09.05.2022 Inflation und Krisen

Raue Zeiten – was bei der Geldanlage jetzt zu tun ist

Von Jürgen Grosche und Gian Hessami
Eine Welt im Krisenmodus – für Wirtschaft und die Geldanlage hat das tiefgreifende Konsequenzen.
Eine Welt im Krisenmodus – für Wirtschaft und die Geldanlage hat das tiefgreifende Konsequenzen. Fotoquelle: GETTY IMAGES/IPOBA

Der Krieg in der Ukraine hat Corona aus den Schlagzeilen gedrängt. Neben dem Leid der Bevölkerung beschäftigen sich die Menschen hierzulande mit den Auswirkungen auf Europa und die Welt. Massive Sanktionen treffen nicht nur die Verursacher der Krise, sie haben Rückwirkungen. So steigen die ohnehin bereits hohen Energiepreise weiter.

Das sind nicht die einzigen Faktoren, die eine Inflation derzeit antreiben, die man – ebenso wenig die die Rückkehr des Kalten Krieges – auf dem Radar hatte. Die Spuren der Corona-Pandemie treten in der Wirtschaft immer deutlicher zutage. Nicht nur, dass viele Branchen massiv leiden, zum Beispiel Gastronomie, Veranstaltungswirtschaft oder Messewesen. Industrie und verarbeitendes Gewerbe haben mit Lieferengpässen zu kämpfen, die durch Produktionsausfälle entstehen.

Auch die Kosten der Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft verteuern vieles. All diese Faktoren haben dazu beigetragen, dass die Preise auf breiter Front stark ansteigen. In den USA kletterte die Inflationsrate auf über sieben Prozent. In Fachkreisen gehen viele davon aus, dass die Inflation kein vorübergehendes Phänomen ist. Faktoren wie der demografische Wandel oder die Umkehr der Globalisierung tragen ebenso wie die Kosten der klimafreundlichen Umstellung dazu bei, dass mit einer längerfristigen Inflationsentwicklung zu rechnen ist.

Was heißt das für Anleger? Ohnehin ist schon lange klar, dass früher erfolgreiche, einfache Anlagestrategien nicht ausreichen, dem Gesparten die Kaufkraft zu erhalten. Sie schwindet bei anhaltend niedrigen Zinsen zusehends. Alternativen zu Sparbuch und Festgeld sind gesucht – doch wie steht es um sie? Welche kommen in Frage? Und was gilt es dabei zu beachten? Ein kleiner Überblick.

Steigende Kosten werden an Verbraucher weitergegeben

Anleger können auf verschiedene Weise auf die hohe Inflation reagieren und ihr Portfolio entsprechend ausrichten. Eine Option ist es, in Form von Aktien und Aktienfonds in Unternehmen zu investieren. Schließlich sind Beteiligungen an Aktiengesellschaften nichts anderes als Investments in Sachwerte. Unternehmen können steigende Kosten mit höheren Preisen an ihre Kunden weitergeben. Und steigen die Gewinne der Aktiengesellschaften, dann laufen grundsätzlich auch die Aktienkurse nach oben. Dies gilt insbesondere für Energieförderkonzerne wie Exxon Mobil, Shell, Totalenergies, Chevron oder BP.

Bei lebenswichtigen Dingen wie Energie und auch Lebensmittel haben die Verbraucher kaum eine Möglichkeit, auf den Konsum zu verzichten. Ähnlich ist es bei Rohstoffen, deren Preise im Zuge der geopolitischen Spannungen steigen. Neben Öl und Gas sind es gerade für die europäische Industrie wichtige Metalle wie Kupfer, Nickel, Aluminium oder Platin, die in Russland gefördert werden. Steigende Rohstoffkosten spielen dabei Bergbaukonzernen wie BHP und Rio Tinto in die Karten. Die Aktien solcher Unternehmen erhalten durch die Rohstoffrally Rückenwind. Darüber hinaus können Anleger mit Fonds, Indexfonds (ETFs) und Zertifikaten auf steigende fossile Brennstoffe und auf Industriemetalle setzen.

In der Lebensmittelbranche, zu der auch Unternehmen gehören, die Nahrungsmittel und Getränke herstellen, sind Konzerne tätig, die durch namhafte Marken über eine Preissetzungsmacht verfügen und somit auch kritische Börsenphasen überstehen können. Typische Beispiele sind der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé, die US-Getränkeproduzenten Coca-Cola und PepsiCo sowie die größte Brauereigruppe der Welt Anheuser-Buschi InBev aus Belgien. Durch die Vielzahl der populären Marken haben sie bereits in der Vergangenheit Phasen mit erhöhter Inflation gemeistert.

Immobilien und Gold als sicherer Hafen?

Aktien bieten allerdings keine Garantien für den Inflationsschutz. Sollten etwa die Notenbanken deutlich an der Zinsschraube drehen, um eine länger andauernde Inflation zu stoppen, verteuert sich die Refinanzierung für Unternehmen. Außerdem könnten Investoren dann von Aktien in attraktiver werdende festverzinsliche Papiere wie Anleihen umschichten, was ebenfalls die Aktienmärkte nach unten drücken könnte.

Neben Aktien sind vor allem Immobilien und Gold dafür bekannt, vor stark steigenden Preisen zu schützen. Beide Assets gelten allgemein als wertstabile Sachwerte. Einen „eingebauten Inflationsschutz“ haben jedoch auch sie nicht. Auch wenn die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen sind: Über verschiedene Anlagezeiträume von Immobilieninvestoren gibt es keine nachweisbare Kausalität zwischen Mieten, Immobilienpreisen und Inflation.

Und Gold? Das Edelmetall gilt als „Angstwährung“ oder als der „sichere Hafen“, in den sich Anleger mit entsprechenden Investments zurückziehen können. Zwar hat Gold als Anlageklasse früher häufig bei erhöhter Inflation gut abgeschnitten. 2021 war dies jedoch nicht der Fall. Hier wären Aktien die bessere Wahl gewesen. Auch bei Gold haben Studien gezeigt, dass Inflationsraten und Goldpreis auf Sicht von Jahrzehnten nicht unmittelbar zusammenhängen.

Dennoch: Krisen sind ein guter Anlass, in Ruhe über die Vermögensallokation nachzudenken. Wer sein Depot außer mit Aktien mit weiteren Anlageklassen wie Immobilien und Gold bestückt, diversifiziert sein Portfolio, da die verschiedenen Assets sich oft unabhängig voneinander entwickeln. Und wer zum Beispiel in sehr schwankungsanfälligen Aktienmärkten nicht gut schlafen kann, sollte überlegen, ob diese Anlageklasse das geeignete Mittel ist, oder zumindest darüber nachdenken, den Aktienanteil im Depot zu reduzieren.

Zu Gold bleibt noch anzumerken: Das Metall liefert weder Zinsen wie Anleihen noch Dividenden wie Aktien. Aber auf lange Sicht kann das Investment gute Renditen erzielen. Experten empfehlen häufig, dem Depot Gold beizumischen, beispielsweise zehn Prozent des investieren Kapitals. Ein Vorzug des Goldes: Die natürliche Knappheit sorgt für einen Schutz vor Kursabstürzen ins Bodenlose.

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