22.09.2024 Wegbegleiter der Schriftstellerin im Interview

Rosamunde-Pilcher-Produzent Michael Smeaton: "Sie war eine pragmatische Frau"

Von Annika Schmidt
"Rosamunde Pilcher"-Produzent und Wegbegleiter Michael Smeaton gibt im Interview Einblicke über die gemeinsame Arbeit und Erlebnisse.
"Rosamunde Pilcher"-Produzent und Wegbegleiter Michael Smeaton gibt im Interview Einblicke über die gemeinsame Arbeit und Erlebnisse. Fotoquelle: ZDF/ Jon Ailes

Am 22. September 2024 wäre Rosamunde Pilcher 100 Jahre alt geworden. Ihre Filme begeistern bis heute ein großes Publikum. Produzent Michael Smeaton lernte die Schriftstellerin vor mehr als 30 Jahren kennengelernt. Beide verbindet nicht nur die unglaubliche Erfolgsgeschichte der ZDF-Filmreihe. Die Liste der gemeinsamen Erlebnisse ist lang, darunter ein Empfang beim heutigen König Charles III und seiner Frau Camilla in Cornwall. Im Interview gibt der Pilcher-Produzent unter anderem Einblicke in die Zusammenarbeit mit der britischen Erfolgsautorin und den Tourismusboom in Cornwall. 

Das ZDF feiert den Geburtstag von Rosamunde Pilcher mit neuen Verfilmungen. Mit dem Film „Verliebt in einen Butler“ wird am Sonntag, dem 6. Oktober, um 20.15 Uhr im ZDF (ab dem 28. September, in der ZDFmediathek) in die neue Pilcher-Saison gestartet. 

Als der erste Pilcher-Film "Stürmische Begegnung" produziert wurde, was hatten Sie für ein Gefühl? Dachten Sie sich schon, dass es ein Selbstläufer wird, aufgrund der Bucherfolge oder hatten Sie bedenken?

Nein, als wir ihren großen Erfolgs-Roman "Die Muschelsucher" gelesen haben, hatten wir ein gutes Gefühl, dass das Genre, ich vermeide gerne 'Kitsch' oder 'Schmonzette', eine neue Programmfarbe im deutschen Fernsehen sein könnte, die es zu der Zeit so nicht gab.

Deswegen haben wir dem ZDF vorgeschlagen, den Roman "Stürmische Begegnung" zu verfilmen und haben den Roman "Die Muschelsucher" dazugelegt. Das ZDF ist erstaunlicherweise schnell auf uns zugekommen und sagte: 'Diesen Film wollen wir mit euch machen'. Der damalige Hauptredaktionsleiter, die Produzentin und ich haben daraufhin Frau Pilcher in Schottland besucht, um herauszufinden, ob eine Verfilmung von "Stürmische Begegnung" für sie denkbar wäre. Sie freute sich sehr darüber und stimmte zu. Dass aus diesem Film etwas Größeres werden könnte, wurde uns erst nach der Ausstrahlung klar, denn wir erzielten auf Anhieb über 8,5 Millionen Zuschauer. Das war sensationell. Daraufhin haben wir dem ZDF angeboten, dass wir weitere zehn Filme machen. Ich habe mich sehr freut, als das ZDF uns den Auftrag dazu erteilte.

Mittlerweile haben die Rosamunde-Pilcher-Filme Kult-Status erreicht.

Ja, das hat vor einiger Zeit auch das ZDF gesagt.

Bis 1965 schrieb Rosamunde Pilcher unter dem Pseudonym Jane Fraser. Warum?

Ros, wie sie ihre Familie und enge Freunde nannten, hatte als 18-jährige, junge Frau schon angefangen zu schreiben. Damals hat sie am Küchentisch gesessen und Kurzgeschichten erstmal nur für sich geschrieben. Später wurden sie in Frauenzeitschriften veröffentlicht. Ihre Geschichten waren so erfolgreich, dass sie regelmäßig schreiben durfte. Diese wurden unter dem Pseudonym ‚Jane Fraser‘ veröffentlicht.

Waren Sie sich immer einig mit Rosamunde Pilcher bei der Umsetzung oder hat die Schriftstellerin auch schon mal eingegriffen und wollte, dass etwas im Film verändert wird?

