerin war.
Sie haben die Vorbereitung auf die Rolle kürzlich mit Leistungssport verglichen. Was meinen Sie damit?
Eine Serie in einer Hauptrolle über mehrere Monate durchzuziehen, ist immer auch eine Kraftfrage. Jeden Tag Premiere. Wir Schauspieler arbeiten mit Emotionen, wir sagen nicht nur Wörter auf, die andere Menschen sich ausgedacht haben. Das unterschätzen sogar Menschen, die am Set neben einem stehen.
In der aktuell laufenden neunten Staffel übernimmt Ihre Tochter erneut eine Rolle. Ist man da am Set eher Mutter oder Kollegin?
Auf keinen Fall Kollegin, aber auch nicht Mutter. Ich ließ ihr ihren Raum für sich, damit sie auch ihre Erfahrung voll und ganz für sich verbuchen kann.
Als die Serie vor einiger Zeit abgesetzt werden sollte, sagten Sie, dass Sie fast ein wenig Erleichterung verspürt hätten?
So eine Serienhauptrolle ist oft für einen Schauspieler oder Schauspielerin, Fluch und Segen zugleich. Inzwischen überwiegt der Segen bei weitem. Zum Glück sind mir ab und zu doch so Ausflüge wie „Die Toten vom Bodensee“ möglich, und dann jubelt mein Schauspielerherz. Hier ein ganz großes Dankeschön an die Produktion und speziell an Klaus Graf, der mich schon seit 30 Jahren begleitet.
Sie sind in einem SOS-Kinderdorf groß geworden, das Ihr Vater geleitet hat. Welche Erfahrungen haben Sie daraus für Ihr späteres Leben mitnehmen können?
Es war die beste Schauspielschule, die man sich wünschen kann, weil wir immer viele Kinder waren, die sich im täglichen Rollenspiel erfahren und ausprobieren konnten. Eine Ausbildung in Sachen Empathie, wie sie in einem Buch stehen könnte. Das werde ich wohl demnächst selber schreiben müssen (lacht).
Welche Projekte stehen in nächster Zeit bei Ihnen an, und welche Rollen würden Sie sich wünschen?
Ich habe ein Fernsehformat entwickelt und arbeite jede freie Minute weiter daran. Im Zentrum stehen die jungen Menschen bis 21. In meiner Vision ist das ein Format, das europaweit funktionieren könnte, und ich denke, solche Projekte brauchen wir in der jetzigen Zeit dringend. Und was Dreh-Sets betrifft, tut mir im Moment eine Pause ganz gut. Ich bin froh, wenn ich wieder eine Weile mit und bei mir selbst sein kann.
Wie schauen Sie am liebsten privat? Lineares TV oder Streaming?
Beides. Aber was die Welt der Fiktion betrifft, halte ich mich eher bei den Streaminganbietern auf.
Haben Sie fünf Streaming- oder Filmempfehlungen für unsere Leser?
„Adolescence“ – wichtig – aber schwer.
„Game of Thrones“ – damit hat man fast überall auf der Welt ein leichtes unterhaltsames Gesprächsthema, immerhin ist es die meist gesehene Serie aller Zeiten
„Die Affäre Cum-Ex“ – allein schon wegen der schauspielerischen Leistung von Stefanie Reinsperger
„The Crown“ „1883“