08.05.2023 Mitglied der Kelly Family

Der Sonderfall: Kathy Kelly im Gespräch

Von Marcus Italiani
Kathy Kelly ist Musikerin und gläubige Christin.
Kathy Kelly ist Musikerin und gläubige Christin. Fotoquelle: Simone Haidt

Kathy Kelly ist vielen Fans als musikalischer Kopf der Kelly Family bekannt, sie ist aber auch solo erfolgreich. Warum die jüngste Konzertreise mit Opernsänger Jay Alexander so besonders für sie war und welche Projekte noch anstehen, verrät sie im prisma-Interview.

Welche speziellen Anforderungen stellten die just absolvierten Kirchenkonzerte mit Jay Alexander an Sie?

Manche Lieder, die man in anderen Konzerthallen spielen würde, funktionieren in Kirchen nicht. Also wurde das Repertoire angepasst. Aber die spirituelle Stimmung ist so schön in diesen Gotteshäusern. Man ist fokussiert auf Musik, schöne Stimmen und die großartige Akustik. Daher empfinde ich schon ein wenig Demut bei den Auftritten in diesem Umfeld.

Welches Publikum erwartete Sie bei den Kirchenkonzerten. Kelly-Fans oder Liebhaber klassischer Stücke?

Wir erleben in den Kirchen ein neues Publikum, das die CD von Jay und mir kennt und dementsprechend auch ganz neu gewonnen werden muss. Wir beide sind klassisch ausgebildet, und das Publikum ist immer sehr dankbar. Ich habe ohnehin eine Stimme, die eher in Richtung Klassik geht als im Pop-Bereich verwurzelt zu sein.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Jay Alexander?

Ich wollte bereits 2003 mit ihm zusammen singen, als ich meine Opern-Ausbildung begonnen hatte. Wir waren irgendwann gemeinsam auf einer Geburtstagsfeier von Harald Glööckler und sangen dort. Dabei haben wir gemerkt, dass unsere Stimmen super zusammenpassen. Danach war aber jeder wieder mit seinen eigenen Projekten beschäftigt, bis wir 2020 die Gelegenheit bekamen, ein Album zusammen aufzunehmen. Aber die Zeit, die vergangen ist, hat dazu geführt, dass das Projekt langsam gewachsen ist, und das ist gut.

Wird es davon eine Fortsetzung geben?

Ja, im Oktober wird es weitergehen. Wir sind so glücklich mit der Tour, dass es definitiv eine Fortsetzung geben soll.

Was bedeutet Ihnen Spiritualität?

Es bedeutet in meinem Fall, eine Einheit mit Raum, Musik und Publikum zu bilden. Es gibt das Sprichwort: „Einmal singen ist wie zweimal beten“. Das trifft es. Es ist unsere Aufgabe als Musiker, ab und zu in universeller Sprache die Herzen der Menschen zu bewegen.

Sie sind persönlich auch sozial engagiert – und hier wieder im Zusammenhang mit Kirche.

Das stimmt. Ich würde sehr gerne irgendwann mal Benefiz-Konzerte in Kathedralen für die Organisation „Kirche in Not“ geben, weil sie sich wirklich für Christen in sehr schwierigen Lagen engagiert. Mal sehen, ob da in Zukunft etwas möglich ist.

Sie haben sich selbst mal als Sonderfall in der Kelly Family bezeichnet. Wie ist das gemeint?

Haha, ich breche immer die Grenzen – die anderen aber zugegebenermaßen auch. Es gab ab und an von der geschäftlichen Seite her Einwände gegen Dinge, die ich machen wollte. Wenn zum Beispiel jemand sagt, ich dürfe keine Kelly-Family-Musik und gleichzeitig Klassik machen, dann sage ich: Oh doch, das mache ich wohl. Das bin ich, und ich lasse mich nicht verbiegen.

Sie haben Höhen und Tiefen im Showgeschäft erlebt. Was bringt einen dazu, vier Jahrzehnte lang immer weiterzumachen?

Warum ich so lange im Geschäft überlebt habe? Ich bin verliebt in die Musik, das ist die Wahrheit. Natürlich verändert man sich immer. In den 90ern habe ich gemerkt, dass ich eigentlich alles im Showgeschäft erreicht habe und habe dann auch sehr spät damit angefangen, meine Stimme klassisch ausbilden zu lassen. Der Vorteil dabei ist, dass man nicht mehr in eine bestimmte Richtung ausgeformt wird wie jüngere Sängerinnen. Ich bin aber auch Realist. Zwischen drei und fünf Rollen schaffe ich in der Oper noch, aber nicht 100. Dennoch: Ich kann so viele Arien aufnehmen, wie ich will – warum denn nicht? Ob ich dann mal in der Oper spiele, wird man sehen. Das sind Träume. Und man sagt ja nicht umsonst: Wenn man von zehn Träumen drei erreicht hat, dann ist man glücklich.

Sie haben so viele Herausforderungen zu Beginn der Kelly-Family in Ihrer Jugend gleichzeitig bewältigen müssen und waren für Ihre Geschwister bereits mit 19 eine Art Mutterersatz. Wie sehr hat sie all das persönlich geprägt?

Mein Coach hat mal gesagt, ich hätte fünf Leben (lacht). Ich hatte immer viel Energie und bin ganz gut darin, Krisen zu managen. Man könnte mich also auch als Beraterin für Unternehmen in schwierigen Situationen einstellen, haha. Aber ganz im Ernst: Unsere ganze Jugend hat mich extrem geprägt. Wir sind in Spanien großgeworden mit Straßenmusik, mit Fiestas – in Spanien wird überall gesungen und getanzt. Und es gibt nichts Schöneres, als wenn die Menschen zusammen stundenlang die Musik feiern. Parallel habe ich eine klassische Geigen-Ausbildung absolviert. Diese Basis ist ganz wichtig und hat mich geformt, das nehme ich immer mit.

Wie oft greifen Sie privat zur Violine?

Leider nur noch sehr wenig, aber meine Ausbildung hat mir sehr dabei geholfen, Streicher zu verstehen und Musik zu durchdenken. Deshalb war das eine gute Schule.

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