Weil Comedian Moritz Neumeier seine TV-Idee an niemanden verkaufen konnte, setzte er sie einfach auf Youtube um. Mit Erfolg: „Falsch, aber lustig“ ist ein Überraschungshit unter den deutschen Quiz-Shows.
Du hattest die Idee zu „Falsch, aber lustig“, einer rbb-Quizshow, in der es nicht um die richtige, sondern die lustigste Antwort geht. Das Format ist ein Überraschungshit auf Youtube. Wolltest du nicht ins klassische Fernsehen?
Moritz Neumeier: Doch, natürlich. Ich habe das Format schon 2016 entwickelt und einen Piloten gedreht, den aber niemand kaufen wollte. Dann habe ich mit einer großen Produktionsfirma zusammengearbeitet und einen weiteren Piloten fürs Fernsehen gedreht – auch den wollte niemand. Deswegen habe ich meine Idee auf Youtube umgesetzt. Das hat viele Vorteile: Wir sind sehr frei in unserer Gästewahl und unsere Witze sind oft so grenzwertig, dass ich manchmal selbst überrascht bin, dass sie den Schnitt überleben. Das ginge im klassischen Fernsehen nicht.
Ihr zensiert „Falsch, aber lustig“ also nicht?
Moritz Neumeier: Ich bin auch nach vier Staffeln noch überrascht, was unsere Redakteurin, die seit zehn Jahren mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zusammenarbeitet, alles drin lässt. Sie hat ein sehr gutes Händchen dafür, genau so weit zu gehen wie nötig. Dann bin ich immer wieder überrascht, wie gut unsere Zuschauer verstehen, was Humor ist. Und dass selbst ein harter Witz keine Meinung ist, sondern Humor. Gute Witze schneiden wir nicht raus, auch wenn sie zu weit gehen. Wir achten aber sehr darauf, dass unsere Teilnehmer auf der Bühne eine gute Figur machen. Es gibt immer wieder Spiele, bei denen eine Person besonders abliefert und die beiden anderen dagegen sehr abfallen. In dem Fall nehmen wir lieber das ganze Spiel raus.
Wenn jemand auf dich zukäme, um das Format ins Fernsehen zu holen – würdest du es tun?
Moritz Neumeier: Der Vorteil ist, dass man im Fernsehen natürlich sehr viel mehr Geld bekommt. Aber man bekommt gleichzeitig auch sehr viel mehr Menschen an die Seite gestellt, die genau wissen, wie man fürs Fernsehen arbeitet. Dann könnte ich keinen Fabian Raschagai einladen, sondern müsste Chris Tall, Olaf Schubert und Torsten Sträter auf der Bühne stehen haben. Auch das Quiz müsste ich wahrscheinlich anders aufbauen. Solange ich keinen Fernsehsender finde, in dem ich „Falsch, aber lustig“ so umsetzen kann wie jetzt, mache ich auf Youtube weiter.
Apropos Fabian Raschagai – den kennen viele nur als TikToker. Ihr habt oft Newcomer auf der Bühne stehen. Wonach sucht ihr eure Quizteilnehmer aus?
Moritz Neumeier: Wir achten nicht so sehr darauf, wer uns eine gute Quote bescheren könnte. Wir suchen Menschen ausschließlich nach dem Gesichtspunkt aus, dass sie auf unserer Bühne funktionieren könnten und in unser Setting passen. Mittlerweile haben wir einen sehr guten Blick für. Aber es gab ein paar Leute, bei denen ich mir nicht zu hundert Prozent sicher war, ob das wirklich funktioniert. Bei Fabian Raschagai zum Beispiel auch. Ich wusste, dass er extrem lustig ist, aber ich war mir aber nicht sicher, wie er mit diesem Druck umgeht, das erste Mal auf einer Bühne zu stehen. Ich war überrascht, wie gut es geklappt hat.
Wie bist du auf die Idee von „Falsch, aber lustig“ gekommen?
Moritz Neumeier: Es gibt unendlich viele Panel-Shows in Großbritannien. Ich habe mir zufällig eine angeschaut, die gefühlt vor 50 Jahren gedreht wurde, und gedacht: Warum gibt es das nicht in Deutschland? „Genial daneben“ hat ein ähnliches Konzept, das funktioniert ja auch immer noch. Aber andere Formate gab es im deutschen Fernsehen lange nicht. Es wurden zwar einige getestet, aber mit den falschen Leuten besetzt oder mit einem falschen Verständnis davon, wie solche Shows funktionieren, umgesetzt. Und dann hieß es: Das klappt in Deutschland halt nicht. Ich wollte das Gegenteil beweisen.
Wie schätzt du die Zukunft des deutschen Fernsehens ein?
Moritz Neumeier: Ich würde mir wünschen, dass das Fernsehen bestehen bleibt. Aber die demografisch ältere Zielgruppe stirbt langsam weg und die Jungen gucken kein Fernsehen mehr. Man müsste anfangen, Fernsehen für junge Leute zu machen – das passiert aber nicht. Es gibt Sender, die junge Formate entwickeln, sie aber nach einem halben Jahr wieder absetzen, weil die Quote nicht stimmt. Dann stirbt Fernsehen zu Recht. Ich habe aber immer noch die Hoffnung, dass es irgendwo mutige Redakteure und Intendanten gibt, die ein Risiko eingehen möchten und das mal wirklich über längere Zeit probieren. Aber wenn das nicht passiert, guckt einfach irgendwann keiner mehr fern.