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Wie man sich bettet, so schläft man

"Schlaf und Wachsein folgen einem biologischen Rhythmus, der bei jedem anders ist", erklärt Prof. Dr. Jürgen Zulley.
"Schlaf und Wachsein folgen einem biologischen Rhythmus, der bei jedem anders ist", erklärt Prof. Dr. Jürgen Zulley. Fotoquelle: Africa Studio/shutterstock.com

Was tun, wenn Schäfchen zählen auch nicht mehr wirkt? prisma sprach mit dem Prof. Dr. Jürgen Zulley über das Phänomen Schlaflosigkeit.

Schlaf ist für den Menschen, was das Aufziehen für die Uhr, wusste bereits Arthur Schopenhauer. Klappt es mit dem Schlummer dauerhaft nicht wie es sollte, sind die Folgen entsprechend gravierend: Die Leistungsfähigkeit leidet ebenso wie Gedächtnis und Immunsystem. Sabine Meyer kennt das Problem nur zu gut. Fast jede Nacht liegt sie rastlos in ihrem Bett und hofft, dass der Schlaf kommt. Meist vergeblich. Nach einigen unruhigen Stunden quält sie sich morgens todmüde aus den Federn und fürchtet schon am Frühstückstisch die nächste Nacht. Die 35-Jährige liegt nicht allein wach. Einer Untersuchung des Robert Koch-Instituts zufolge leidet etwa ein Viertel der Deutschen an Schlafstörungen.

Aufenthalt im Schlaflabor nötig?

So zahlreich die Betroffenen sind, so unterschiedlich sind die Ursachen dafür. Wie man diesen auf den Grund geht, weiß Professor Dr. Jürgen Zulley, ehemaliger Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums am Universitäts- und Bezirksklinikum Regensburg. Experten untersuchen im dortigen Schlaflabor jährlich rund 1.000 Patienten, die nicht erholsam schlummern. "Wir führen ein ambulantes Vorgespräch, um herauszufinden, ob ein Aufenthalt im Schlaflabor nötig ist. Falls ja, nimmt das Krankenhaus die Betroffenen für zwei oder drei Tage auf", erklärt Zulley.

Nachts vermessen die Ärzte den Schlaf, tagsüber folgen weitere Untersuchungen und Gespräche, um herausfinden, wie genau die Schlafstörung erlebt wird. "Kann der Patient nicht ein- oder durchschlafen? Ist er am Tag müde? Gibt es Zusammenhänge mit irgendwelchen Lebensereignissen? Schnarcht er oder hat er unruhige Beine? "Solche Zusammenhänge versuchen wir herauszufinden", skizziert Zulley die Vorgehensweise.

Banale Dinge wie eine schlechte Matratze

Treten ernstzunehmende körperliche oder seelische Probleme wie nächtliche Atemaussetzer, Schilddrüsenfehlfunktionen oder Depressionen zutage, gilt es, diese zu behandeln. Meistens aber verursachen Stress oder falsche Lebensgewohnheiten die Schlafstörung. Nicht selten sind es aber vergleichsweise banale Dinge wie eine schlechte Matratze, zu viel Licht oder ein unregelmäßiger Lebensrhythmus, die den Schlaf rauben. Das Gute daran: Einmal entdeckt, lassen sie sich oft schnell und wirksam beseitigen.

Wer sich nachts gut erholen möchte, kann schon am Tag viel dafür tun. "Eine Schlafhygiene oder besser Schlafkultur pflegen", nennt das Jürgen Zulley. Damit sind Regeln gemeint, die helfen, den Organismus besser auf Schlaf vorzubereiten. Grundsätzlich wichtig sind zum Beispiel Regelmäßigkeiten mit Blick auf das Aufstehen, den Gang zu Bett, Sport oder Mahlzeiten. "Schlaf und Wachsein folgen einem biologischen Rhythmus, der bei jedem anders ist", erklärt Zulley. Einen für jeden optimalen Tagesablauf gibt es zwar nicht, sehr wohl aber den individuell passenden. Entscheidend ist, dass die Gewohnheiten gleich bleiben und die innere Uhr im Takt bleibt.

