Die neue Staffel der Audible-Original Podcast-Serie „Marvel’s Wastelanders: Wolverine“ feiert am 13. März Premiere – mit Henning Baum als Wolverine. prisma hat den Schauspieler zu seiner Rolle befragt.
Hallo Herr Baum. Wo erwische ich Sie gerade? Sind Sie im Studio?
Henning Baum: Ja, ich bin hier im Hauptquartier von Audible.de in Deutschland in Berlin und wir haben heute unseren Presse-Tag.
Als ich die ersten beiden Folgen des Audible-Original Marvel-Podcasts gehört habe, in dem Sie den Wolverine sprechen, musste ich direkt zu Beginn lachen. Da kommt immer der Einspieler „Der folgende Inhalt enthält Kraftausdrücke sowie nicht jugendfreie Themen“. Muss da ein Henning Baum auch ein bisschen lachen, wenn er so etwas hört? Oder wie reagiert der?
Henning Baum: Diese Disclaimer höre ich ja zunächst selbst gar nicht. Meine Figur benutzt gar keine Kraftausdrücke. Wolverine ist allerdings ziemlich wild und tötet auch Menschen. Er ist eine komplexe, zerrissene Figur, die im Laufe der Geschichte eine Entwicklung durchmacht.
Das ist jetzt die vierte von sechs Staffeln der Marvel's Wastelander Serie. Wie kamen Sie mit dem Projekt in Berührung?
Henning Baum: Das ist fast immer gleich: Jemand hat die Idee, dass ich das gut verkörpern beziehungsweise in diesem Fall gut sprechen kann, und dann werde ich engagiert.
Kannten Sie das Marvel-Universum und die X-Men vorher schon?
Henning Baum: Klar, ein wenig kannte ich das schon. Wolverine durch die Comics von ganz früher und dann natürlich durch die Darstellung von Hugh Jackman, der ihn wirklich großartig gespielt hat und ihm eine geradezu ikonenhafte äußere Erscheinung gegeben hat. Das Drehbuch zur Podcast-Serie spielt aber in ihrer eigenen einzigartigen Welt und steht nicht im Zusammenhang mit den Verfilmungen.
Wolverines gebrochene Persönlichkeit und seine komplexe Geschichte wurden durch Jackman schon sehr geprägt. Wie sind Sie jetzt persönlich an diese Rolle herangegangen? Haben Sie sich da inspirieren lassen?
Henning Baum: Nein, ich habe da meinen eigenen Ansatz gewählt. Hugh Jackman hat das großartig gemacht, aber ich musste die Figur natürlich selbst für mich entdecken. Ich habe, wie ich das eigentlich immer mache, das Material durchgearbeitet, um zu verstehen, wie seine Gedanken sind, was da in der Geschichte mit ihm passiert, in welcher Situation er ist. Und dann habe ich etwas gemacht, was sich vielleicht ein wenig komisch anhört: Ich habe bestimmt acht Wochen vorher angefangen, mein Training umzustellen. Ich habe das nochmal intensiviert und bin sehr fit geworden durch ein sehr, sehr hartes Training. Denn meine Stimme ist ja an meinen Körper geknüpft und ich gebe etwas wieder. Diese Fitness schlägt sich auch in meinem Spiel nieder. Beim Schauspiel ist es offensichtlich, da würde man das Körperliche jetzt auch sehen, anders als beim Hörspiel. Aber ich nehme die Rolle beim Hörspiel genauso ernst. Auch wenn man mich dann nicht sieht, hört man doch, wie fit ich bin. Ich muss da so nah wie möglich rankommen.
Sie leben diese Rolle ja auch wirklich. Aufgefallen ist mir das am Ende der ersten Folge, als Sie auf den Antagonisten treffen und diese körperlichen Schmerzen durchleiden müssen, klang das sehr authentisch. Wie muss ich mir da Henning Baum jetzt im Studio vorstellen? Haben Sie da selbst Schmerzen?
Henning Baum: Das ist tatsächlich der Beruf (lacht). Das muss ich mich schon in die Gefühlslage der Figur versetzen und das auch so spielen. Das ist anstrengend, denn ich durchlebe die Situation dann auch. Natürlich habe ich keine Schmerzen, aber ich bringe das Bild von Schmerzen in meinen Körper und das schlägt sich dann in der Stimme nieder. Und es tut zwar nicht wirklich weh, aber es erzeugt zumindest eine große Anstrengung im Körper und eine Erschöpfung. Ich bin nach den Stunden im Tonstudio dann erschöpft. Das ist ermüdend.
Wie nehmen Sie Ihre Dialoge denn auf? Xen Sie? Das heißt, jeder nimmt seine Dialoge für sich allein auf, oder gibt es da auch direkte Dialoge mit den anderen Sprechern?