Sie war eine pragmatische Frau und sehr schnell in ihren Entscheidungsfindungen. Nachdem wir sie besucht hatten und sagten, dass wir gerne "Stürmische Begegnung" verfilmen wollen, fragte sie, wie wir uns die Umsetzung vorstellen. Wir erklärten es ihr und sie fand unsere Ideen gut und vertraute uns. Sie war auch bei den Dreharbeiten zu der ersten Verfilmung am Set. Als sie den Film im Rohschnitt gesehen hat, war sie begeistert. Von da an nahm eigentlich ihre aktive Rolle ab. Hin und wieder besuchte sie die Dreharbeiten, las Scripts, hatte aber wenige Anmerkungen. Sie hat sich gefreut, dass ihre Geschichten in Deutschland so erfolgreich wurden und ihre Fangemeinde immer größer wurde. 

Was ist ihr persönlicher Pilcher-Lieblingsfilm und warum?

Das ist eine hinterhältige Frage, weil ich die nicht beantworten kann. Ich habe viele Pilcher-Lieblingsfilme, aber nicht konkret „den einen Film“. Geht auch nicht, nach über 150 Filmen. 

Auch die Pilcher-Filme sind moderner geworden. An der Stelle wird dann meist das lesbische Hochzeitspaar aus dem Film "Im siebten Himmel" zitiert. Wo soll die Reise noch hingehen? Wird es weitere Elemente geben, die man zunächst nicht in einem klassischen Pilcher-Film vermuten würde?

Unser Ziel ist es, wenn wir das Wort modern nutzen wollen, eine moderne Romantik zu schaffen, die durch vielschichtige Figuren und authentischen und für den Zuschauer nachvollziehbaren Konflikten in ihren Geschichten überzeugt. Dabei legen wir großen Wert auf Vielfalt in unseren Filmen.

Das Allerwichtigste ist aber auch, dass die Filme authentisch bleiben. Die Zuschauenden sollen sofort erkennen, dass eine Pilcher-Verfilmung läuft. Das ist unser Anspruch. Ich nenne gerne das Beispiel Coca-Cola. Wenn Sie irgendwohin gehen und Sie bestellen sich eine Coca-Cola, dann wollen Sie das serviert bekommen, was Coca-Cola ist. Nach dem Motto 'was draufsteht, muss auch drin sein'.

Cornwall hat durch die Filme einen Tourismusboom erlebt. Was hat sich vor Ort dadurch verändert? Und ist es immer noch so?

Diesen Tourismus, den wir mit unsern Filmen in Cornwall ausgelöst haben, mit Sightseeing-Touren 'Auf den Spuren von Pilcher', ist für uns als Filmproduktionsfirma ein Fluch und Segen zugleich. Wir freuen uns natürlich über jeden Besucher in Cornwall. Der Tourismus aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ist weiterhin ungebrochen. Man sagt, dass jedes Jahr rund 300.000 deutsche Besucher Cornwall bereisen und auf den 'Spuren von Frau Pilcher' wandern wollen. Es gibt Anwesen in der Nähe von Padstow, das bereits seit dem 16. Jahrhundert in Familienbesitz ist. Der Ort ist zu einem Hotspot für Pilcher-Besucher geworden. Mit den Einnahmen daraus finanziert die Familie den Erhalt des Anwesens.

Warum ist Rosamunde Pilcher in Deutschland viel bekannter als in England? Mögen die Briten ihre Geschichten nicht? 

Ihre Romane wurden auch in England veröffentlicht, aber dort ist sie keine Bestseller-Autorin wie in Deutschland. Das ist eine gute Frage, die ich ihnen leider nicht beantworten kann. Vielleicht könnte ein möglicher Grund hierfür, dass nur ein Roman von ihr von der BBC verfilmt wurde und in England unsere deutschsprachigen Verfilmungen nicht geschaut werden. Wir hatten einmal Besuch von König Charles III., damals noch Duke of Cornwall, der sich bedankte, dass wir so viel für sein County tun. Camilla, seine Ehefrau, sagte bei der Gelegenheit, dass sie selbst "Die Muschelsucher" gelesen hätte.  

Sie haben ja nicht nur Pilcher-Filme produziert, sondern auch viele weitere erfolgreiche Filme. Gibt es ein bestimmtes Film-Wunsch-Projekt, dass Sie gerne umsetzen würden?

Da gibt es einige. Aber aktuell arbeiten wir mit einer renommierten, österreichischen Drehbuchautorin und Regisseurin an der Neuverfilmung von 'Mata Hari'.

„Verliebt in einen Butler“ - Am Sonntag, dem 6. Oktober, 20.15 Uhr im ZDF