Positionswechsel müssen leicht fallen

Da bekanntlich jeder liegt, wie er sich bettet, lohnt auch der kritische Blick ins Schlafzimmer. "Die Matratze sollte punktelastisch sein", sagt Zulley, und empfiehlt beispielsweise Taschenfederkern oder Kaltschaum – in jedem Fall aber den Gang zum Fachhändler. Faustregel: Drückt man die Matratze mit der Faust ein, sollte sie nur an dieser Stelle nachgeben. Denn um den Bewegungsapparat zu entlasten, müssen Positionswechsel leicht fallen, schließlich wechselt der Schlummernde nachts bis zu 80 Mal seine Lage. Sinkt der Körper nur an den schwersten Stellen ein, ist das Gift für den Rücken und die Halswirbel sowie obendrein ein echter Schlafkiller.

Sorgfalt ist auch bei der Wahl der Bettwäsche zu empfehlen. Hochwertige Daunen oder Synthetik und allergikerfreundliche Materialien der Bezüge sind nicht nur atmungsaktiv und lassen den guten halben Liter Schweiß durch, den der Körper nachts absondert, sondern halten auch kuschelig warm. Im Sommer sollte die Bettdecke natürlich dünner sein.

Etwa 18 Grad und mäßig feuchte Luft

Stichwort Temperatur im Schlafzimmer: Etwa 18 Grad und mäßig feuchte Luft empfiehlt Zulley seinen Patienten. Das offene Fenster bei Minusgraden ist eine Herausforderung für die Atemwege, zu hohe Temperaturen stören die nächtliche Wärmeregulation des Körpers. Entscheidend sind aber persönliche Gewohnheiten, ebenso wie beim Thema Licht. Der eine mag es stockfinster, der andere lässt sogar die Nachttischlampe brennen. Für die meisten gilt aber: "Der Raum sollte dunkel sein. Doch wenn Beleuchtung unbedingt gewünscht ist, dann ist lediglich diffuses Licht empfehlenswert."

Nun ist alles bereitet, doch der Sandmann will trotzdem partout nicht kommen? "Das größte Problem, das Menschen wach hält, ist das nächtliche Grübeln. Mein Tipp: Gelassen versuchen, an etwas Entspannendes, Positives zu denken", berichtet Zulley von den Erfahrungen, die er in der seit vielen Jahren von ihm angebotenen "Schlafschule" gemacht hat. In diesen Seminaren hilft er Betroffenen, wieder besser schlafen zu können. Allein schon zu lernen, was genau im Schlaf mit dem eigenen Körper geschieht, ist offenbar sehr hilfreich.

Wichtige Hormonausschüttungen

Manch einer wundert sich etwa, dass er acht Stunden schläft und dennoch hundemüde ist. Was fast immer daran liegt, dass er die Tiefschlafphasen nicht erreicht. "Parallel zum Tiefschlaf finden aber wichtige Hormonausschüttungen im Körper statt, beispielsweise des Wachstumshormons. Außerdem kann sich das Immunsystem in dieser Zeit regenerieren", erklärt Zulley. Viele Patienten berichten, dass sie allein dadurch, dass sie ihre Probleme im Detail verstehen, viel entspannter mit ihnen umgehen können – und deshalb besser schlafen.

In der Entspannung sieht der 69-Jährige den Königsweg in den Schlaf und zu den wichtigen Tiefschlafphasen. Was ihn entspannt, muss jeder für sich selbst herausfinden. Experten empfehlen Techniken der "monotonen Stimulation" und meinen damit Einschlafhilfen wie sich auf die Atmung zu konzentrieren, eine Entspannungsübung durchzuführen oder eine Phantasiereise zu unternehmen. Zulley empfiehlt seinen Patienten oft, leise klassische Musik zu hören.

Und was ist vom klassischen Schäfchenzählen zu halten? "Das ist lediglich eine Redensart", meint Zulley. Sein Tipp stattdessen: rückwärts zählen. Das fordert das Gehirn und leichte Konzentration auf eine Sache führt sanft auf die Traumwiese. Bei Sabine Meyer hat's geholfen. Na dann: Gute Nacht!

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