Henning Baum: Das ist eine interessante Frage. Ich bin schon alleine in meiner Kammer und habe einen großen Bildschirm vor mir, auf dem ich die Texte sehe, die ich ja vorher auch schon durchgearbeitet habe und kenne. Es gibt zudem ein amerikanisches Original, das wir uns anhören und von dem wir auch die Hintergrundgeräusche, die Soundkulisse übernehmen. Da haben wir uns dann auch angehört, wie das von den Amerikanern gesprochen wurde. Aber es ist jetzt nicht so, dass wir das einfach nachsprechen, doch wir hören es uns an, und da höre ich auch den Dialogpartner. Also ich höre den englischen Dialogpartner, spreche ihn aber auf Deutsch an. Das machen die anderen Sprecher auch so und das wird hinterher zusammengebaut. Das ist alles eine Frage des Schnitts und handwerklich so fein ausgeführt, dass es im Endeffekt überhaupt nicht zu hören ist. In der Kabine höre ich das Original aus Amerika und mit dem spiele ich im Grunde.
Dabei ist dann die Imagination entscheidend, oder?
Henning Baum: Ja, ich sehe innerlich das Bild der Szene vor mir. Ich tauche da ein und habe einen inneren Film, der sich vor mir abspielt. Und es spielt dabei keine Rolle, ob die andere Rolle jetzt Englisch spricht oder Deutsch.
Der Wolverine in dem Hörspiel ist ein wenig redseliger als der in den Filmen. Ist das auch so ein bisschen dem Medium geschuldet?
Henning Baum: Wenn ich da jetzt zehn Minuten nichts sage, ergibt das natürlich keinen Sinn. Ja klar, das ist auch dem Medium geschuldet. Trotzdem ist Wolverine immer noch keine Plaudertasche. Aber natürlich müssen wir das, was man eben nicht sieht, durch Sprache oder Geräusche ausdrücken.
Wie viel eigene Interpretation konnten Sie einbringen? Ich meine, im Vergleich zum amerikanischen Original.
Henning Baum: Die Rolle konnte ich schon selbst gestalten. Robert Patrick hat Wolverine im Original gesprochen und er hat auch eine andere Stimme als ich. Ich nutze meine Stimme anders, habe da einen anderen Zugang gewählt. Das ist nicht vergleichbar.
Ist Ihre Stimme dunkler?
Henning Baum: Ja, meine Stimme ist dunkler, er hat einen höheren Innendruck in der Stimme. Das hat meine nicht. Es ist natürlich auch so, dass die Rolle formt, meine normale Sprechstimme, wie ich jetzt mit Ihnen spreche, klingt anders. Rolle und Haltung formen natürlich die Stimme und die Sprache. Natürlich gibt es trotzdem auch Ähnlichkeiten, wo man sicherlich sagen kann, das hat er eigentlich ähnlich gesprochen wie ich. Das ergibt sich aus der Situation. Es ist immer die Situation, die uns Schauspieler führt.
Viele Schauspieler tun sich mit Hörspielen und der Synchronarbeit im Studio schwer, klingen dann häufig hölzern. Bei Ihnen ist das nicht der Fall. Haben Sie vorher schon einmal in einem Hörspiel gesprochen oder war das eine Premiere für Sie?
Henning Baum: Ein Hörspiel habe ich noch nicht gemacht, aber ich habe schon einmal für Disney einen Film synchronisiert und zwei Hörbücher eingesprochen. Das ist aber schon eine Weile her. Ich mag Sprache und ich mag es, mich mit ihr auseinanderzusetzen. Für mich ist die Stimme mein Instrument, und ich habe für diese Rolle nicht nur meinen Körper trainiert, sondern auch meine Stimme. Damit ich vollen Zugriff auf sie habe. Das muss ich auch, denn ansonsten wäre ich schnell heiser. Wolverine schreit ja mitunter auch schon einmal, da konnte ich ja nicht irgendwie unvorbereitet an die Rolle herangehen. Im Gegenteil, ich habe wochenlang vorher geübt, sie wie ein Instrument einzusetzen. Dass meine Stimme diese ganzen Nuancen wiedergeben kann, die im Hörspiel auftauchen und die notwendig sind.
Wie unterscheidet sich denn die Arbeit vor der Kamera von dieser Arbeit im Tonstudio? Kann man sagen, das ist von der Arbeitsintensität ähnlich? Wie kann man das vergleichen?
Henning Baum: Es ist eine Arbeit, die ausgesprochen präzise ist. Wir arbeiten in Päckchen, häppchenweise, arbeiten uns vor, immer nur ein paar Sätze, die sich die Regisseure dann direkt anhören. Wenn es gut war, heißt es: „Danke weiter“. Manchmal gehen sie dann aber auch nochmal zurück und sagen: „Sprich den Satz bitte nochmal und denk dran, du bist gerade in großer Eile“. Die Regisseure haben ein sehr feines Gehör, sind perfekt ausgebildet und geben auch sehr präzise und gute Anweisungen. Also diese zwei Regisseure haben eine ganz große Funktion im Entstehen eines hochqualitativen Hörspiels.
Werden Sie als Schauspieler quasi auch so ein bisschen durch die Rolle geführt, kann man das so sagen?
Henning Baum: Ja, natürlich. Ich biete etwas an, aber da ist dann der Regisseur, der es abnimmt. Beim Hörspiel ist es eigentlich noch feiner, weil es hier, anders als im Film, dieses optische Medium nicht gibt. Film ist nun einmal in erster Linie ein optisches Medium. Aber das Bild kann von etwas ablenken, auf ihm liegt im Film der Fokus. Natürlich ist die Sprache auch wichtig, aber die Gewichtung liegt auf dem Bild. Wenn das Bild plötzlich wegfällt, ist die ganze Konzentration auf der Sprache und jede kleinste Ungenauigkeit, also nicht nur die Verhaftung der Stimme, sondern auch jede gedankliche Ungenauigkeit muss man vermeiden. Das hören die Regisseure.
Ist das denn jetzt was, wo Sie sagen, da habe ich jetzt Blut geleckt, das will ich häufiger machen? Oder sagen Sie erst einmal, okay, das war jetzt auch echt anstrengend, ich gehe mal wieder zum Film zurück?
Henning Baum: Die Arbeit kann man nicht miteinander vergleichen. Dieser Podcast war eine Arbeit, die mich im höchsten Maß gefordert hat, und auch sehr befriedigend war, dadurch, dass man dort etwas direkt fertiggestellt hat. Ich freue mich immer, wenn ich mein Spektrum erweitern kann und neue Erfahrungen mache. Also in dieser Form, wie das hier stattgefunden hat, in so einer hohen Qualität, das fand ich schon faszinierend. Das würde ich auch gerne nochmal machen. Aber natürlich, Film ist Film. Das sind einfach zwei unterschiedliche Dinge, die jetzt auch gar nicht als „entweder oder“ bewerten möchte. Eher als „sowohl als auch“.
Sie haben selbst Kinder, ist das denn eine Geschichte, die sich dann auch ihre Kinder anhören werden? Oder freuen die sich da drauf? Haben sie mit ihnen darüber gesprochen?
Henning Baum: Das müssen sie selbst wissen. Ich kann sie auch gar nicht mehr beeinflussen.
Was steht denn in Sachen Film an bei Ihnen? Ist da irgendwas Besonderes, was man den Zuschauern schon einmal ankündigen könnte?
Henning Baum: Da kann ich natürlich immer nur über das sprechen, was ich im letzten Jahr gedreht habe. Ich weiß nicht, das ist immer schwierig, weil ich nie genau weiß, was man das jetzt schon sagen darf (lacht). Ich habe aber einen Film mit Anette Frier gedreht, die eine tolle Kollegin ist. Ich spiele da ihren Mann. Und da ging's echt richtig rund, da wurde die Harmonie aber richtig aus dem Schornstein geblasen. Da war Kasalla und was los in dem Haus. Die Kölnerin trifft auf den Ruhrpott (lacht). Das war sehr schön und ich spiele nicht so eine stereotype Rolle, keinen robusten Bullen, sondern einen ganz liebenswerten Familienvater, der sich gerne um seine ungezogenen, halb erwachsenen Kinder kümmert und auch um seine idealistisch gesinnte Frau. Der macht eigentlich alles mit, aber er beansprucht doch auch ein wenig Raum für sich, wenigstens ein bisschen in seiner Freizeit in seinem Hobbykeller zu sitzen, um an seinen Modellen bauen zu können. Und wenn man ihn dann völlig übergeht und Dinge entscheidet, die ihn betreffen, aber ihn nicht dazu gefragt hat, dann brodelt es im Vulkan. Das ist ein Film, der mir große Freude bereitet hat. Er wird dieses Jahr zu sehen sein.
Also sind Sie da mal so ein bisschen von den typischen Rollen abgewichen?
Henning Baum: Oh ja, das bin ich tatsächlich und das ist auch überhaupt nicht schlimm (lacht). Da kann man dann eben trotzdem eine Komik entfalten.
Ihre komische Seite konnten Sie ja auch des Öfteren zeigen. Ich denke da nur an „Mein Schwiegervater, der Camper“.
Henning Baum: Diese Rolle war sehr komisch, da konnte ich auch ein wenig meine sadistische Seite ausleben (lacht). Ich mochte den Typ, den ich da gespielt habe, der seinen armen Schwiegersohn quält.
Gespielt von Oliver Wnuk.
Henning Baum (lacht): Da habe ich mir ja auch während des Drehs immer Sachen ausgedacht, wie ich ihn noch weiter quälen kann. Aber der Wnuk ist natürlich auch sensationell, der lockt das auch aus einem heraus.
Man denke nur an „Stromberg“, da war er ja auch schon perfekt. Vielen Dank für das Gespräch.